Ab Oktober 2020

Selbst hergestellte Flächendesinfektionsmittel dürfen nicht mehr abgegeben werden

Stuttgart - 18.09.2020, 14:15 Uhr

Wer im Oktober noch oder wieder Desinfektionsmittel in der Apotheke herstellt, muss einige neue Regeln beachten. (s/ Foto: Schelbert)

Wer im Oktober noch oder wieder Desinfektionsmittel in der Apotheke herstellt, muss einige neue Regeln beachten. (s/ Foto: Schelbert)


Die BAuA hat diese Woche eine neue Allgemeinverfügung zu Händedesinfektionsmitteln veröffentlicht, die am 7. Oktober die bisherige ablösen wird. Während sich dadurch in der Herstellung von Händedesinfektionsmitteln – neben einer neuen Meldepflicht – in den Apotheken nicht allzu viele Änderungen ergeben, läuft Ende September die Allgemeinverfügung zur Herstellung von Flächendesinfektionsmitteln aus: Bereits selbst hergestellte Flächendesinfektionsmittel, dürfen dann nicht mehr abgegeben werden.

Am 16. Juli berichtete DAZ.online, dass im Rahmen der Desinfektionsmittelherstellung durch Apotheken die Steuerbefreiung für Ethanol bis 31. Dezember 2020 verlängert wurde. Ein positives Signal an die Apotheken. Schon damals konnte man sich aber fragen, was aus den befristeten Ausnahmen für Hände- und Flächendesinfektionsmittel der Bundesstelle für Chemikalien bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) wird, die Apotheken überhaupt erst die Herstellung dieser Desinfektionsmittel ermöglichen. Die Allgemeinverfügung zur Herstellung von Flächendesinfektionsmitteln läuft nämlich Ende September aus, die für Händedesinfektionsmittel am 6. Oktober. Im Juli hieß es dazu von der ABDA noch, dass die Bundesregierung bei der EU-Kommission die Verlängerung der Gültigkeit der Allgemeinverfügungen der BAuA beantragt habe, die Genehmigung stehe allerdings noch aus. Das hat sich jetzt zumindest für die Herstellung von Händedesinfektionsmitteln geändert.

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Am vergangenen Mittwoch hat die BAuA die neue Allgemeinverfügung zu Händedesinfektionsmitteln bekannt gegeben. Wörtlich trägt sie den Titel: „Allgemeinverfügung zur Zulassung 2-Propanol-haltiger und Ethanol-haltiger Biozidprodukte zur hygienischen Händedesinfektion zur Abgabe an und Verwendung durch Verbraucher und berufsmäßige Verwender aufgrund einer Gefahr für die öffentliche Gesundheit“. 

Neue Allgemeinverfügung: Händedesinfektionsmittel nicht für den medizinischen Bedarf

In der entsprechenden Mitteilung heißt es, dass man die Allgemeinverfügung verlängert habe, weil damit gerechnet werden müsse, dass die Corona-Fallzahlen wieder ansteigen können. Unternehmen mit Publikumsbetrieb und öffentliche Einrichtungen würden zudem ihre Betriebstätigkeit wieder aufnehmen, die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln nehme wieder zu und die Schulen sind zum Regelbetrieb zurückgekehrt. Obwohl Händewaschen eigentlich ausreichend wäre, wie die BAuA betont, sehen viele Hygienekonzepte die Nutzung von Desinfektionsmitteln vor. Daher müsse damit gerechnet werden, dass es „ausgehend vom aktuell bereits erhöhten Nachfrageniveau“ in den kommenden Monaten erneut zu einer Steigerung der Nachfrage an Händedesinfektionsmitteln kommen kann.

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Dabei gehe es nicht um die Herstellung von Desinfektionsmitteln für medizinische Einrichtungen. Dort sei der Bedarf durch die entsprechenden Hersteller gedeckt. Es gehe um die Deckung des darüber hinausgehenden Bedarfs von öffentlichen Betrieben sowie Privatverbrauchern. Die ABDA erklärt in einem entsprechenden Rundschreiben außerdem, dass nach der alten Allgemeinverfügung vom 9. April 2020 von den Vier-Komponenten-Rezepturformeln nur die mit den höheren Gehalten an Alkohol für die Herstellung von Desinfektionsmitteln für die ambulante oder stationäre Patientenversorgung verwandt werden durften. Diese Regelung sei nicht in die neue Allgemeinverfügung vom 16. September 2020 übernommen worden. 

Händedesinfektionsmittel mit 1-Propanol 70 % (v/v) dürfen nicht mehr hergestellt oder abgegeben werden

Doch welche Regelungen ändern sich konkret für die Herstellung von Händedesinfektionsmitteln in der Apotheke, wenn die alte Allgemeinverfügung am 7. Oktober von der neuen abgelöst wird? Auch darüber hat die ABDA ihre Mitgliedorganisationen am vergangenen Donnerstag in einem Rundschreiben informiert.

Nach der gültigen Allgemeinverfügung dürfen nur die in ihr aufgeführten Rezepturen durch die Apotheken hergestellt werden. Eine davon basiert auf 1-Propanol 70 % (v/v). Diese fehlt in der ab 7. Oktober gültigen Allgemeinverfügung. Somit darf sie ab dem Stichtag nicht mehr hergestellt oder abgegeben werden. Offenbar sollen die Erfahrungen der letzten Monate gezeigt haben, dass die 2-Propanol- und Ethanol-haltigen Rezepturen ausreichen, um Engpässen bei Händedesinfektionsmitteln vorzubeugen. Die daraus folgende Konsequenz lautet:


Desinfektionsmittel mit 1-Propanol 70 % (v/v) dürfen daher nach außer Kraft treten der derzeit gültigen Allgemeinverfügung weder hergestellt noch auf dem Markt bereitgestellt werden.“

ABDA -Rundschreiben


Neue Meldepflicht

Um einen Überblick über die im Rahmen der neuen Allgemeinverfügung hergestellten und importierten Mengen an Desinfektionsmitteln zu bekommen, ist mit der neuen Allgemeinverfügung zusätzlich vorgesehen, dass die Hersteller beziehungsweise Importeure der Mittel ab dem 7. Oktober 2020 über die Internetseite des Helpdesks monatlich die entsprechenden Mengen bei der BAuA unter Verwendung eines elektronischen Formulars melden. Wie die BAuA weist auch die ABDA darauf hin, dass Hersteller und Importeure „auf Grundlage der Allgemeinverfügung vom 16. September 2020 hergestellte sowie importierte Mengen von Desinfektionsmitteln“ bei der BAuA zum Monatsende mitteilen müssen. Desinfektionsmittel, die nach der alten Verfügung hergestellt wurden, seien davon aber nicht betroffen.

Ab 5. April 2021: auch keine Händedesinfektionsmittel-Herstellung mehr in Apotheken 

Die neue Allgemeinverfügung für Händedesinfektionsmittel läuft am 5. April 2021 ab – könne aber auch jederzeit widerrufen werden. Laut ABDA ist es aktuell nicht wahrscheinlich, dass die Allgemeinverfügung über den April hinaus verlängert wird: „Dies bedeutet, dass nach diesem Stichtag keine Desinfektionsmittel auf Grundlage der Allgemeinverfügung mehr hergestellt und bereits hergestellte Desinfektionsmittel nicht mehr abgegeben werden dürfen“, so die ABDA. Ob und wann die alkoholsteuerrechtliche Ausnahmeregelung über den 31. Dezember 2020 hinaus verlängert wird, darüber will die ABDA informieren.

Keine neue Allgemeinverfügung zur Flächendesinfektion

Die ABDA weist außerdem auf den FAQ-Bereich der BAuA hin: „Warum wurde keine neue Allgemeinverfügung zu Flächendesinfektionsmitteln erlassen, wohl aber zu Handdesinfektionsmitteln?“ Der Antwort ist zu entnehmen, dass eine neue Allgemeinverfügung zur Herstellung von Flächendesinfektionsmitteln nicht geplant ist. Flächendesinfektionsmittel scheinen ausreichend verfügbar zu sein. Für die Apotheken heißt das laut ABDA: „Dies bedeutet, dass die auf der Basis der noch gültigen Allgemeinverfügung vom 2. April 2020 herstellten Flächendesinfektionsmittel mit außer Kraft treten der Allgemeinverfügung zum 30. September 2020 nicht mehr hergestellt bzw. bereits hergestellte Flächendesinfektionsmittel nicht mehr im Markt zur Verfügung gestellt werden dürfen.“



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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6 Kommentare

Desinfektionsmittel

von Kleiner Apotheker am 21.09.2020 um 8:56 Uhr

Herstellung von Händedesinfektionsmittel bleiben so wie ich das verstanden habe erlaubt. Nur 1-Propanol fällt weg. Naja, ich denke die meisten verwenden Isopropanol.

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Desinfektion

von Scarabäus am 18.09.2020 um 20:48 Uhr

So langsam wird die Panik vor der 2. Coronawelle unglaubwürdig: Botendienst- Honorare sind plötzlich nur noch die Hälfte oder gar nichts mehr wert, selbstgemischte Desinfektionsmittel werden trotz Pandemie plötzlich wieder „giftig“ und illegal, Klinikpersonal und Bestatter melden Kurzarbeit an usw. Wer lügt hier und wem nützt der permanente Notstand? Bitte mal drüber nachdenken!

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AW: Desinfektion

von Dr. Ralf Schabik am 19.09.2020 um 19:24 Uhr

Wem nützt der Notstand denn ??? Ich verstehe es nicht !!! Ich kann nicht erkennen, dass eine Frau Merkel, ein Herr Spahn, ein Herr Söder profitieren !
Aber ich stelle mir die selben Fragen wie Sie.

Wo bleiben die Rechtsmittel ?

von Dr. Ralf Schabik am 18.09.2020 um 19:12 Uhr

Leute - in aller Deutlichkeit: Wenn jetzt unsere Berufsvertretungen keine Musterklagen anstrengen, dann weiss ich auch nicht, was noch passieren muss, bis endlich aufgewacht wird. Da haben engagierte Apotheken im Frühjahr 2020 diesem vollkommen maroden Land den Arsch gerettet, in dem die Desinfektionsmittel-Mafia nicht mehr lieferfähig bzw. lieferwillig war. Wir haben Alkohole unter schwierigsten Umständen eingekauft. und jetzt werden wir knallhart enteignet, indem uns unfähige Behörden verbieten, die Substanzen abzugeben ?
Ich habe mit eigenen Augen gesehen, was für Plörre an Institutionen geliefert wurde, ich kenne Probleme von Herstellern, die zu Rückrufen kompletter Chargen geführt haben. Wir Apotheken haben still und beharrlich und ohne jegliche Probleme versorgt. Wie man das von Apotheken kennt. Aber weder hat uns jemand geholfen, die Bürokratie (zB Sicherheitsdatenblätter !) abzuarbeiten, noch bekommen wir nun Rückendeckung gegen die Kapitalvernichtung. Wer das jetzt achselzuckend hinnimt ... [Zensur]

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AW: Wo bleiben die Rechtsmittel

von Jürgen Hauck am 18.09.2020 um 19:45 Uhr

Dem kann ich nur zu 100% zustimmen
Wir sind doch so langsam die Deppen der Nation
Wir springen überall in die Breche und dann regelmäßig einen Tritt in den Allerwertesten
Und von unserer Standesvertretung -Kuschen und Schweigen

AW: Wo bleiben die Rechtsmittel

von Dr. Ralf Schabik am 19.09.2020 um 19:21 Uhr

Es wird immer absurder ... habe heute Vormittag von einem Freund erfahren, der bei einem namhaften Weltkonzern beschäftigt ist, dass selbiger aufgrund von brutalem Mangel vor Ort Desinfektionsmittel aus seinen chinesischen Werken einfliegen lässt. Wenn ich diese Info offiziell verwenden darf, dann fliegen die Fetzen doppelt und dreifach.

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