Bundestagsdebatte zum VOASG

Sichere Gleichpreisigkeit oder doch eine Mogelpackung?

Berlin - 30.10.2020, 13:00 Uhr

Hilft das VOASG den Apotheken vor Ort wirklich? (x / Foto: imago images / Manngold)

Hilft das VOASG den Apotheken vor Ort wirklich? (x / Foto: imago images / Manngold)


Opposition auf Konfrontationskurs: „Hinter die Fichte geführt“

Der CSU-Gesundheitspolitiker Stephan Pilsinger hob auf den zuletzt noch eingebrachten Änderungsantrag ab, der sicherstellen soll, dass sich auch EU-Versender künftig an die deutschen Versandregeln halten müssen – insbesondere an die Temperaturanforderungen. Dass diese beim Transport eingehalten werden, müssten sie nun auch nachweisen. Schließlich seien Arzneimittel keine gewöhnlichen Versandartikel. Patienten müssten sich darauf verlassen können, dass auch im Versand Wirksamkeit und Unbedenklichkeit jederzeit gewährleistet sind. Es müsse Schluss damit sein, dass sich EU-Versender bisher diesen Vorgaben entziehen konnten. Pilsinger forderte, dass die neuen Regelungen künftig auch durchgesetzt und kontrolliert, sowie Verstöße sanktioniert werden.

Mehr Schatten als Licht

Diesen Punkt würdigte sogar Christine Aschenberg-Dugnus, gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion. Diesem Änderungsantrag sowie jenem zum Botendiensthonorar habe auch ihre Fraktion zugestimmt. Anders sieht es bei der Gleichpreisigkeit im Sozialgesetzbuch V aus. Dies sei ein durchschaubarer Trick, der allein dazu diene, die EuGH-Rechtsprechung zu umgehen, erklärte die Liberale. Sehenden Auges steuere man damit auf ein Vertragsverletzungsverfahren zu.

Kordula Schulz-Asche von den Grünen sieht es ähnlich. Sie räumte ein, dass das VOASG ursprünglich einige gute Regelungen enthielt, die aber bereits in anderen Gesetzen umgesetzt worden seien. Geblieben sei „eine Finte“ des Gesundheitsministers: „Ich bin mir sicher, dass sich der EuGH nicht so leicht hinter die Fichte führen lässt“. Aus ihrer Sicht sei es Zeit für „innovative Ideen“, um die Apotheken vor Ort zu erhalten. Es gehe vor allem darum, den Beruf attraktiver zu gestalten: durch die Stärkung heilberuflicher Tätigkeiten, die Einbindung in moderne Telemedizin und Telepharmazie und ganz besonders die Möglichkeit, Apotheken gemeinsam führen zu können. Die jungen Apotheker, meint Schulz-Asche, sind hierfür bereit.

Linke: Lenkt ein finanzstarker Versender die Geschicke?

Harald Weinberg von der Linksfraktion, die ihrerseits einen Antrag für ein Rx-Versandhandelsverbot eingebracht hatte, verwies auf die vielen Fürsprecher dieses Wegs, in den Ländern und auch der Union. Wirklich gleich lange Spieße zwischen deutschen Apotheken und EU-Versendern ließen sich nur so, nicht aber durch das sozialrechtliche Boni-Verbot erreichen, da hier Selbstzahler und Privatversicherte außen vor blieben. Das VOASG ist für ihn daher eine „Mogelpackung“, es stärke die Apotheken vor Ort gerade nicht. 

Woher der Sinneswandel in der Regierungskoalition – schließlich stand das Rx-Versandverbot sogar im Koalitionsvertrag – rührt, kann sich Weinberg durchaus vorstellen. Er erinnerte an Parteiveranstaltungen, die von DocMorris finanziert wurden. Und er verwies auch auf die Masken mit DocMorris-Logo, mit dem die drei Kandidaten für den CDU-Vorsitz kürzlich bei der Jungen Union auftraten – „ein Schelm, wer Böses dabei denkt“, so der Linken-Abgeordnete.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Opposition schießt gegen Boni-Verbot im SGB V / SPD erwartet letztes Wort vom EuGH

Bundestag beschließt VOASG

VOASG passiert den Gesundheitsausschuss

Maag: Hätten lieber Rx-Versandverbot gehabt

Erste Lesung des Entwurfes des Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetzes (VOASG) im Bundestag

VOASG: Union und SPD in trauter Einigkeit

Das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz ist 2020 auf seine Zielgerade eingebogen

Gesetz beschlossen – Ergebnis offen

Hennrich: Als dürfte Amazon trotz Buchpreisbindung 2,50 Euro Rabatt geben

Gegenwind aus den eigenen Reihen

Rx-Versandverbot-Petent vermisst „klare Worte“ aus Baden-Württemberg

Benedikt Bühler ist enttäuscht

1 Kommentar

Wider besseres Wissen

von Dirk Krüger am 02.11.2020 um 15:08 Uhr

"Karin Maag (CDU), gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, erklärte in ihrer Rede [...], wir müssen uns auf das beschränken, was europarechtlich möglich ist. Und das ist der nun gewählte Weg der Gleichpreisigkeit."
Frau Maag äußert sich wider besseres Wissen. Ein RxVV ist "sowas von" europarechtskonform. Aber was soll sie sagen? Fraktionszwang und eine ABDA, die nicht hinter "ihrem Wunsch" steht. Das Ende der Gleichpreisigkeit, der Preisbindung überhaupt, der Trennung von Arzt- und Apothekerberuf sowie des Fremdbesitzverbotes naht. Verramschen von Arzneimitteln auf Weisung der Chefetagen zukünftiger Aktiengesellschaften - schöne neue Apothekenwelt. Nicht nur die CDU macht es mit, auch die SPD . "Daseinsvorsorge gehört nicht in profitorientierte Konzerne", so ihr nach außen getragenes Mantra. Scheinheiligkeit pur.
Ich bin demnächst raus - leid tut es mir um die jungen Kolleginnen und Kollegen - und um den ganzen Berufsstand.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.