Die Telematikinfrastruktur vor der Apothekentüre

Was Sie zur Kostenerstattung wissen müssen

02.09.2020, 15:00 Uhr

Wie viel bekommen Apotheken für die TI-Anbindung erstattet? (Foto: Schelbert)

Wie viel bekommen Apotheken für die TI-Anbindung erstattet? (Foto: Schelbert)


Man kann ihr Klopfen bereits hören: Die Telematikinfrastruktur (TI) begehrt Einlass. Denn schon bald müssen alle Apotheken an sie angeschlossen sein. Das kostet natürlich. Was bekommen Sie von der gesetzlichen Krankenversicherung erstattet – und was müssen Sie dafür tun? 

Laut „Digitale-Versorgung-Gesetz müssen Apotheken bis zum 30. September 2020 an die TI angeschlossen sein. Anders aber als für Ärzte, die sich nicht an die ihnen vorgegebenen Termine halten, sieht § 291 Sozialgesetzbuch (SGB) V keine Sanktionen für Apotheken vor, die bis dahin noch nicht startklar sind.

Welche Kosten werden erstattet?

Was genau sich hinter der TI verbirgt, und welche Komponenten Sie dafür benötigen, können Sie im AWA 21/2018 (Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker) nachlesen. Da die Finanzierung bis vor Kurzem noch nicht geregelt war, hieß es zunächst, Apotheken sollten sich damit gedulden, die Hardware zu bestellen. Nun aber hat der Deutsche Apothekerverband (DAV) grünes Licht gegeben. Denn mit dem GKV-Spitzenverband hat man eine TI-Finanzierungs- und -Erstattungsvereinbarung getroffen. Diese gilt laut Landesapothekerkammer (LAK) Baden-Württemberg (BW) zunächst für die Fachanwendung „elektronischer Medikationsplan/Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS)“. Für weitere Anwendungen, wie das E-Rezept, seien erneute Verhandlungen nötig.

Tabelle 1: Welche Beträge den Apotheken erstattet werden

Was?  Wofür?                         Wie viel?     
Erstausstattung (einmalig)

Erstaus-stattungsbündel:

  • ein Konnektor inklusive darin verbauter, gerätespezifischer Security Module Card, Typ Konnektor (gSMC-K) 1
  • zwei stationäre Kartenterminals 
  • zwei Smartcards, Typ Kartenterminal (gSMC-KT) 2
  • Aufwandspauschale (u. a. für Installation, Schulung, installa- tionsbedingte Ausfallzeiten, sonstige Abwicklungsaufwände)
3.032,00 € 5
Zusatzterminals   nach Anzahl jährlich zulasten der GKV abgegebener 
Rx-Packungen 3
20.000 bis <40.000 Packungen: zwei Zusatzterminals2 ∙ 450,00 €
= 900,00 € 5
40.000 bis <80.000 Packungen: vier Zusatzterminals4 ∙ 450,00 €
= 1.800,00 € 5
≥80.000 Packungen: maximal acht Zusatzterminals 4≤8 ∙ 450,00 € 
= ≤3.600,00 € 5
Betriebs-kosten-
pauschale
(einmalig)
elektronischer Heilberufsausweis (eHBA)449,00 € 5, 6
Institutionsausweis (SMC-B)378,15 € 5, 6
Betriebs-kosten-
pauschale
(quartalsweise)
  • TI-Zugang mittels Virtual Private Network (VPN)
  • Betrieb des Konnektors (Wartung, Updates etc.)
  • Betrieb der Kartenterminals (Wartung, Updates etc.)
210,00 € 5
1 identifiziert Konnektor; 2 identifizieren Kartenterminals und verbinden sie mit Konnektor; 3 Basis: Packungsmenge, die Nacht- und Notdienstfonds (NNF) in letzten vier Quartalen vor Entscheidung zum TI-Antrag verarbeitet hat; 4 im Einzelfall zu beantragen; 5 umsatzsteuerbefreit; 6 für fünf Jahre unabhängig von Zertifikatsgültigkeit; Quellen: TI-Erstattungsvereinbarung und NNF

Welche Beträge Sie erstattet bekommen, sehen Sie in Tabelle 1. Dazu noch ein paar weitergehende Anmerkungen: 

  • Zum Ersten: Von der Vereinbarung sind bislang nur stationäre Terminals erfasst. DAV und GKV-Spitzenverband halten deren mobile Äquivalente allerdings auch für „grundsätzlich notwendige Komponenten“ und wollen weitere Verhandlungen aufnehmen, sobald mobile Terminals „für die gesetzlich geforderten Anwendungen auf dem Markt verfügbar sind“.
  • Zum Zweiten: Es wird nur ein elektronischer Heilberufsausweis (eHBA) pro Apothekeninhaber erstattet. Das gilt laut Nacht- und Notdienstfonds (NNF) des DAV auch dann, wenn dieser Inhaber mehrere Apotheken besitzt. Bei entsprechenden Verbünden werde die eHBA-Pauschale „für die jeweilige Hauptapotheke“ ausgezahlt.
  • Zum Dritten: Apotheken, die an Feldtests für Konnektoren mit dem Modul für die Fachanwendung „elektronischer Medikationsplan/AMTS“ teilnehmen, erhalten außerdem einmalig eine Herstellerförderpauschale von 10.000,00 € und eine Apothekenförderpauschale von 3.927,00 €.
  • Zum Vierten: Außer dieser Apothekenförderpauschale sind die Pauschalen „nach momentaner Einschätzung“ umsatzsteuerbefreit, so der NNF.

Am Rande: Die monatlichen Entgelte für die Karten, die mittlerweile bei einigen Kammern beantragt werden können, beziffert die LAK BW auf 

  • 7,48 € netto/8,90 € brutto (eHBA) und
  • 6,30 € netto/7,50 € brutto (Institutionsausweis).

Wie bekommen Sie die Kosten erstattet?

Die Kosten werden Ihnen über den NNF erstattet. Einen Anspruch haben Sie ab dem Tag, ab dem Sie die TI technisch in Betrieb genommen haben, will heißen: Wenn Sie die notwendigen Komponenten vorliegen bzw. angeschlossen haben. Ist das erledigt, müssen Sie im NNF-Apothekenportal (portal.dav-notdienstfonds.de) einen Antrag auf die Kostenerstattung stellen. Benötigt wird dazu eine Selbsterklärung, in der Sie bestätigen, dass die technische Inbetriebnahme abgeschlossen ist. In diesem Rahmen gilt es zwei Sonderfälle zu berücksichtigen: Sie haben gerade eine Apotheke neu eröffnet, und es gibt keine aktuellen Daten über die zulasten der GKV abgegebenen Rx-Packungen. Sie geben jährlich mindestens 80.000 Rx-Packungen zulasten der GKV ab. Dann müssen Sie zusätzlich einen Antrag auf Sonderausstattung mit stationären Kartenterminals stellen, ihn – anders als die Selbsterklärung – ausgedruckt unterschreiben und postalisch mitsamt Nachweisen an das TI-Kundenmanagement des NNF (Friedrichstr. 60, 10117 Berlin) senden. Der NNF prüft die Anträge, berechnet die Erstattungspauschalen und ruft sie entsprechend beim GKV-Spitzenverband ab. Anschließend erhalten Sie vom NNF einen „TI-Bewilligungs- und Auszahlungsbescheid“ für die Erstausstattungskosten sowie alle eventuell bislang angefallenen zusätzlichen Betriebskosten – eine erste Zahlung geht nämlich zum Ende desjenigen Quartals bei Ihnen ein, das dem Quartal folgt, in dem Ihr Antrag beim NNF eingegangen ist. Von diesem Betrag zieht der NNF allerdings für den Zeitraum von 2020 bis 2024 noch eine einmalige Verwaltungskostenpauschale ab, um damit seine Aufwendungen u.a. für zusätzliche Personalressourcen, Anschubinvestitionen oder auch die Antragsbearbeitung zu decken. Diese Pauschale werde „nach momentaner Beschlusslage“ 70 Euro pro Apothekenbetriebsstätte betragen, so NNF-Geschäftsführer Rainer Gurski.

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Die späteren, laufenden Betriebskostenpauschalen werden Ihnen ebenfalls regelhaft zum Ende desjenigen Quartals überwiesen, das auf ein Abrechnungsquartal folgt. Gesonderte Bescheide gibt es dafür aber nicht mehr. Sofern Sie Ihre Apotheke irgendwann einmal ganz schließen oder sie an einen Nachfolger übergeben, erlischt auch der Anspruch auf die Pauschale. Sollte der NNF Ihnen bis dahin zu viel ausgezahlt haben, müssen Sie mit entsprechenden Rückforderungen rechnen.

Was sollten Sie jetzt tun?

Zunächst sollten Sie die Heilberufs- und Institutionsausweise bei den Kammern beantragen, so Gematik-Produktionsleiter Dr. Florian Hartge kürzlich in einem DAZ.online-Interview. Anschließend gelte es, sich für einen Anbieter der TI-Komponenten zu entscheiden, der diese auch vor Ort installiere. Der Rest werde schließlich über Software-Updates eingespielt. Zu diesem „Rest“ zählen z.B. der E-Medikationsplan oder das Tool „Kommunikation im Medizinwesen“ (KIM), das einen sicheren E-Mail- und Datenaustausch gewährleisten soll. 

Dieser Beitrag erschien im AWA 12/2020.



Dr. Michael Brysch, Apotheker und Diplom-Kaufmann, Chefredakteur „AWA – Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker“
redaktion@daz.online


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