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Wie die Länderliste für DocMorris zum Stolperstein werden könnte

Berlin - 25.09.2020, 15:45 Uhr

Der ehemalige BfArM-Chef Professor Harald G. Schweim schoss mit Blick auf die Länderliste scharf gegen die ABDA: Er verstehe nicht, warum die Standesvertretung nicht auf eine entsprechende Anpassung poche. Es sei höchste Zeit – Jens Spahn (CDU) lege es darauf an, die Länderliste vollständig abzuschaffen. (Foto: Schelbert)

Der ehemalige BfArM-Chef Professor Harald G. Schweim schoss mit Blick auf die Länderliste scharf gegen die ABDA: Er verstehe nicht, warum die Standesvertretung nicht auf eine entsprechende Anpassung poche. Es sei höchste Zeit – Jens Spahn (CDU) lege es darauf an, die Länderliste vollständig abzuschaffen. (Foto: Schelbert)


Schweim: Spahn will die Länderliste abschaffen

Die Länderliste war im Jahr 2005, also kurz nach der Freigabe des Rx-Versandhandels, veröffentlicht worden. Aus Staaten, die sich auf dieser Liste finden, ist der Versand verschreibungspflichtiger Medikamente nach Deutschland erlaubt, weil dort ähnliche Standards im Arzneimittelsektor gelten wie hierzulande. Darunter fallen auch die Niederlande, „soweit Versandapotheken gleichzeitig eine Präsenzapotheke unterhalten“. 

Bis heute sei jedoch nebulös, nach welchen exakten Kriterien die Liste seinerzeit erstellt wurde. Darüber hinaus, meint Schweim, sollte sie dringend überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. So habe es auch der Bundesgerichtshof in einem Urteil aus dem Jahr 2007 gefordert, in dem er die Rechtsgültigkeit der Liste weitgehend bestätigt hatte. Dies sei jedoch noch immer nicht geschehen – und nach Schweims Auffassung dürften die Niederlande eigentlich gar nicht mehr darauf stehen. 

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Der ehemalige BfArM-Chef schoss diesbezüglich scharf gegen die ABDA: Er verstehe nicht, warum die Standesvertretung nicht auf eine entsprechende Anpassung poche. Es sei höchste Zeit – denn Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) lege es darauf an, die Länderliste vollständig abzuschaffen. Sie werde nicht mehr gebraucht, so die Argumentation des Ministers, denn inzwischen gebe es ein Logo für Versandapotheken in Europa, welches garantieren soll, dass das jeweilige Unternehmen die gesetzlichen Regelungen einhalte. Tatsächlich hatte das Bundesgesundheitsministerium anfänglich im Rahmen des Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetzes die Streichung der Rechtsgrundlage für die Liste aus diesen Gründen vorgesehen. Doch von diesem Vorhaben ist es schon vor Beschluss der Kabinettsvorlage wieder abgerückt. 

Schweim sieht die Gefahr einer Abschaffung aber nicht gebannt und hält der Argumentation entgegen, das besagte Logo bescheinige lediglich das Einhalten der jeweils geltenden nationalen Gesetze, nehme aber nicht den Grenzverkehr ins Visier. Er fordert die ABDA auf, sich für den Erhalt der Länderliste einzusetzen und auf eine Anpassung zu pochen, um die stationären Apotheken in Deutschland vor dem ruinösen Wettbewerb insbesondere mit DocMorris zu schützen. Denn: „Wir sind jetzt an einem Punkt, an dem vieles unumkehrbar ist“ – so etwa das um sich greifende Apothekensterben.



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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6 Kommentare

Verstehe das schon seit erstellung der Länderliste nicht

von Rainer W. am 01.10.2020 um 14:26 Uhr

Dieser Einwand ist ja alles andere als neu. Die Linken haben erst letztes Jahr bei einer kleinen Anfrage festgestellt, dass in Holland nicht kontrolliert wird. Von gleichen standards kann nicht annähernd die Rede sein:

Fremdbesitz, keine Überwachung, kein Kontrahierungszwang, keine Präsenzapotheke, keine Erlaubnis zum Handel nach Holland.

Die einzige Erklärung, die mir noch einfällt ist tiefgreifende Korruption in der Standesvertretung. Anders kann ich mir die Untätigkeit und die Unterlassung jeglichen Versuchs, diese Faktenlage politisch zu nutzen nicht erklären.

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Prof. Schweim....

von Christiane Pflug am 28.09.2020 um 8:54 Uhr

...steht nicht zufällig für einen Posten bei der ABDA zur Verfügung????

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

.

von Anita Peter am 26.09.2020 um 10:41 Uhr

Spahn und ABDA sind in Kombination ein toxischer Cocktail. Jeder von uns darf mal einen Schluck nehmen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Sehr schön, aber...

von Thomas Luft am 25.09.2020 um 22:12 Uhr

...diesen Vorschlag hat ein Kollege aus dem Kammervorstand schon vor Jahren gemacht. Ich habe den Vorschlag dann auch beim Verband eingebracht. Aber entweder ist die Leitung Stuttgart-Berlin verstopft, oder die ABDA-Juristen arbeiten nicht wirklich für uns. Ich weiß es nicht. Es wäre schön, wenn dieser erneute Vorstoß endlich in Berlin aufgegriffen und ausgearbeitet wird.

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Jawoll!

von Uwe Hansmann am 25.09.2020 um 19:26 Uhr

Der Mann ist einfach gut. Wenn nur alle eine solch gerade Linie fahren würden. Das Rumgeeiere unserer ABDA in der Sache ist mittlerweile unerträglich.
Hinterzimmerpolitik vergangener Jahre gehört auf den Scheiterhaufen der Pharmaziegeschichte.

Offensives Auftreten und Fordern ist gefragt. Das passiert viel zu wenig.

Danke an Professor Schweim für diese klare Ansage an die ABDA.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

ach ja

von Franz Keller am 25.09.2020 um 16:20 Uhr

"man" hätte schon viel machen können - "man" will nicht
es wird nichts passieren, schon gar nicht von der lausigen Standesvertretung und zweimal nicht von der Politik.
Die ABDA gehört verklagt.

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