Staatliche Finanzhilfen nach AvP-Insolvenz

Bundesregierung: Mehr als KfW-Kredite gibt es nicht

Stuttgart - 22.10.2020, 13:45 Uhr

Aktuell plant die Bundesregierung nicht, staatliche Finanzhilfen für die von der AvP-Pleite betroffenen Apotheker locker zu machen. (c / Foto: picture alliance/dpa)

Aktuell plant die Bundesregierung nicht, staatliche Finanzhilfen für die von der AvP-Pleite betroffenen Apotheker locker zu machen. (c / Foto: picture alliance/dpa)


Rund 2.900 öffentliche Apotheken müssen nach der Insolvenz des Rechenzentrums AvP mit Liquiditätsengpässen jonglieren. Zum Teil ergeben sich existenzielle Notlagen für die betroffenen Inhaber. Wird es neben vergünstigten Schnellkrediten auch finanzielle Direkthilfen des Staates geben? „Nein“ lautet die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion im Bundestag.

Anfang Oktober wurde die AvP-Insolvenz im Gesundheitsausschuss des Bundestags thematisiert. Neben den Fachpolitikern waren Vertreter des Bundesgesundheitsministeriums, des Bundeswirtschaftsministeriums und des Bundesfinanzministeriums anwesend; ebenso die ABDA und der vorläufige Insolvenzverwalter Dr. Jan Philipp Hoos sowie der von der Bankenaufsicht BaFin eingesetzte AvP-Geschäftsleiter Ralf R. Bauer. Als eine erste Hilfsmaßnahme, von der das Bundesfinanzministerium dem Gesundheitsausschuss berichtete, sollen Schnellkredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit günstigen Zinskonditionen den betroffenen Apotheken zur Verfügung stehen.

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Doch offenbar wird es bei dieser ersten Hilfe auch bleiben, denn vonseiten der Bundesregierung sind aktuell keine weiteren Unterstützungen geplant. Dies geht aus einem Antwortschreiben der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion im Bundestag hervor, das DAZ.online vorliegt. Darin werden sehr ausführlich die unterschiedlichen KfW-Kreditangebote vorgestellt, die Unternehmen offen stehen. Doch von weiteren Liquiditätshilfen ist keine Rede.

Versorgung mit Arzneimitteln gesichert?

Zudem wollte die AfD-Fraktion in Erfahrung bringen, ob die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung weiterhin gewährleistet sei. Darauf folgt die Antwort, dass die Auswirkungen der Insolvenz von AvP auf die Versorgung derzeit zwar nicht abgeschätzt werden könne, doch nach bisherigen Kenntnissen sei keine Einschränkung bekannt.

Weiterhin gibt die Bundesregierung an, dass die Kündigung der für den Geschäftsbetrieb von AvP notwendigen Kreditlinien durch das Bankenkonsortium zur Zahlungsunfähigkeit geführt hatte. Defizite in der Geschäftsorganisation und Hinweise auf vorsätzliche Handlungen eines ehemaligen Geschäftsleiters hätten zu einem Vertrauensverlust bei den Kreditgebern geführt.

Die Kündigung fand am Freitag, den 4. September 2020, statt. Nach Informationen von DAZ.online waren am Konsortialkredit, der AvP die Vorschusszahlungen an die Apotheken ermöglichte, insgesamt neun Banken beteiligt. Neben der Commerzbank, in der die Bundesrepublik Deutschland mit 15 Prozent als Großaktionär beteiligt ist, war auch die italienische Unicredit ein Teil des Konsortiums. Es heißt, dass die Banken ihre Kreditlinien gerade in dem Moment kündigten, als so viele (Abschlags-)Zahlungen der Kassen bei AvP eingegangen waren, dass die offenen Forderungen befriedigt werden konnten. Damit hätten das Bankenkonsortium gewissermaßen unter Ausnutzung eines Wissensvorsprungs und auf Kosten anderer Gläubiger ihre eigenen Interessen bevorzugt befriedigt.

Die Rolle der BaFin

Gegenüber DAZ.online bestätigte ein Sprecher der Bankenaufsicht BaFin, dass die Aufsichtsbehörde am Samstag, den 5. September 2020, über diese Vorgänge Kenntnis erlangte und am Donnerstag, den 10. September, Maßnahmen zur Sicherung der Gläubigerrechte einleitete – also die Gelder „einfror“. In dieser Zeitspanne wurden die AvP-Konten um einen dreistelligen Millionenbetrag erleichtert. Nach Informationen des vorläufigen Insolvenzverwalters Dr. Jan-Philipp Hoos sind es Abschlagszahlungen in Höhe von 125 Millionen Euro, die manuell von AvP an die Apotheken überwiesen wurden. Wer genau diese Transaktionen veranlasst hat, dazu gibt es bisher kein offizielles Statement. Doch die Anzeichen verdichten sich, dass es AvP-Chef Mathias Wettstein gewesen sein könnte, der in der Unternehmenszentrale agierte wie der Kapitän auf einem sinkenden Schiff.

Auszahlung veranlasste BaFin zum Handeln

Aus der Antwort der Bundesregierung wird deutlich, dass genau diese Auszahlungen dazu führten, dass die BaFin am 14. September dann mit Ralf R. Bauer einen sogenannten starken Sonderbeauftragten nach § 45 c Kreditwesengesetz (KWG) einsetze, der unmittelbar die Geschäftsleitung übernahm und am Folgetag den Insolvenzantrag beim Amtsgericht Düsseldorf stellte.

Abschließend weist die Bundesregierung darauf hin, dass die Analyse der Geschehnisse, die zur Insolvenz des Rechenzentrums führten, noch nicht abgeschlossen sind und daher noch keine konkreten gesetzgeberischen Maßnahmen für die Zukunft geplant sind.



Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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4 Kommentare

Die Politik weiß was vorgeht

von ratatosk am 22.10.2020 um 22:35 Uhr

Natürlich weiß die Politik was vorgeht, aber 1. handelt es sich nicht um Banken oder sonstige Großkonzerne und 2. ist das Ziel der Apothekenvernichtung so schneller als durch das sonstige langsame Erwürgen erreicht, ohne daß hier der Schmutz auf die Politik ala Spahn und Kassen zurückfällt. Deshalb will Regierung ja alles beobachten, braucht hier ja nur Popkorn und Cola zu besorgen, dann wird es für diese ein lustiger Kinoabend.
Nicht umsonst gehen alle Risiken auf unsere Kosten, von in Arztpraxen falsch ausgestellten Rezepten, bis zu strittigen Rabatten von Pharmafirmen oder Umsatzsteuerfragen. Gibt es sonst so nirgendwo, wurde sorgsam so orchestriert.
Leider ist auch der Wirtschaftsminister mit seinen Hirngespinnsten, - digitale Verlängerung der Ladentheke ins Internet etc. hallo , gibt es schon, nennt sich Amazon etc. ein Totalausfall. Aber auch hier gilt eben, groß wird gepampert, zahlt legal praktisch keine Steuern, aber die kleinen Unternehmen werden durch Steuern, Abgaben und Vorschriften aufgerieben.
Kleiner Blick nach GB und dem sog. Mainstreet Sterben könnte helfen, die sind schon 2-3 Jahre voraus.
Daher werden sich die Innenstädte auch nicht mehr erholen, da es auch keinen Sinn mehr macht, Neues zu eröffnen. Kleiner Nähladen, der dann 4000 Euro mal für die Kasse und pro Monat 30 Euro für die Datensicherung zahlt - ja eben. Kayman Inseln funktioniert nur für Groß. Aber wenn die letzten dichtgemacht haben, werden auch die Ämtler feststellen, daß sie von den britischen Inselchen nicht ausgehalten werden,

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.

von Anita Peter am 22.10.2020 um 18:59 Uhr

Es gibt nun 3 Möglichkeiten:

1. Anpassung der 3% Handligspauschale auf 8-10% um zukünftig selber eine Risikovorsorge für den Ausfall eines Abrechners betreiben zu können.

2. Kündigung der Lieferveträge und Umstellung auf Selbstzahler, damit man das Risiko komplett rausbekommt.

3. Die ABDA Methode: Alles über sich ergehen lassen, so tun als wäre nichts passiert und sich denken, es hätte schlimmer kommen können.

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aber

von Karl Friedrich Müller am 22.10.2020 um 17:34 Uhr

davon darf ich mir dann den Porsche kaufen?
Unterirdisch, diese Einstellung.

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Wer die Musik bestellt...

von Thomas Eper am 22.10.2020 um 15:44 Uhr

Also die Regierung meint, die betroffenen Apotheken (ca. 3.500!) möchten doch die August-Medikation von Millionen Versicherten finanzieren (nicht die Krankenkassen) und dafür Kredite aufnehmen.
Oder einfach selbst Insolvenz anmelden.

Obwohl der Gesetzgeber die Abrechnungsmodalitäten ja vorgibt!
Man hat den Eindruck, es ist noch nicht allen klar, was hier abgeht.

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