Karin Maag und Fritz Becker im ABDA-Talk

Maag: Keine Chance für höheres Botendiensthonorar

Berlin - 17.09.2020, 09:15 Uhr

Fritz Becker, Karin Maag und Reiner Kern sprachen im ersten ABDA-Talk „Lass uns reden“ über das VOASG. (m / Screenshot: youtube)

Fritz Becker, Karin Maag und Reiner Kern sprachen im ersten ABDA-Talk „Lass uns reden“ über das VOASG. (m / Screenshot: youtube)


Das Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz (VOASG) ist in Bewegung. Das machte die CDU-Gesundheitspolitikerin Karin Maag bei der ersten Ausgabe des Online–ABDA-Talks „Lass uns reden!“ deutlich. Unmittelbar zuvor hatte die Anhörung zum Gesetzentwurf im Bundetags-Gesundheitsausschuss stattgefunden. Dort sei der „Gegenwind deutlich spürbar“ gewesen, sagte Maag. Was die Botendienstvergütung betrifft, die eigentlich Ende September auslaufen, mit dem VOASG aber in halber Höhe verstetigt werden soll, versprach sie, die zeitliche Lücke zu schließen. Zugleich erklärte sie „klipp und klar“: Mehr als 2,50 Euro für den Botendienst sind nicht drin.

Die ABDA hat ein neues Videoformat auf Facebook und youtube gestartet: „Lass uns reden! – Der ABDA-Talk“. Unter der Moderation von Reiner Kern, Leiter der ABDA-Unternehmenskommunikation, trafen am gestrigen Mittwochnachmittag die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Karin Maag (CDU), und der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbands (DAV), Fritz Becker, aufeinander. Der Zeitpunkt war bewusst gewählt: Unmittelbar zuvor hatte die öffentliche Anhörung zum Entwurf für das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) im Gesundheitsausschuss des Bundestags stattgefunden. Und so stand das VOASG selbstverständlich auch im Mittelpunkt.

Weiterhin fragt man sich, wie es um die Stellungnahme der EU-Kommission zum Gesetzentwurf bestellt ist – und was passiert, wenn diese niemals kommt. Auch Maag erklärte, sie könne nicht sagen, ob sie vor der abschließenden Lesung des VOASG im Bundestag noch vorliegen wird. Aber es habe rund zehn Gespräche zwischen Vertretern des Bundesgesundheitsministeriums und der Kommission gegeben. Jetzt gebe es „Signale, dass es läuft“ – allerdings keine endgültige Bestätigung der EU-Kommission hierfür. Nichtsdestotrotz wolle man jetzt „zu Potte kommen“. Ein Notifizierungsverfahren ist aus Maags Sicht nicht nötig.

Mehr zum Thema

Auch Becker zeigte sich zuversichtlich, dass die Lösung der langjährigen Probleme nun näher rückt. Zwar habe das VOASG seine Ecken und Kanten. Dennoch ist es dem DAV-Chef nun vor allem wichtig, dass „das Ding durchgezogen wird“ – sei es mit Kompromissen. Einer dieser Kompromisse wird wohl sein, dass die PKV vom neuen Rx-Boni-Verbot ausgenommen bleibt. Für Becker ist es schon ein Erfolg, für 90 Prozent des Marktes Gleichpreisigkeit zu erreichen – die übrigen zehn Prozent durchzusetzen wäre aber auch noch „schön“.

In diesem Punkt machte Maag allerdings deutlich, dass sie von den Apothekern enttäuscht ist: Ihr Fraktionskollege Michael Hennrich habe in der Anhörung ausdrücklich nach Ideen der ABDA gefragt, wie die PKV einbezogen werden könnte. „Wenn dann nur auf andere Stellen verwiesen wird, die das besser wissen, dann ist das ein bisschen wenig“. Grundsätzlich will man sich weiteren Gedanken über die Einbeziehung aber nicht verschließen – das habe Hennrich in seiner Rede zur ersten Lesung des VOASG ebenfalls klar adressiert. Doch da wünscht sich Maag Mitarbeit: Wenn man nicht gute und überzeugende Gründe habe, an die jetzt vorliegende, rechtlich geprüfte Regelung ranzugehen, „dann wird`s nichts“.

Erst einmal keine Nachbesserung beim Makel- und Zuweisungsverbot

Auch das Makel- und Zuweisungsverbot, das mittlerweile eigentlich mit dem Patientendaten-Schutzgesetz abgehandelt wurde, brachte Kern in die Diskussion ein. Die ABDA wünscht sich hier nach wie vor eine technische Absicherung, die sicherstellt, dass das Verbot auch wirklich greift – den berühmten „Poller“. Man müsse Modellen gegensteuern, bei denen die Verordnung und das Arzneimittel aus einer Hand kommen, erklärte Becker mit Blick auf die Übernahme von Teleclinic durch Zur Rose.

Maag machte ihm aber keine Hoffnung: Eine solche zusätzliche Regelung mache angesichts der sich schnell entwickelnden Technik keinen Sinn. Sie wäre innerhalb weniger Tage in neuer Form umgangen. Das jetzt vorgesehene Verbot sei sauber formuliert – mit ihm werde man schon „relativ weit kommen“. Was aber vertikal ausgerichtete Geschäftsmodelle von Ärzten und Apotheken betrifft, so betonte sie, dass die Trennung der beiden Berufsgruppen für sie „zentral“ sei. Hier werde man Sorge tragen, „dass niemand auf dumme Gedanken kommt“. Allerdings: Von den diversen dubiosen Internetangeboten, bei denen sich Patienten ausgehend vom gewünschten Life-Style-Präparat Rezepte bestellen, hatte die CDU-Politikerin noch nicht gehört – ein Umstand der sich sicher in Kürze ändern wird.

Mehr zum Thema

Beim Thema Botendienst gab es recht klare Aussagen von Maag: Nein, es gibt keine Chance, dass es bei einer Verstetigung der Vergütung im VOASG einen höheren Betrag als 2,50 pro Lieferung gibt. Davon lasse sich der Bundesfinanzminister, der gerade erst ein 16 Milliarden-Loch in der GKV stopfen will, nicht überzeugen. Mit Blick auf die eigentlich Ende September auslaufende Regelung zur 5-Euro-Vergütung in der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung und dem vermutlich erst im Dezember in Kraft tretenden VOASG sagte Maag aber ebenfalls deutlich: „Wir schließen die Lücke.“ Man darf also gespannt sein, was in den nächsten Tagen aus dem Bundesgesundheitsministerium zu diesem Thema zu vernehmen ist.

Pharmazeutische Dienstleistungen – und ein Wort zu AvP

Ein weiterer wichtiger Regelungsbereich im VOASG sind die pharmazeutischen Dienstleistungen. Hier beschwichtigte Maag Ängste der Apotheker, Botendienste könnten in den hierfür vorgesehenen Finanztopf fallen. Der Botendienst sei finanziert und habe mit den Dienstleistungen nichts zu tun. Allerdings zeigte sich, dass die CDU-Politikerin offenbar einen gewissen Gefallen an dem Vorschlag findet, Dienstleistungen regional zu regeln – einen entsprechenden Vorschlag hatte der als Einzelsachverständige geladene AOK-Mann Ulf Maywald aufgebracht. „Armin lässt grüßen“, so Maag mit Blick auf die Arzneimittelinitiative in Sachsen und Thüringen. So könne man Besonderheiten vor Ort berücksichtigen.

Becker wies dieses Ansinnen allerdings umgehend zurück – er setzt auf Dienstleistungen, die jede Apotheke gleichermaßen anbieten kann. Vor allem sorgt er sich sonst, dass einige Regionen mehr aus dem – aus ABDA-Sicht mit 150 Millionen Euro ohnehin viel zu knapp bemessenen – Geldtopf bekommen könnten als andere. Für Maag hört sich die Idee dennoch gut an – am Ende liege die Ausgestaltung der Dienstleistungen aber ohnehin in den Händen von DAV und GKV-Spitzenverband. Keine Hoffnung machte die CDU-Abgeordnete den Apothekern hinsichtlich ihrer Forderung, die pharmazeutischen Dienstleistungen wenigstens von der Mehrwertsteuer freizustellen, wie es auch bei ärztlichen Leistungen der Fall sei. Das sehe sie im Moment nicht, Apotheker hätten eine andere Stellung als Ärzte.

AvP: Gleich zwei Handelsstufen sind bedroht

Zum Schluss der Diskussion kam noch ein Thema zur Sprache, das nichts mit dem VOASG zu tun hat, aber den Apothekern im Moment unter den Nägeln brennt – das zeigten die Fragen und Kommentare, die parallel zur Diskussion online gestellt wurden: die AvP-Insolvenz. Becker schilderte die Sorge der betroffenen Apotheker, ihrer Vergütung für August, vielleicht auch für September verlustig zu gehen. Auch wenn die Fakten noch ungewiss seien, war es dem DAV-Chef ein Anliegen, die Politik zu sensibilisieren. Nicht nur den Apotheken fehle das Geld – es hänge gleich eine weitere Handelsstufe mit dran: Wenn die Apotheken kein Geld bekommen, wird es für sie auch schwer, den Großhandel zu bezahlen. Man müsse daher über Möglichkeiten wie einen Rettungsschirm oder Übergangskredite nachdenken. Maag hatte auf die Schnelle kein Rezept parat, versprach aber, sich über den Fall im Bundesfinanzministerium zu erkundigen. „Wenn ich mich schlau gemacht habe, suche ich mit den Apothekern gern nach einer Lösung“.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

VOASG und Botendienst: Karin Maag im ABDA-Talk

Mehr als 2,50 sind nicht drin

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die DAZ im Gespräch mit den Unionsvertretern Michael Hennrich und Karin Maag

„Wo gute Versorgung stattfindet, soll auch angemessen vergütet werden“

Der Rückblick in zwölf Momentaufnahmen

Mit Abstand durchs Jahr

Bundestagswahl 2021 – Teil 1: CDU

„Politik verschließt sich keinen guten Ideen“

Jahresrückblick

Das war das Jahr 2020

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

2 Kommentare

deprimierend

von Karl Friedrich Müller am 17.09.2020 um 10:12 Uhr

Vergütung nach Kassenlage. Das erwartet uns, auch bei Dienstleistungen? nach oben festgeschrieben, nach unten beliebig anpassbar?
Die Ärzte meckern, weil sie 1 Mrd mehr bekommen, wir klatschen, weil wir die Hälfte bekommen?
90% Gleichpreisigkeit? Die Preisgabe des Umsatzes der Privatversicherten an Versender?
Merkwürdige Standesvertretung.
So lange Politiker das Gesundheitswesen als Kostenfaktor und Renditeobjekt für Anleger und Konzerne betrachten, wird das nix. Es wird abgewickelt und wir bekommen Zustände wie in UK und USA.
Das Gesundheitswesen, damit auch die öffentliche Apotheke, ist eine Aufgabe des Staats, Daseinsfürsorge.
Es sind schon so viele falsche Anreize geschaffen, Fallpauschalen, damit unnötige Behandlungen zum Beispiel, die eine Gefahr darstellen. (Konzerne!!)
Zu wenig Geld für Landpraxen und zu viel Arbeit....
Aber Krankenhäuser abwickeln... Apotheken zerstören....
Es läuft grundsätzlich falsch.
Ich mag es schon nicht mehr lesen. Ich bekomme keine Wut mehr, nur noch Resignation. Hilflosigkeit

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

.

von Anita Peter am 17.09.2020 um 9:20 Uhr

"Für Becker ist es schon ein Erfolg, für 90 Prozent des Marktes Gleichpreisigkeit zu erreichen – die übrigen zehn Prozent durchzusetzen wäre aber auch noch „schön“."

Ohne Worte !

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.