Tierexperiment geglückt

Synthetische FXII-Hemmer: Blutungsfreie Antikoagulation ist möglich

Stuttgart - 21.08.2020, 09:15 Uhr

Das Labor für therapeutische Proteine ​​und Peptide von Professor Christian Heinis an der EPFL (Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne) hat den ersten synthetischen FXII-Hemmer entwickelt. (x / Foto: 279photo / stock.adobe.com)

Das Labor für therapeutische Proteine ​​und Peptide von Professor Christian Heinis an der EPFL (Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne) hat den ersten synthetischen FXII-Hemmer entwickelt. (x / Foto: 279photo / stock.adobe.com)


FXII900: Varianten mit längerer Retentionszeit gesucht

FXII900 blockierte den Gerinnungsfaktor XIIa (FXIIa) bei Mäusen, Kaninchen und Schweinen effizient. Bei Mäusen reduzierte er eine experimentell induzierte Thrombose und an Kaninchen mit einer extrakorporalen Membransauerstoffversorgung (ECMO) unterdrückte er die Blutgerinnung, ohne das Blutungsrisiko zu erhöhen. Für das Forschungskonsortium stellt Heinis fest: „Unsere Zusammenarbeit hat gezeigt, dass es möglich ist, mit einem synthetischen Inhibitor eine blutungsfreie Antikoagulation zu erreichen“. Der Inhibitor sei hoch wirksam, hoch selektiv und zudem sehr stabil, so das Resümee der Wissenschaftler.

Als einziges Problem führen sie an, dass das Molekül eine relativ kurze Retentionszeit im Körper hat. Es sei zu klein und die Nieren würden es herausfiltern. Aber Heinis gibt sich optimistisch: „Das stellen wir noch ab. Derzeit entwickeln wir Varianten des FXII-Inhibitors mit einer längeren Retentionszeit. “

Wo könnte FXII900 praktisch eingesetzt werden?

Bleibt die Frage, wofür der Gerinnungshemmer eingesetzt werden könnte. „Der neue FXII-Inhibitor ist ein vielversprechender Kandidat für einen sichere Thromboprotektion in künstlichen Lungen, mit denen die Zeit zwischen Lungenversagen und Lungentransplantation überbrückt wird“, sagt Heinis. „Bei diesen Geräten kann der Kontakt von Blutproteinen mit künstlichen Oberflächen wie der Membran des Oxygenators oder der Schläuche zur Blutgerinnung führen.“ Bekannt als „Kontaktaktivierung“, könne dies zu schwerwiegenden Komplikationen oder sogar zum Tod führen und die Verwendung künstlicher Lungen für mehr als einige Tage oder Wochen einschränken, fügt der Forscher an. Professor Keith Cook von der Carnegie Mellon University (USA), ein Experte für künstliche Lungensystemtechnik, hat die Wirksamkeit des FXII-Inhibitors in einem künstlichen Lungenmodell getestet und festgestellt, dass er die Blutgerinnung wirksam reduzierte, ohne eine erhöhte Blutungsneigung als Nebenwirkungen.

Daneben wäre aber auch der Einsatz für akute Behandlungen wie etwa bei der Hämodialyse, nach ischämischem Schlaganfall oder Operationen denkbar, weil die Therapiedauer durch die relativ kurze Zirkulationszeit flexibel angepasst werden kann.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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