Ist COVID-19 schlimmer als andere schwere akute Atemwegserkrankungen?

COVID-19-Patienten: häufiger und länger beatmet und mehr Todesfälle

Stuttgart - 02.09.2020, 07:00 Uhr

COVID-19-Patienten werden im Median sechs Tage länger beatmet als Patienten mit anderen schweren akuten respiratorischen Erkrankungen der letzten fünf Grippewellen. (s / Foto: CMP / stock.adobe.com)

COVID-19-Patienten werden im Median sechs Tage länger beatmet als Patienten mit anderen schweren akuten respiratorischen Erkrankungen der letzten fünf Grippewellen. (s / Foto: CMP / stock.adobe.com)


Länger im Krankenhaus und sechs Tage länger beatmet

Vergleicht man die Hospitalisierungsdauer der SARI-COVID-19-Patienten mit den schwer erkrankten Atemwegspatienten der letzten fünf Grippewellen, waren SARI-COVID-Patienten im Median zwei Tage länger hospitalisiert als SARI-GW-Patienten (zehn Tage vs. acht Tage). Das RKI fand diesen Unterschied vorwiegend bei Patienten mit einem schweren Verlauf, also Patienten, die intensivmedizinisch behandelt wurden (16 Tage bei COVID-19 und 13 Tage bei SARI-GW), die beatmet werden mussten (18 Tage bei COVID-19 und 16 Tage bei SARI-GW) beziehungsweise während der Hospitalisierung verstarben (zehn Tage bei COVID-19 und acht Tage bei SARI-GW). Hingegen: Wurden Patienten verlegt (andere medizinische Einrichtung, Entlassung nach Hause ohne Nachbeobachtung), war die Hospitalisierungsdauer ähnlich, und Patienten mit weniger schweren Verläufen waren im Median gleich lang im Krankenhaus, unabhängig davon, ob SARI-COVID oder SARI-GW vorlag.

Es gab große Unterschiede bei der Dauer der mechanischen Beatmung. Beatmungspflichtige SARI-COVID-Patienten wurden im Median sechs Tage länger und damit mehr als doppelt so lange beatmet wie SARI-GW-Patienten: COVID-19-Patienten mussten im Median fünf Tage intensiv behandelt werden und wurden zehn Tage beatmet, Patienten mit anderen schweren akuten Atemwegsinfektionen wurden im Median vier Tage intensiv behandelt und vier Tage intensiv beatmet.

Wie alt sind die Patienten?

Im Median sind COVID-19-Patienten mit 73 Jahren „leicht“ jünger als Patienten mit anderen schweren akuten Atemwegsinfektionen mit 77 Jahren (nach dem Ausschluss aller Patienten unter 15 Jahren). Jünger waren auch Intensivpatienten und beatmeten Patienten mit COVID-19: Intensivpatienten mit COVID-19 waren im Median mit 72 Jahren vier Jahre jünger als mit SARI-GW, beatmete COVID-19-Patienten waren im Median mit 71 Jahren zwei Jahre jünger als mit SARI-GW 
(73 Jahre). Dagegen waren verstorbene SARI-COVID-Patienten im Median gleich alt wie verstorbene SARI-GW-Fälle.

SARI-COVID-Fälle ohne intensivmedizinische Behandlung oder Beatmung, die nach Hause entlassen werden konnten, waren im Median deutlich jünger als SARI-GW-Fälle. Insgesamt sei die Altersstruktur zwischen den beiden Gruppen aber durchaus vergleichbar, so das RKI.

Längere Beatmungsdauer erfordert mehr Beatmungsplätze

Vor allem die längere Hospitalisierung, die häufigere Beatmung und die um sechs Tage längerer Beatmungsdauer lassen das RKI mahnen: „Die Ergebnisse zur Erkrankungsschwere bestätigen die vorläufige Einschätzung, dass hospitalisierte COVID-19-Patienten mit einer SARI im Schnitt besonders häufig und besonders lange beatmet werden müssen. Um auf einen eventuell bevorstehenden Anstieg der COVID-19-Fälle im Herbst 2020 vorbereitet zu sein, besteht die Notwendigkeit, mehr intensivmedizinische Ressourcen und insbesondere Beatmungsplätze als während vergangener Grippewellen vorzuhalten.“



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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