EU-Kommission zum VOASG

Hennrich: Brief aus Brüssel ist „zumindest kein rotes Licht“

Berlin - 07.10.2020, 11:45 Uhr

Der Arzneimittelexperte der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Hennrich (CDU), ist mit Blick auf das Schreiben von EU-Kommissar Breton vorsichtig optimistisch für das VOASG. (c / Foto: Hennrich)

Der Arzneimittelexperte der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Hennrich (CDU), ist mit Blick auf das Schreiben von EU-Kommissar Breton vorsichtig optimistisch für das VOASG. (c / Foto: Hennrich)


Am gestrigen Dienstag wurde ein Brief des EU-Binnenmarktkommissars Thierry Breton an Jens Spahn bekannt. Darin äußert sich der Franzose erstmals zur geplanten Apothekenreform – wenn auch nur am Rande. Wie interpretieren die Gesundheitspolitiker im Bundestag das Schreiben des Kommissars? Das war Thema bei der gesundheitspolitischen Runde bei der Expoharm Impuls am Dienstagabend.

Es war die Nachricht des Tages: Gestern wurde ein Brief des EU-Binnenmarktkommissars Thierry Breton an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bekannt. Mehr als ein Jahr hatten die Apotheker mit Spannung auf einen Fingerzeig aus Brüssel gewartet, wie man dort zum Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) steht – und insbesondere zu Spahns Vorhaben, das Verbot von Rabatten auf verschreibungspflichtige Arzneien im Sozialrecht zu verankern. Damit müssten sich auch Versender mit Sitz im EU-Ausland wieder daran halten, zumindest für den Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).

Jetzt endlich kam die Rückmeldung von Breton. Der Brief an Minister Spahn enthält jedoch kein klares Votum für oder gegen die geplante Regelung. Breton hebt hervor, dass er die Einführung elektronischer Verordnungen für einen guten Schritt hält. Dabei bezieht er sich offenbar auf das Gutachten des IGES-Instituts zum Apothekenmarkt, in dem die Autoren das E-Rezept als wirtschaftlich weitaus bedeutender einstufen als die Preisbindung für Arzneimittel.

Auf das VOASG geht der EU-Kommissar lediglich am Rande ein. Er vertraue darauf, dass die bevorstehende Diskussion im Bundestag über die Apothekenreform „zu einem verbesserten Zugang deutscher Patienten zu verschreibungspflichtigen Arzneimitteln im Binnenmarkt führen wird“, schreibt Breton. Zudem gehe er davon aus, dass das VOASG den Zugang deutscher Patienten zu Arzneimitteln verbessere. Er freue sich daher, über den Ausgang des Gesetzgebungsprozesses informiert zu werden.

Vorsichtiger Optimismus

Wie kommt der Brief des Kommissars bei den Gesundheitspolitikern in Deutschland an? Der Arzneimittelexperte der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Hennrich, zeigte sich gestern bei einer Diskussionsrunde bei der Expopharm Impuls vorsichtig optimistisch. In dem Schreiben sei „zumindest kein rotes Licht“ erkennbar, sagte der CDU-Politiker. Er gehe davon aus, dass die Kommission keine Bedenken erheben wird, wenn der Bundestag das VOASG verabschiedet. Das heiße aber nicht, dass nicht möglicherweise andere Instanzen das Gesetz kippen könnten, gab Hennrich zu bedenken.

Keine Angst vor dem EuGH

Die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion im Bundestag, Christine Aschenberg-Dugnus, fürchtet trotz der eher positiven Rückmeldung Bretons eine Hängepartie, sollte das VOASG in Kraft treten. Denn es sei davon auszugehen, dass das Gesetz vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) beklagt werden wird – Ausgang ungewiss. Im Jahr 2016 waren es eben jene Luxemburger Richter, die die deutsche Arzneimittelpreisbindung für einen Verstoß gegen die Warenverkehrsfreiheit erklärt und das Boni-Verbot für EU-Versender gekippt hatten. „Wir brauchen einen Plan B“, betonte die Gesundheitsexpertin.

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt entgegnete, es sei durchaus denkbar, dass ein solcher Prozess heute zu einem anderen Ergebnis führen könnte als noch 2016. „Die Welt hat sich weitergedreht“, sagte er. Mit der Einführung des E-Rezepts existiere der Wettbewerbsnachteil für EU-Versender, die der EuGH 2016 noch bemängelt hatte, künftig nicht mehr. Dieser Meinung ist auch Hennrich: Das IGES-Gutachten lege nahe, dass das E-Rezept den Markt so verändern werde, dass keine Nachteile für Versandhändler mehr bestünden. „Damit ist die Begründung des Urteils vom Oktober 2016 obsolet“, folgerte der Jurist.

Nationale Regelungskompetenz bestätigt

Darüber hinaus unterstreiche auch das Urteil des EuGH aus der vergangenen Woche zum Werbeverbot für Shop Apotheke in Frankreich die Regelungskompetenz der EU-Mitgliedstaaten im Gesundheitsbereich. Demnach darf Frankreich dem EU-Versender die Werbung für den OTC-Versand zwar nicht in Gänze verbieten. Verbote, die die Würde des Apothekerberufs schützen oder den missbräuchlichen Arzneimittelkonsum verhindern sollen, seien jedoch grundsätzlich mit europäischem Recht vereinbar.



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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