VOASG passiert den Gesundheitsausschuss

Maag: Hätten lieber Rx-Versandverbot gehabt

Berlin - 28.10.2020, 16:45 Uhr

Karin Maag (CDU) bedauert, dass das RxVV sich politisch nicht durchsetzen ließ. (c / Foto: imago images / Christian Ditsch)

Karin Maag (CDU) bedauert, dass das RxVV sich politisch nicht durchsetzen ließ. (c / Foto: imago images / Christian Ditsch)


Der Gesundheitsausschuss im Bundestag hat heute das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz passieren lassen – inklusive der kurzfristig eingebrachten Änderungsanträge, in denen auch EU-Versender zur Einhaltung der Temperaturanforderungen bei Medikamentenlieferungen verpflichtet werden. Der Phagro sieht jedoch weiterhin Lücken bei der Gleichpreisigkeit auf Großhandelsebene.

Morgen will der Deutsche Bundestag das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz in zweiter und dritter Lesung beraten und zum Abschluss bringen. Dafür ebnete heute der Gesundheitsausschuss den Weg: Er stimmte sechs Änderungsanträgen zu und gab das Gesetz frei für die finale Abstimmung am Donnerstag im Plenum des Bundestags. Kernstücke sind unter anderem die Verankerung des Rx-Boni-Verbots im Sozialrecht, die Schaffung eines Honorartopfs für neue pharmazeutische Dienstleistungen und die Vergütung der Botendienste der Apotheken mit 2,50 Euro netto je Lieferung.

Nicht zuletzt auf Initiative des Abgeordneten Stephan Pilsinger (CSU) wird klargestellt, dass sich auch Versender mit Sitz im EU-Ausland an die in § 17 Abs. 2a Satz 1 ApBetrO geregelten Vorgaben für den Arzneimittelversandhandel halten müssen. Darin heißt es unter anderem, dass „das Arzneimittel so verpackt, transportiert und ausgeliefert wird, dass seine Qualität und Wirksamkeit erhalten bleibt; insbesondere müssen die für das Arzneimittel geltenden Temperaturanforderungen während des Transports bis zur Abgabe an den Empfänger eingehalten werden; die Einhaltung muss bei besonders temperaturempfindlichen Arzneimitteln, soweit erforderlich, durch mitgeführte Temperaturkontrollen valide nachgewiesen werden“.

Maag: Rx-VV lässt sich nicht rechtssicher umsetzen

Unverändert bleiben die umstrittenen Pläne für eine im Sozialrecht verankerte Rx-Preisbindung auch für E-Versender. Die gesundheitspolitische Sprecherin der Union, Karin Maag (CDU), erklärt in einer Pressemitteilung: „Gerne hätten wir ein komplettes Rx-Versandhandelsverbot gesetzlich geregelt. Das ließ sich aufgrund der europarechtlichen Hürden nicht rechtssicher umsetzen. Deshalb schreiben wir die sogenannte Gleichpreisigkeit fest.“ Nun werde im Sozialgesetzbuch V verbindlich geregelt, dass für gesetzlich Versicherte bei der Abgabe verordneter Arzneimittel keine Zuwendungen gewährt werden dürfen. „Außerdem führen wir zusätzliche honorierte pharmazeutische Dienstleistungen ein, auf die GKV-Versicherte einen Anspruch haben. Den Botendienst für die Apotheken vergüten wir nun dauerhaft. So kommt dieses Gesetz sowohl unseren Apotheken vor Ort als auch den Bürgerinnen und Bürgern zugute, die nur dort persönliche Beratungsgespräche sowie Nacht- und Notdienste vorfinden.“

Phagro sieht Geschäftsmodell der Großhändler in Gefahr

Maag erinnert auch an die Leistungen der Apothekenmitarbeiter während der Coronakrise. „Mit unserem Gesetz stärken wir unsere Apotheken vor Ort und leisten damit einen weiteren Beitrag zur zuverlässigen Medikamentenversorgung der Bürgerinnen und Bürger. Wie wichtig das ist, haben wir einmal mehr während der Corona-Pandemie gemerkt: Die eigene Herstellung von Desinfektionsmitteln durch die Apotheken war ein wesentlicher Baustein für die Versorgung von Menschen mit Produkten zum persönlichen Schutz. Auch der Botendienst, gerade im ländlichen Raum oder für Menschen, die gerade während der Pandemie nicht selbst eine Apotheke aufsuchen können, hat sich bewährt.“

Der Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels (Phagro) sieht in dem Gesetz einen „richtigen Schritt, aber noch keine Lösung“. Er begrüßt in einer Pressemitteilung, dass die Temperaturvorschriften nun auch beim Versand von Arzneimitteln aus dem EU-Ausland zur Anwendung kommen. „Allerdings bleibt das VOASG ohne Lösung für den Erhalt des Gleichpreisigkeitsgebots auf Großhandelsebene.“

Dieses gehe mit der Streichung von § 78 Absatz 1 Satz 4 AMG verloren. Durch die Neuregelung im Sozialrecht gelte sie künftig nur noch für Großhändler in Deutschland, die EU-Konkurrenten müssen sich demnach nicht mehr daran halten. „Auch wenn unsere Forderung durch den Gesetzgeber zunächst nicht berücksichtigt wurde, müssen und werden wir uns weiter dafür einsetzen, dass pharmazeutische Großhändler in Deutschland unter den gleichen Wettbewerbsbedingungen arbeiten können wie Großhändler aus dem EU-Ausland“, kündigt Phagro-Chef André Blümel an. Andernfalls drohe eine preisrechtliche Diskriminierung, die die Mischkalkulation und damit das gesamte Geschäftsmodell des vollversorgenden Großhandels in Deutschland aushebeln.



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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5 Kommentare

Ohne Kontrolle und Sanktionen hat Spahn gewonnen!

von T. La Roche am 28.10.2020 um 21:23 Uhr

Die Bundesregeierung hatte die Möglichkeit, die amtliche Auskunft des OLG München zu beantworten. Damit wäre das übergriffige Urteil des EuGH nochmal neu entschieden worden und Deutschland hätte...wie alle anderen europäischen Länder!!...die Souveränität im Gesundheitswesen zurück erhalten.
Spahn wollte das nicht. Stattdessen hat er nun Fakten geschaffen und mit dem VOASG seinen Freunden den Weg geebnet, die deutsche Arzneimittelpreisverordnung auf gerichtlichem Weg zerschmetter zu lassen.
Es ist nicht das erste Mal das die "kreativen Zerstörer", die keinen Cent zum deutschen "Gemeinwesen" beitragen, von Kumpanei deutscher Politiker profitieren. Gibt es eigentlich noch relevante deutsche Versender? Nein, komisch...selbst wenn man den digitalen Virus trägt, warum ist der deutsche Verandhandel nichts Wert? Alle Argumente pro versandaffinem Verbraucher haben in den letzten 4 Jahren nun nur noch eine einzige Option...unkontrollierbarer Versand aus dem Grenzland.
Die Temperaturkontrolle und die sofortige Durchsetzung des Rabattverbots wird für mich zum Prüfstein, ob ein VOASG tatsächlich nur eine Kapitulation der deutschen Politik Gesetzgebung vor der EU ist oder ob man irgendwie verstanden hat, dass Arzneimittel besondere Waren sind.
Die Krankenkassen als schärfster Gegner der Apotheken vor Ort müssen in die Pflicht genommen werden....wir werden sehen!!!
Sollte nicht einmal das ernsthaft und zeitnah veroflgt werden, dann sind für mich alle Worte von Frau Maag nichts Wert!
Das wäre zumindest ein Anfang...wir werden sehen, ob Spahns DocMorris Pläne entgegen dem Interesse der Patienten, Ärzte, Apotheker und Steuerzahler auf die Zielgerade gehen oder effektiver Widerstand entsteht.
Nach den letzten Jahren kann man nur pessimistisch sein und der Knabe liefert uns und die Patienten in seinem Elan ans Messer.

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.

von Anita Peter am 28.10.2020 um 17:23 Uhr

"Hätten lieber Rx-Versandverbot gehabt"

Warum haben Sie dann den Koalitionsvertrag nicht umgesetzt? Mir wäre neu, dass für alle Punkte im Koalitionsvertrag nochmals neu Mehrheiten gefunden werden müssen.

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Wer kennt das nicht schon lange

von Bernd Jas am 28.10.2020 um 17:03 Uhr

"„Ein Ring, sie zu knechten, sie alle zu finden, ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden“

Letzteres trifft insbesondere auf die gnadenreichen KfW-Kredite zu.

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Lieber RX Versandverbot

von Conny am 28.10.2020 um 16:54 Uhr

Hätte, hätte Fahrradkette. Dann hätte man DocMorris Spahn mal gründlich öffentlich die Meinung sagen sollen. Trump hätte übrigens das RX Versandverbot durchgesetzt weil es im Koaltionsvertrag stand. Er hat sein Versprechen wenigstens gehalten. Was an Biden so toll sein soll erschließt mir nicht wirklich. Allerdings hat Deutschland auch keinen vernünftigen Kandidaten bei der nächsten Bundestagswahl.

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AW: Lieber RX Versandverbot

von Frank Hartmann am 28.10.2020 um 20:57 Uhr

Was soll man erwarten? Bei dem JU ( junge Union) Treffen, haben Herr Laschet, Herr Merz und Herr Röttgen Masken mit dem Sponsor Doc Morris getragen. Es ist einfach ein käuflicher Haufen.

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