Apotheker sorgen sich um Arzneimittelversorgung

UK: Quarantäne wegen Corona-Fällen in Apotheken

Remagen - 16.10.2020, 17:50 Uhr

„Wenn das so weitergeht, könnten wir bald eine Situation haben, in der die Menschen wegen weit verbreiteter vorübergehender Apothekenschließungen keinen Zugang zu ihren Arzneimitteln haben“, meinen die britischen Apothekerorganisationen. (x / Foto: imago images / PA Images)

„Wenn das so weitergeht, könnten wir bald eine Situation haben, in der die Menschen wegen weit verbreiteter vorübergehender Apothekenschließungen keinen Zugang zu ihren Arzneimitteln haben“, meinen die britischen Apothekerorganisationen. (x / Foto: imago images / PA Images)


In Großbritannien befürchten die Apotheker, dass Einschränkungen durch Quarantäneanordnungen für das Personal die Arzneimittelversorgung beeinträchtigen könnten. Sie haben deswegen an den Gesundheitsminister und an NHS-Beamte geschrieben. 

Nach den Vorgaben des britischen Pandemie-Überwachungssystems „NHS Track and Trace“ müssen Personen, die Kontakt mit einem SARS-CoV-2-Infizierten hatten, sich auch bei fehlenden COVID-19-Symptomen für 14 Tage selbst isolieren. Verstöße gegen die Quarantänepflicht können mit einer Geldbuße ab 1.000 Britische Pfund geahndet werden. Die britische Apothekerorganisationen befürchten, dass durch diese strenge Regelung Teile des Versorgungssystems lahmgelegt werden könnten und haben sich deswegen an die Verantwortlichen im Gesundheitsministerium und beim Nationalen Gesundheitsdienst (NHS) gewandt.  

Es habe bereits mehrere Vorfälle gegeben, bei denen „NHS Test und Trace“ ganze Teams öffentlicher Apotheken angewiesen habe, sich nach einem Kontakt mit einem einzigen positiv Getesteten in der Apotheke selbst zu isolieren, schreiben sie. Dies könne bedeuten, dass der Betrieb für bis zu zwei Wochen am Stück schließen müsse. Die aktuellen Leitlinien von „Public Health England“ (PHE) und „NHS England und NHS Improvement“ (NHSE&I) sehen demnach vor, dass Apothekenteams bei der angemessenen Verwendung von persönlicher Schutzkleidung und anderen Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung der Infektion nicht unbedingt in Quarantäne gehen müssen. Einige Kontaktverfolger (contact tracer) klassifizierten Apotheken jedoch als Einzelhandelseinrichtungen und nicht als Gesundheitseinrichtungen. Dies führe dazu, dass sie auf Apotheken andere Regeln anwenden als zum Beispiel für Hausarztpraxen.  

Drohende Apothekenschließungen – dringende Reaktion erbeten

„Wenn das so weitergeht, könnten wir bald eine Situation haben, in der die Menschen wegen weit verbreiteter vorübergehender Apothekenschließungen keinen Zugang zu ihren Arzneimitteln haben“, meinen die Apothekerorganisationen. „Auch andere kritische Dienste, wie die NHS-Grippeimpfung in den öffentlichen Apotheken, mit der in diesem Jahr bereits mehr als eine Million Menschen geimpft wurden, würden darunter leiden.“ PSNC-Geschäftsführer Simon Dukes und die Geschäftsführer des Verbands der unabhängigen Apothekenketten (AIM), der großen Apothekenketten (CCA) und der unabhängigen Apotheken (NPA), die den Brief unterzeichnet haben, bitten dringend um eine Antwort. 

Alarmierende Infektionszahlen 

Am vergangenen Freitag hatte die Regierung den fünften Bericht zur REACT-1-Studie (Real-time Assessment of Community Transmission) bekanntgemacht, der landesweit größten Erhebung zur Echtzeitbewertung der Rate von Infektionen mit dem Coronavirus in der Allgemeinbevölkerung in England. Der Report spiegelt die Entwicklung der Pandemie in England zwischen dem 18. September und dem 5. Oktober wider. In diesem Zeitraum waren 175.000 Freiwillige auf SARS-CoV-2 getestet worden. 824 Proben waren positiv, woraus eine Durchschnittsprävalenz von 0,6 Prozent ermittelt wurde. Die nationale Reproduktionszahl R wird auf 1,16 geschätzt.

Rechnerisch haben sich die Infektionszahlen alle 29 Tage verdoppelt. Die Infektionen nahmen in allen Altersgruppen und Regionen Englands zu, wobei die höchsten Raten bei jungen Menschen im Alter von 18 bis 24 Jahren zu verzeichnen waren (1 von 80 gegenüber 1 von 170 in allen Altersgruppen). Im Vergleich zum vorherigen vollständigen Bericht (Zeitraum vom 20. August bis 8. September) haben die Infektionen bei Personen über 65 Jahren auf das Achtfache zugenommen. Im Nordwesten war jeder Hundertste infiziert, gefolgt vom Nordosten (0,9 Prozent). Die Experten warnen davor, dass die derzeit im Norden Englands festgestellten Raten in einigen Wochen auch auf den Rest des Landes übergreifen könnten. 



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.