Junge Union und DocMorris

Bühler verlangt Entschuldigung für Masken-Gate

Berlin - 02.11.2020, 09:25 Uhr

Bei einer Veranstaltung der Jungen Union trugen die drei Kandidaten für den CDU-Parteivorsitz (hier: Friedrich Merz (links) und Armin Laschet) Masken mit DocMorris-Logo. Unter den Apothekern sorgte das für Empörung. (p / Foto: picture alliance/dpa/dpa-pool | Michael Kappeler)

Bei einer Veranstaltung der Jungen Union trugen die drei Kandidaten für den CDU-Parteivorsitz (hier: Friedrich Merz (links) und Armin Laschet) Masken mit DocMorris-Logo. Unter den Apothekern sorgte das für Empörung. (p / Foto: picture alliance/dpa/dpa-pool | Michael Kappeler)


Dass die Junge Union die drei Kandidaten für den CDU-Parteivorsitz – Laschet, Röttgen und Merz – beim Besuch einer JU-Veranstaltung mit DocMorris-Masken vor die Kameras schickte, ist aus der Sicht des Pharmaziestudenten Benedikt Bühler ein fatales Signal an die deutsche Apothekerschaft. Vom Vorsitzenden der JU, Tilman Kuban, fordert er jetzt eine öffentliche Entschuldigung.

Vergangene Woche präsentierten sich die drei Kandidaten für den CDU-Parteivorsitz – Armin Laschet, Norbert Röttgen und Friedrich Merz – bei einer Veranstaltung der Jungen Union mit Masken, auf denen prominent das Logo des Arzneimittelversenders DocMorris prangte. Unter den Apothekern sorgte das für Empörung – tritt das Tochterunternehmen der Schweizer Zur Rose-Gruppe doch regelmäßig als Bulldozer für in Deutschland geltende Arzneimittelmarkt-Regulierungen zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung auf.

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Auch der Pharmaziestudent Benedikt Bühler, erfolgreicher RxVV-Petent und selbst Mitglied in der Jungen Union (JU), empfindet die Wahl des Sponsors der Nachwuchs-CDUler als Affront gegen die stationären Apotheken. In einem Brief an den Vorsitzenden der Jungen Union, Tilman Kuban, fordert Bühler jetzt eine Entschuldigung für den Vorfall.

Bereits im August 2019 habe er versucht, den JU-Chef zu überzeugen, sich für das im Koalitionsvertrag festgeschriebene Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Medikamenten stark zu machen. „Auch wenn unsere Meinungen zum Rx-Versandhandelsverbot auseinandergingen und Du die ‚Innovation‘ der EU-Versender ansprachst und dass die Apotheken ‚digitaler werden müssen‘, freute ich mich, dass wir den Konsens gefunden haben, dass Apotheken vor Ort unverzichtbar sind und faire Wettbewerbsbedingungen/‚gleich lange Spieße‘ geschaffen werden müssen“, schreibt Bühler an Kuban. „Damals war ich schon negativ überrascht, dass die Junge Union eine enge Verbindung zum EU-Versender DocMorris aufweist und persönliche Kontakte von Minister Spahn zu Herrn Müller als unkritisch eingestuft wurden, da man Herrn Müller schließlich auch gut kenne.“

DocMorris als Partner „absolut ungeeignet“

Jetzt nimmt der Nachwuchsapotheker noch einmal Anlauf und legt dar, warum DocMorris „absolut ungeeignet als Partner ist“. Der Konzern halte sich nicht nur nicht an deutsche Gesetze, sondern trete diese auch noch mit Füßen. „Das jüngste Beispiel ist der Kauf des deutschen Telemedizinanbieters TeleClinic durch den Mutterkonzern Zur Rose AG. Hiermit wird das Edikt von Salerno, welches die strikte Trennung von Arzt und Apotheker begründet, untergraben.“

Zudem entziehe sich das Unternehmen der sozialen Verantwortung, die hierzulande die Präsenzapotheken übernehmen. „Mal davon abgesehen, dass DocMorris weder Arbeitsplätze (überwiegend für Frauen in Teilzeit, ca. 160.000) in Deutschland schafft, Gewerbesteuer in Deutschland zahlt, noch zu einem attraktiven ländlichen Raum beiträgt, bekämpft dieser die flächendeckende Versorgungsstruktur mit Apotheken und pickt sich dabei nur die Rosinen heraus: Nacht- und Notdienste, individuelle Rezepturen, Betäubungsmittel (BtM), ausführliche persönliche Beratung: alles Fehlanzeige!“

Grenze zur Werbung überschritten

Trotz des gebrochenen Versprechens im Koalitionsvertrag und der aktuellen Misere um die Insolvenz des Apothekenrechenzentrums AvP, in der sich die betroffenen Apotheker schmerzlich im Stich gelassen fühlen, setzten sich die Mitarbeiter in den Betrieben weiterhin für die Bevölkerung in der Pandemie ein: „Sie stellten Desinfektionsmittel her, bringen den Risikogruppen die Medikamente nach Hause, klären die Bevölkerung über die Pandemie auf und beruhigen sie“, fasst Bühler zusammen. Viele Politiker dankten es ihnen inzwischen öffentlich. „Aber wir als Junge Union setzen mit solch einem Sponsor das entgegengesetzte Zeichen: ‚Ihr seid uns völlig egal!‘.

Zudem habe man es dem Pharmaziestudenten nicht zugestanden, den Kandidaten wie geplant in einem Video eine Frage zu stellen. „Die Frage war, ob sich ein neuer CDU-Vorsitzender für die Positionen der Partei einsetzt, damit diese Positionen dann in einer Regierung auch durchgesetzt werden. Und das auch, falls ein Minister in diesem Punkt eine andere Auffassung teilt. Das machte ich am Beispiel des Rx-Versandverbots deutlich. Ein Thema, was im absoluten Gegensatz zu unserem Sponsor steht und diesem extrem schaden würde.“

Natürlich seien Parteien und auch die JU auf Sponsoren angewiesen, räumt Bühler ein. „Vom Sponsor mal abgesehen, ist es nicht trotzdem höchst problematisch, wenn wir einem potenziellen Kanzler der Bundesrepublik Deutschland ‚eine Maske aufziehen‘, die mit Werbung bedruckt ist? Einen Sponsor zu nennen ist etwas komplett anders, als damit aktiv Werbung zu machen.“ Damit habe die Junge Union eine Grenze überschritten. „Oder könntest Du Dir Angela Merkel mit einer Werbung bedruckten Maske vorstellen?“, will der angehende Apotheker von Kuban wissen.

Warum die Apotheke vor Ort wichtig ist

Für diesen Fauxpas sei jetzt eine öffentliche Entschuldigung fällig, unterstreicht Bühler. „Darüber hinaus wäre es ein tolles Signal, wenn unser Bundesvorsitzender den Apothekerinnen und Apothekern, PTA und PKA, die in den Apotheken vor Ort in der Krise Unfassbares geleistet haben, danken würde. Gerne weise ich Dich auch auf die #unverzichtbar-Kampagne der Apothekerschaft hin, in der Politikerinnen und Politiker beschreiben, warum ihnen die Apotheke vor Ort wichtig ist. Eventuell wäre das über die Entschuldigung hinaus das entscheidende Signal!“



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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4 Kommentare

SEHR gut, Kollege Bühler !!!

von Dr. Ralf Schabik am 02.11.2020 um 23:57 Uhr

Lieber Kollege Bühler, haben Sie herzlichen Dank für Ihren Einsatz ! Es ist unendlich mühsam und frustrierend, in den Mühlen der (Partei-)Politik Inhalte zu positionieren und zu vermitteln. Aber es ist unumgänglich. Ich bin gespannt, ob Herr Kuban den Mut hat, zu antworten. Gewiss kann man argumentieren, dass durch eine solche Aktion der Name des Sponsors erst Recht in die Öffentlichkeit getragen wird. Aber dennoch halte ich es für ungemein wichtig, solche Mißstände zu thematisieren und öffentlich zu machen.
WEITER SO !

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korrupt

von Thomas Kerlag am 02.11.2020 um 21:34 Uhr

Früher hätte man sich wenigstens geschämt.
Heute ist man ganz offen korrupt.
Nicht jammern,wählen

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: korrupt

von Dr. Ralf Schabik am 02.11.2020 um 23:51 Uhr

wählen ? JA. Aber WEN ? Die Verwendung dieser Masken ist absurd. Aber mir fallen ohne großes Nachdenken noch ganz andere Stücke aus dem Tollhaus ein, wie Politiker (der verschiedensten Parteien) die Versandschuppen hofieren.

.

von Anita Peter am 02.11.2020 um 14:31 Uhr

Seit wann muss man sich öffentlich entschuldigen, wenn man ganz offen zeigt zu wem man steht?

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