Bundesrat

Kommt eine Corona-Impfpflicht in der Schweiz?

Stuttgart - 10.07.2020, 07:00 Uhr

Auch ohne Corona-Impfstoff macht sich die Schweiz schon einmal Gedanken über eine mögliche Impfpflicht. (x / Foto: imago images / Ralph Peters)

Auch ohne Corona-Impfstoff macht sich die Schweiz schon einmal Gedanken über eine mögliche Impfpflicht. (x / Foto: imago images / Ralph Peters)


Bereits im Epidemiegesetz: Impfpflicht „bei gefährdeten Bevölkerungsgruppen“

Und neben Maßnahmen gegenüber einzelnen Personen und der Bevölkerung, kann der Bundesrat bereits nach dem Epidemiegesetz anordnen, dass Ärzte bei der Bekämpfung übertragbarer Krankheiten mitzuwirken haben und: „Impfungen bei gefährdeten Bevölkerungsgruppen, bei besonders exponierten Personen und bei Personen, die bestimmte Tätigkeiten ausüben, für obligatorisch erklären.“

Auf diese „Obligatorische[n] Impfungen“ geht Artikel 22 Epidemiegesetz nochmals genauer ein: „Die Kantone können Impfungen von gefährdeten Bevölkerungsgruppen, von besonders exponierten Personen und von Personen, die bestimmte Tätigkeiten ausüben, für obligatorisch erklären, sofern eine erhebliche Gefahr besteht“, liest man schon seit Jahren im Epidemiegesetz. Was ist also der akute „Aufreger“ bei Corona?

Der Teufel steckt im Detail: Impflicht nur für „besonders Gefährdete“ oder für alle?

Im Corona-Gesetz fehlt ein Zusatz: „gefährdete Bevölkerungsgruppe“. Ist also wirklich eine Corona-Impfpflicht für alle „geplant“? Christoph Pfluger, ebenfalls Autor bei Inside Paradeplatz, zweifelt in seinem Beitrag „Nicht das Virus startet die zweite Welle, sondern der Bundesrat“, ob die Beschränkung der nun geplanten Möglichkeit zur Corona-Impfpflicht sodann auch „auf gefährdete Bevölkerungsgruppen“ bestehen bleibe: „Obwohl das Gesetz das Obligatorium beschränkt, könnten durchaus alle als ,gefährdet‘ bezeichnet werden“, gibt er zu bedenken.

Ein Viertel „gefährdet“ 

Die „Neue Zürcher Zeitung“ (NZZ) überschlug bereits im Mai im Beitrag „Der Bundesrat könnte eine Impfpflicht beschließen – es droht ein Streit wie zu Gotthelfs Zeiten“ von Daniel Gerny, wie viele Schweizer allein geimpft würden, wenn nur „gefährdete Bevölkerungsgruppen“ oder „besonders exponierte Personen“ berücksichtigt würden. Gerny schreibt: „Rechnet man alle über 65-Jährigen, sämtliche Personen mit Vorerkrankungen sowie das Personal von Spitälern und Pflegeheimen zusammen, wäre wohl weit mehr als ein Viertel der schweizerischen Bevölkerung betroffen.“ Bei Auslegung des Gesetzentwurfs nach Inside-Paradeplatz-Autor Pfluger wäre diese Berechnung ohnehin hinfällig.

„Impfobligatorium“ abhängig von vielen Faktoren

Allerdings, so NZZ-Autor Gerny, – so „eindeutig der Gesetzeswortlaut scheint“ – sei keineswegs klar, was dann tatsächlich passiere, wenn endlich ein Impfstoff vorhanden sei. Gerny beruft sich auf Juristen, denen zufolge der Bundesrat zwar die Impfpflicht beschließen kann, „doch vieles hängt von den Umständen ab, also beispielsweise davon, wie wirkungsvoll ein Serum ist oder wie bedrohlich sich die Gesundheitssituation präsentiert“, relativiert der NZZ-Beitrag. Und: Noch ist ohnehin alles Zukunftsmusik – es gibt derzeit keinen COVID-19-Schutz. Und wann der erste auf den Markt kommt, ist aktuell reine Spekulation. Es wird viel geforscht, es gibt zahlreiche Ansätze und potenzielle Kandidaten, doch vieles ist auch noch unklar: zum Beispiel, ob durch die in Studien eingesetzten Vakzinen produzierten Antikörper überhaupt vor Corona schützen oder wie lange eine mögliche Immunität anhält.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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