Rezeptur und Laborchemikalien

Ausgangsstoffe in der Apotheke – was muss geprüft werden?

Höchberg - 11.09.2020, 09:15 Uhr

Arzneimittel-Halbfertigware muss vor der Verwendung stets auf Identität geprüft werden. Für Fertigarzneimittel gilt diese Regelung nicht. (m / Foto: Schelbert)

Arzneimittel-Halbfertigware muss vor der Verwendung stets auf Identität geprüft werden. Für Fertigarzneimittel gilt diese Regelung nicht. (m / Foto: Schelbert)


Zur Herstellung von Arzneimitteln in der Apotheke dürfen laut Apothekenbetriebsordnung nur Ausgangsstoffe verwendet werden, deren ordnungsgemäße Qualität festgestellt wurde. Eine Apotheke hat sich zu diesem Thema mit einer Frage an die Redaktion gewendet.

Frage aus der Rezeptur:

Bei welchen Substanzen müssen wir in der Apotheke eine Eingangsprüfung vornehmen? Wir stellen bei allen Stoffen zur Arzneimittelherstellung die Identität fest, aber wie sieht es eigentlich bei Fertigarzneimitteln aus? Und was ist mit anderen Chemikalien, die wir im Labor einsetzen oder eventuell an Kunden verkaufen?

Die Qualität eines Ausgangsstoffes umfasst die Identität, den Gehalt und die Reinheit sowie seine sonstigen chemischen und physikalischen Eigenschaften. Gemäß ApBetrO ist es ausreichend, in der Apotheke die Identität zu überprüfen, die übrigen Anforderungen können durch ein gültiges Prüfzertifikat des Herstellers nachgewiesen werden. Ausgangsstoffe ohne ein solches Prüfzertifikat müssten in der Apotheke vollständig auf Identität, Gehalt und Reinheit überprüft werden. Dies gilt grundsätzlich für alle Substanzen, die in der Apotheke zur Herstellung von Rezepturen oder Defekturen verwenden werden. Die Identitätsprüfung muss dabei zwingend vor der Verwendung zur Arzneimittelherstellung durchgeführt werden, erst dann darf eine Freigabe der Substanz zur Verarbeitung erfolgen. Wird eine Charge auf mehrere Behältnisse verteilt geliefert, muss dabei jedes Behältnis einzeln überprüft werden. Nur so lassen sich Fehler bei der Beschriftung oder beim Abpacken auch wirklich entdecken.

Was muss dokumentiert werden?

Alle in der Apotheke durchgeführten Ausgangsstoffprüfungen sind mithilfe eines Prüfprotokolls zu dokumentieren, das jeweilige Prüfzertifikat wird dabei als Anlage beigefügt. Wichtig ist auch die Vergabe einer internen Prüfnummer, die auf dem jeweiligen Standgefäß aufgebracht wird und einen sofortigen Rückgriff auf die durchgeführte Qualitätskontrolle erlaubt.

Lieferung einer Rezeptursubstanz – was ist genau zu tun?

  • Bei Lieferung der Ware wird das Eingangsdatum und der Einkaufspreis auf der Verpackung notiert und die ungeprüfte Substanz zunächst getrennt von anderen Ausgangsstoffen aufbewahrt. 
  • Die vorgeschriebene Prüfung zur Identität wird durchgeführt. 
  • Das Ergebnis wird im Prüfprotokoll dokumentiert. 
  • Das durchgesehene Prüfzertifikat wird dem Prüfprotokoll beigefügt. 
  • Die interne Prüfnummer wird auf dem Gefäß und im Prüfprotokoll notiert, ebenso das Verfalldatum. 
  • Falls nötig kann der Einwaagekorrekturfaktor ausgerechnet und ebenfalls auf das Gefäß und ins Protokoll geschrieben werden. 
  • Das Prüfprotokoll wird von einem Apotheker kontrolliert und unterschrieben, der Ausgangsstoff ist damit freigegeben. 
  • Die geprüfte Substanz kann in das Lager eingeräumt und ab sofort zur Arzneimittelherstellung verwendet werden. 

Auch bei Arzneimittel-Halbfertigware

Im Rezepturbetrieb werden häufig vorgefertigte offizinelle Grundlagen eingesetzt. Dabei handelt es sich um sogenannte Arzneimittel-Halbfertigware. Diese Dermatika-Grundlagen wie beispielsweise Basiscreme DAC oder Anionische hydrophile Creme DAB sind im DAC oder DAB monographiert und werden vom Hersteller mit einem Prüfzertifikat geliefert. Wie bei allen anderen Rezepturgrundstoffen auch, muss dieses Zertifikat in der Apotheke auf Vollständigkeit überprüft werden und eine Feststellung der Identität erfolgen.

Anders bei Fertigarzneimitteln

Bei der Herstellung von Rezepturen kommen teilweise auch Fertigarzneimittel zum Einsatz. Bezüglich der erforderlichen Qualität ist die Verwendung von Fertigarzneimitteln unproblematisch, diese werden arzneimittelrechtskonform hergestellt und jede Charge muss dabei mit einer dokumentierten Qualitätsprüfung belegt sein. Diese Unterlagen zur Prüfung verbleiben bei der Herstellerfirma, ein Prüfzertifikat wird nicht an die Apotheke geliefert. Fertigarzneimittel müssen daher in der Apotheke vor der Verwendung zur Arzneimittelherstellung nicht auf ihre Identität hin überprüft werden. Nach ApBetrO ist die Apotheke zwar verpflichtet, stichprobenweise organoleptische Prüfungen an FAM durchzuführen und diese auch zu dokumentieren. Dies müssen aber nicht notwendigerweise dieselben Fertigarzneimittel sein, die zur Herstellung von Zubereitungen verwendet werden.

Und Chemikalien?

Stoffe, die im Apothekenlabor als Reagenzien eingesetzt werden, müssen nicht auf ihre Identität hin überprüft werden. Dies gilt auch, wenn solche Substanzen an einen Kunden abgegeben werden. Möchte ein Kunde einen Gefahrstoff erwerben, muss aber selbstverständlich überprüft werden, ob eine Abgabe erlaubt ist und ob eine Dokumentation im Abgabebuch oder eine Endverbleibserklärung nötig ist.



Dr. Annina Bergner, Apothekerin, Autorin PTAheute.de
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Wenn der Schmelzpunkt keine Option ist

Identitätsprüfung von Erythromycin – so geht’s

Die neuen Schnittstellen des Dr. Lennartz Laborprogramms

Immer richtig verbunden

Erweiterte Sicherheitsfunktionen

Mehr Rezeptursicherheit durch Laborprogramme

Welche Hürden es zu überwinden gilt

Kosmetika in der Rezeptur?

Erweiterte Sicherheitsfunktionen im Dr. Lennartz Laborprogramm

Rezeptursicherheit großgeschrieben

Rezepturen mit industriell gefertigten Dermatika

Mischen impossible?

Was tun, wenn zertifizierte Ware fehlt?

GMP-konforme Wirkstoffe

Mehr als Produktion und Qualitätskontrolle

Arzneimittelherstellung

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.