Arzneimittelverknappungen in der EU

EP-Gesundheitsausschuss fordert „europäische Notfallapotheke“

Remagen - 15.07.2020, 15:30 Uhr

Es sollen wieder mehr Arzneimittel in Europa produziert werden – das meint auch der Gesundheitsausschuss des Europäischen Parlaments. (x / Foto: industrieblick / stock.adobe.com)

Es sollen wieder mehr Arzneimittel in Europa produziert werden – das meint auch der Gesundheitsausschuss des Europäischen Parlaments. (x / Foto: industrieblick / stock.adobe.com)


Mehr Solidarität und Verteilungsgerechtigkeit 

Außerdem soll die EU verstärkt aktiv werden, um die gesundheitspolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten besser zu koordinieren und zu ergänzen. Unter anderem wird eine zentralisierte Steuerungsstruktur empfohlen, um mehr Transparenz in die Vertriebsketten zu bringen. Eine neue Stelle für den Umgang mit Versorgungsstörungen soll eine europäische Strategie festlegen, um solche Störungen künftig zu verhindern und zu beheben. Darüber hinaus fordert der Bericht die Mitgliedstaaten auf, bewährte Verfahren bei der Bestandsverwaltung auszutauschen und koordinierte Gesundheitsstrategien zu entwickeln. Sie sollen systematisch auf eine Politik der gemeinsamen Beschaffung zurückgreifen, um die Kosten für bestimmte Ausrüstungsgegenstände und Arzneimittel niedrig zu halten.

Außerdem soll die Kommission eine europäische Reserve für Arzneimittel von strategischer Bedeutung nach dem Vorbild des RescEU-Mechanismus schaffen. Diese soll als „europäische Notfallapotheke" fungieren und Engpässe minimieren. Ein neuer Verteilungsmechanismus soll dafür sorgen, dass alle Mitgliedstaaten gleichberechtigten Zugang zu der Reserve haben.

Mehr Transparenz und Flexibilität in der Vertriebskette

Die in den Mitgliedstaaten verfügbaren Arzneimittelbestände sollen nach den Vorstellungen des Ausschusses in Zukunft in Echtzeit verwaltet werden – auch um „Überbestände“ zu vermeiden. In Krisenzeiten wünschen sich die EU-Abgeordneten mehr Flexibilität. So sollen gegebenenfalls unterschiedliche Verpackungsformen für Arzneimittel, Wiederverwendungsverfahren, eine Verlängerung der Verfalldaten oder auch die Verwendung von Tierarzneimitteln ermöglicht werden. Weiterhin fordern sie innovative digitale Instrumente für den Austausch von Informationen über Engpässe und medizinische Ausrüstung in den Mitgliedstaaten. Für Arzneimittel, die auf dem Gebiet der Union verkauft werden, sollen in allen Sprachen der EU zugängliche elektronische Beipackzettel erstellt werden.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Sanktionen

von Holger am 12.08.2020 um 13:16 Uhr

Pragmatischer Vorschlag:
Wer als Pharmazeutischer Unternehmer, ausgenommen selbstverständlich Situationen mit stark steigender Nachfrage, über mehr als 4 Wochen nicht liefern kann, verliert die Lizenz für die Vermarktung des entsprechenden Produkts. Es muss so massiv wehtun, dass die findigen jungen Betriebswirte in den Vorstandsetagen lieber über sichere Versorgung als über cost cutting nachdenken.

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