RKI-Auswertung

Coronavirus: Ansteckungsgefahr zu Hause besonders hoch

Marseille - 24.08.2020, 17:50 Uhr

Die Gefahr, sich beim Einkauf mit dem neuartigen Coronavirus zu infizieren, schätzt das RKI derzeit als eher gering ein. (Foto: imago images / SKATA) 

Die Gefahr, sich beim Einkauf mit dem neuartigen Coronavirus zu infizieren, schätzt das RKI derzeit als eher gering ein. (Foto: imago images / SKATA) 


Wenn es um die steigende Zahl der Coronavirus-Infektionen geht, wird derzeit viel über Reiserückkehrer diskutiert. Dabei stecken die allermeisten Menschen sich innerhalb Deutschlands an. Wie genau, dazu hat das Robert Koch-Institut (RKI) nun erstmals Zahlen veröffentlicht.

Wo lauert die größte Gefahr, sich mit dem Virus anzustecken? Beim Einkaufen im Supermarkt, beim Restaurantbesuch oder doch in der U-Bahn? Tatsächlich spielen all diese Orte für das Infektionsgeschehen nur eine untergeordnete Rolle. Deutlich mehr gemeldete Ansteckungen fanden stattdessen in privaten Haushalten statt. Darauf deuten zumindest die Zahlen des RKI hin. Im Epidemiologischen Bulletin 38, das vorab online veröffentlicht wurde, ist dem Thema „Infektionsumfeld von erfassten COVID-19 Ausbrüchen in Deutschland“ ein ganzes Kapitel gewidmet.

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Bei jedem neu gemeldeten Fall erfragen die Gesundheitsämter, ob die positiv getestete Person mit einem Infizierten Kontakt hatte und wenn ja, in welchem Umfeld. Auf diese Weise ermittelte Daten wurden mit einer Software zusammengeführt, um einzelne Ausbruchsgeschehen zu rekonstruieren. Das RKI hat nun eine Übersicht dazu erstellt, wo bisher die größte Zahl an Ausbrüchen stattfand (ein Ausbruch ist dabei definiert als das Auftreten von mindestens zwei zusammenhängenden Fällen).

Demnach sind die Übertragung in Privathaushalten und die Übertragung in Alten- und Pflegeheimen mit Abstand für die meisten gemeldeten Infektionen verantwortlich. In etwa 22 Prozent der Fälle, bei denen sich die Ansteckung nachvollziehen ließ, fand diese zu Hause statt, in rund 24 Prozent in Alten- und Pflegeheimen. Äußerst selten hingegen wurde eine Ansteckung im Bus (0,1 Prozent der zugeordneten Fälle) oder Restaurant (0,5 Prozent der zugeordneten Fälle) gemeldet. Einen großen Unterschied gab es, entsprechend der Altersverteilung, bei der Sterblichkeit. So starben von den Personen, die sich in privaten Haushalten infiziert hatten, 2 Prozent. Von denjenigen, die sich Alten- und Pflegeheimen ansteckten, starben 19 Prozent.

Zahlen sind „mit Zurückhaltung zu interpretieren“

Die Daten zum Infektionsumfeld seien insgesamt aber „mit Zurückhaltung zu interpretieren“, heißt es im Epidemiologischen Bulletin. So sei etwa bei befreundeten Kollegen nicht immer klar festzustellen, ob eine Ansteckung im privaten oder beruflichen Umfeld erfolgt sei. Auch sei eine Ansteckung zum Beispiel im Bahnverkehr möglicherweise untererfasst, da sich Kontakte dabei nicht zurückverfolgen lassen. Und als das Ausbruchgeschehen im April seinen Höhepunkt erreichte, seien wegen der Überlastung der Gesundheitsämter kaum Daten aufgenommen worden. Es konnten zudem insgesamt nur 27 Prozent der mehr als 202.000 registrierten Fälle einem Ausbruchgeschehen zugeordnet werden. Noch dazu ist zu beachten, dass längst nicht alle Infektionen gemeldet werden. So werden symptomlose Fälle oft nicht erfasst und können daher auch nicht zurückverfolgt werden. Möglich, dass bei ihnen andere Verbreitungswege eine Rolle spielen.

Nur selten Übertragungen im Freien

Andererseits ergibt die Statistik durchaus Sinn. Denn die Übertragung des Virus erfolgt vor allem über Töpfchen und vermutlich durch Aerosole, feine Flüssigkeitspartikel, die sich in der Raumluft anreichern können. Darauf weist auch das RKI in seiner Veröffentlichung hin. Ansteckungsgefahr besteht daher vor allem beim längeren gemeinsamen Aufenthalt in geschlossenen Räumen. So hatte eine chinesische Studie ergeben, dass von 318 zurückverfolgten Ausbruchsgeschehen nur eines im Freien stattfand. Am meisten halten sich Menschen aber nun einmal zu Hause auf, das galt erst Recht zu Home-Office-Zeiten. Noch dazu achten viele in der Öffentlichkeit peinlich auf Abstandsregeln und Hygiene, zu Hause aber weniger: Es ist auch um einiges schwieriger.

Der Besuch im Supermarkt birgt hingegen ein vergleichsweise geringes Risiko. Er dauert in der Regel nicht lang, und es besteht auch üblicherweise kein enger Kontakt zu anderen. Das Berühren von Produkten oder Bargeld ist dabei offenbar keine große Gefahr: Die indirekte Übertragung durch kontaminierte Oberflächen sei „nach derzeitigem Wissensstand“ weniger von Bedeutung, so das RKI.

RKI ruft zur Eigenverantwortung auf

Die neuen Zahlen deuten also auf eine vermehrte Übertragung im privaten Umfeld hin. So heißt es dann auch im Fazit des Instituts: „Sollte es wieder zu einem starken Anstieg der Fallzahlen kommen, ist die Eigenverantwortung jedes Einzelnen gefragt.“ Die Ausbrüche in privaten Haushalten würden zwar jeweils nur eine kleine Anzahl von Personen betreffen, dafür gebe es besonders viele solcher Ausbrüche. Gleichzeitig seien die allgemeinen Schutzmaßnahmen zu Hause nicht immer umsetzbar. Ziel sei daher „die mögliche Unterbrechung von Infektionsketten zwischen privaten Haushalten.“

Das RKI ruft dazu auf, beim Verdacht auf eine Infektion möglichst schnell zu reagieren: Bei „auftretender respiratorischer Symptomatik jeglicher Art“ sei es „hilfreich und erforderlich, dass sich die entsprechenden Personen sofort selbst absondern, testen lassen und physische Kontakte zu anderen soweit wie möglich begrenzen.“ Schon dadurch „ließen sich viele der beschriebenen Ausbrüche vermeiden.“



Irene Habich, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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5 Kommentare

Verzerrt

von Daniel am 26.08.2020 um 11:10 Uhr

Die Aussage, dass die meisten Infektionen zu Hause stattfinden, kann man aus diesem Artikel bei besten Willen nicht ableiten:

1.) Der Artikel selbst sagt, dass nur bei 27% der Fälle ein Auswertung bezüglich des Ansteckungsortes möglich war.
Zudem dürfte dabei der Ansteckungsort "zu Hause" bei den erfolgreich nachverfolgten Fällen deutlich über-repräsentiert sein, denn bei der Ansteckung zu Hause (und auch im Heim)ist die Nachverfolgbarkeit mit Abstand am leichtesten, während die Ansteckung unterwegs im Kino/ Bus/ Bahn / Restaurant / Urlaub usw. nur sehr schwer / bzw. kaum nachverfolgbar ist und auch damit kaum nachverfolgt wurde. Diese Ansteckungsorte dürften den Löwenanteil der nicht nachverfolgbaren 73% ausmachen. Dadurch ist das Ergebnis so verzerrt, das keine valide Aussage zum tatsächlichen Ansteckungsort möglich ist. Es sind nur brauchbare Abschätzungen zur Nachverfolgbarkeit aus diesen Informationen möglich.

2.) Der Test selbst ist nicht perfekt.
Die Sensitivität (also das tatsächlich Infizierte als solche erkannt werden) liegt bekannter Maßen nur etwa bei 70% (Deswegen müsste man mindestens 3 mal wiederholen bevor man jemand sicher als negativ bezeichnen kann, bei 3facher Wiederholung würde dieser Wert auf 97,3% steigen)

Die Spezifität (das Nichtinfizierte als nicht-infiziert erkannt werden) liegt bei ca. 98 %. Das hört sich erstmal gut an, ist aber bei der niedrigen Prävalenz (aktuell unter 0,5% der deutschen Bevölkerung) würde das, wenn man nicht Risikogruppen testen würde(alle Deutschen) , und das 3 mal um zu 97, 3% sicherzugehen zu können, dass sie auch wirklich negativ sind, würde das 3 x 2% falsch positive Ergebnisse produzieren. Also 6 % falsch-positive zu 0,5% tasächlich positiven, das heißt 1 von 12 positiv getesteten wäre tatsächlich infiziert. Bei einfacher Testung sind immer noch 3/4 der positiven Testergebnisse, die falsch positiv sind.

Mit anderen Worten es besteht bei vernünftiger Testung eines Haushaltes eine 3X2 X Anzahl der Haushaltsmitglieder % Chance das nichtinfizierte Haushaltsmitglieder positiv getestet werden und damit die Auswertung einen falschen Übertragungsort generiert.
Bei einer 4 -köpfigen Familie bei 3facher Testung immerhin eine 24 % Chance das einer als falsch positiv erkannt wird, und bei einem Heim mit 50 Bewohnern ist selbst bei einfacher Testung die kumulierte Wahrscheinlichkeit bei 100% mindestens Einen als falsch positiv zu erkennen.

Also dürften falsch positive Ergebnisse einen erheblichen Teil der "häuslich" bestätigten Übertragungen ausmachen, gerade wenn bei den Auswertungen bereits bei einer weiteren positiv getesteten Person als Übertragungsort gesprochen wird.

Ich will damit nicht relativieren dass die Ansteckungsgefahr innerhalb von Gebäuden durch Aerosole am höchsten ist, nur gibt die Datenlage die Aussage, dass der wichtigste Ansteckungsort die privaten Haushalte sind, einfach nicht her

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Gekaufter Bericht

von Peter am 25.08.2020 um 14:49 Uhr

Wenn man sich die Vita der Autorin ansieht, ist es schon eindeutig, dass da nur tendenzielle Artikel heraus kommen können.
Quakitätsjournalusmus im Jahr 2020 ( Spiegel Online und Süddeutsche Zeitung.).
Regierungstreu und unkritisch.

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AW: Gekaufter Bericht

von Peter am 25.08.2020 um 14:52 Uhr

Qualitätsjournalismus. Sorry. Zu dicke Finger...

Ach so.

von Karl Friedrich Müller am 24.08.2020 um 20:53 Uhr

Was für 1 Quatsch. So ein furchtbarer Quatsch.
Ich hab es so satt.
Was soll diese Propaganda?
Karneval, Feste, Feiern, Urlaube, Kirchen, Gottesdienste, Chöre.,.,

Alles privat klar.
Meldungen über Corona kann man nicht mehr ernst nehmen.
Auch das Corona Update in der DAZ ist eine Aneinanderreihung von Spekulationen, Meinungen.

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AW: Ach so

von Peter am 25.08.2020 um 11:21 Uhr

Ereignisse dazu aus unserer direkten Nachbarschaft.
Zum Schulanfang wurde die Tochter unseres Nachbarn auf Corona getestet, da sie einen leichten Schnupfen (!) hatte.
Test negativ. Schwester völlig gesund und quietschfidel musste auch zum Test, der war erstaunlicherweise positiv.
Beide Eltern wurden negativ getestet. Zwei Wochen Quarantäne.
Ich kann es auch nicht mehr ernst nehmen.
Leider verkommt die DAZ auf das Niveau der allgemeinen Berichterstattung, statt eine Quelle der Vernunft
zu sein. Erfreuliche Ausnahme, der Artikel über die Maskenpflicht.

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