Folgen der Coronavirus-Pandemie (Teil 2)

COVID-19: Spätfolgen an der Lunge?

Stuttgart - 04.08.2020, 16:45 Uhr

Könnten sekundär durch COVID-19 auch neue Krankheitsbilder entstehen? (x / Foto: Halfpoint / stock.adobe.com)

Könnten sekundär durch COVID-19 auch neue Krankheitsbilder entstehen? (x / Foto: Halfpoint / stock.adobe.com)


„Genesen“ – aber auch wieder fit?

„Genesen“ steht in vielen deutschen Corona-Statistiken in den Fallzahl-Tabellen. Doch heißt das auch wieder fit? Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) hat daran Zweifel. Bilder aus dem Computertomographen zeigten, dass viele Patienten mehr oder weniger starke Lungenschäden aufwiesen, heißt es. Die Uniklinik Augsburg veröffentlichte vor kurzem Bilder nach Obduktionen: „Die durch SARS-CoV-2 hervorgerufenen ausgeprägten Lungenschäden sind vergleichbar mit den Auswirkungen der SARS- und MERS-Erkrankungen“, hieß es am 22. Mai in der entsprechenden Pressemitteilung. Die Augsburger Ärzte kamen zu dem Schluss, dass diese Schäden nicht durch die Beatmung, sondern am ehesten direkt durch das Virus entstanden waren.

Werden aus den Milchglasmustern Narben?

„Es wird vermutet, dass es Spätfolgen geben kann“, sagte Blum der dpa. „Insbesondere im Bereich der Lunge.“ Dabei gehe es nicht allein um COVID-19-Patienten, die lange Zeit an Beatmungsgeräten lagen. Wesentliche Fragen beträfen insbesondere die leichteren Fälle. Menschen, die nicht ins Krankenhaus mussten. „Möglicherweise kann dieses neue Coronavirus auch bei ihnen länger anhaltende oder gar dauerhafte Folgeschäden in der Lunge auslösen“, sagte Blum. Konkret heißt das: Luftnot – vor allem bei Anstrengung.

Wenn sich Blum mehr als zwei Monate später eine Computertomographie einer Lunge eines solchen „leichteren Falls“ anschaut, sieht er viele gesunde Abschnitte, aber eingestreut auch krankhafte Veränderungen des Gewebes. Milchglasmuster nennen Ärzte diese weißen Einsprengsel. Es handelt sich um entzündliche Stellen, aus denen später Narben werden könnten. Für eine Prognose ist es bei den Patienten von heute aber noch zu früh.

Mehr als 40 Menschen mit COVID-19 wurden in Blums Berliner Lungenfachklinik bisher stationär behandelt: „Wir hatten am Anfang noch gar kein klinisches Gefühl für die Patienten“, sagte er der dpa. „Und ich habe immer noch großen Respekt vor dem neuen Coronavirus SARS-CoV-2.“ Denn für ihn ist die Lunge nicht alles. „Dieses Virus kann zum Beispiel auch Herzmuskel, Darm, Niere, Gefäßinnenhäute und das Nervensystem schädigen“, zählt er auf. Wie häufig und in welchem Ausmaß? Große Fragezeichen.

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Es bestehe das Risiko, dass es Spätfolgen gebe, urteilt auch Clemens Wendtner, Chefarzt der Klinik für Infektiologie an der München Klinik Schwabing: „Ein Teil der Patienten wird langfristig Probleme entwickeln. Ich denke schon, dass wir hier sekundär durch COVID-19 auch neue Krankheitsbilder generieren.“ Das Coronavirus könne eben nicht nur die Lunge, sondern letztlich jede Zelle des Körpers befallen, ergänzt Christoph Spinner vom Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München. „Unzweifelhaft ist COVID-19 eine Systemerkrankung.“



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