Ergebnisse der DAZ.online-Umfrage

Apotheke und Familie: Ohne private Hilfe in der Kinderbetreuung geht es oft nicht

Stuttgart - 07.07.2020, 16:30 Uhr

Mit der Oma trotz Corona? Die Großeltern gehören zur COVID-19-Risikogruppe, doch viele waren schon vor der Pandemie auf deren Hilfe in der Kinderbetreuung angewiesen. (x / Foto: Maria Sbytova / stock.adobe.com) 

Mit der Oma trotz Corona? Die Großeltern gehören zur COVID-19-Risikogruppe, doch viele waren schon vor der Pandemie auf deren Hilfe in der Kinderbetreuung angewiesen. (x / Foto: Maria Sbytova / stock.adobe.com) 


Seit Kurzem kehren Schulen und Kitas in den meisten Bundesländern zum „Regel“- oder „Normal“-Betrieb zurück. DAZ.online wollte von seinen Lesern wissen, wie das den Apothekenalltag verändert – also wie dies die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Zeiten von Corona beeinflusst. Die gute Nachricht: Die Apothekerinnen scheinen die Betreuungssituation ihrer Kinder trotz Corona recht gut im Griff zu haben. Ohne private Hilfe scheint es jedoch meist nicht zu gehen.

Insgesamt haben nur 72 Apothekenmitarbeiter an der DAZ.online-Umfrage zur „Kinderbetreuung in Zeiten von Corona“ teilgenommen. Vielleicht ist das ein gutes Zeichen und die Betreuungssituation (wieder) so gut geregelt, dass es kaum Anlass gibt, sich öffentlich dazu zu äußern? DAZ.online hatte die Umfrage gestartet, weil an die Redaktion herangetragen worden war, dass das Problem der Kinderbetreuung in den Apotheken immer noch groß sei. So hätten die Kitas (und Schulen) nun zwar wieder geöffnet – die Öffnungszeiten sollen teilweise aber dazu führen, dass die Apothekenmitarbeiter fast noch unflexibler eingesetzt werden können als während der Zeit, zu der es noch die Corona-Notbetreuung gab. Viele Mitarbeiter/innen könnten damit nachmittags momentan gar nicht mehr arbeiten, machte eine Apothekerin aus der Praxis aufmerksam. Auf Nachfrage bei der Adexa-Rechtsberatung hieß es, dass Probleme mit der Kinderbetreuung zwar immer mal wieder Thema seien, die Mitglieder aber „zum großen Teil sehr kreativ zu sein“ scheinen, was Lösungen in diesem Bereich angeht. 

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Diesen Eindruck bestätigt nun auch die DAZ.online-Umfrage. Sie zeigt aber auch, dass die Situation nicht ideal ist oder war. Auch im persönlichen Gespräch zur Umfrage mit Krankenhausapothekerin Martina Kroneisen, die zugleich Kommunikations- und Gesundheits-Coach ist, wurde DAZ.online deutlich, wie sehr das Thema Kinderbetreuung nicht nur die berufstätigen Eltern, sondern auch die Arbeitgeber in Zeiten von Corona beschäftigt hat. In ihrer Tätigkeit als Coach sei deutlich geworden, welche Priorität auch die Arbeitgeber in Krisensituationen wie der Corona-Pandemie plötzlich privaten und individuellen Themen einräumen müssten, so Kroneisen. Ganz viel Organisation und Kommunikation seien dann gefragt.

Doch wie ist es nun konkret um die Vereinbarkeit von Apotheke und Familie in Deutschland in Zeiten von Corona bestellt?

97 Prozent der Teilnehmerinnen sind weiblich

Das erste auffällige Ergebnis der DAZ.online-Umfrage dürfte sein: von 72 Teilnehmern sind 70 weiblich (97 Prozent). Insgesamt liegt der Frauenanteil in der Pharmazie bei 71 Prozent, in öffentlichen Apotheken bei 73 Prozent. Dieses Ergebnis scheint also nicht allein dem hohen Frauenanteil in der Pharmazie an sich geschuldet zu sein. Rund 67 Prozent der Umfrageteilnehmerinnen arbeiten als angestellte Apothekerinnen, es haben absolut aber auch 8 Filialleiterinnen, 9 Apothekeninhaberinnen, 6 PTA und eine PKA an der Umfrage teilgenommen.

Die meisten Antworten kamen mit 20 Stimmen aus Nordrhein-Westfalen. Dort werden laut dpa (Deutsche Presse-Agentur) alle Kita-Kinder wieder betreut – allerdings mit weniger Stunden pro Woche als normal. In Nordrhein-Westfalen sind seit dem 29. Juni Sommerferien. Viele Umfrage-Teilnehmerinnen kommen außerdem aus Baden-Württemberg (14) und Bayern (11). Außer Sachsen-Anhalt waren alle Bundesländer mit mindestens einer Stimme vertreten. 

Rund 69 Prozent der Teilnehmerinnen arbeiten in Teilzeit

In Baden-Württemberg sollen laut dpa alle Schüler zumindest zeitweise wieder Präsenzunterricht erhalten. Die Kitas können wieder vollständig öffnen. Auch für die letzten Schüler in Bayern gibt es wieder Präsenzunterricht an den Schulen. Alle Kinder dürfen zurück in Kindergärten und Krippen. Und ebenso kehren Kitas und Schulen in Sachsen-Anhalt zu einem regulären Betrieb zurück: Grundschüler und Kitakinder kommen täglich in die Kitas und Grundschulen, an weiterführenden Schulen gibt es Wechselmodelle aus Präsenzunterricht und Distanzlernen. 

Insgesamt haben die Frage nach dem Bundesland nur 70 Teilnehmer beantwortet. Von diesen 70 gaben wiederum 48 an, in Teilzeit zu arbeiten, während 22 (31 Prozent) in Vollzeit tätig sind. Lässt sich die Kinderbetreuung also oft nur in Teilzeit mit der Arbeit in der Apotheke vereinbaren?

Rund 23 Prozent haben noch Schwierigkeiten bei der Kinderbetreuung

Im Schnitt haben die Umfrageteilnehmer zwei Kinder. Niemand von ihnen gab an, mehr als drei Kinder zu haben. Doch nun zur entscheidenden Frage: Wie sehr wird die Arbeitskraft in der Apotheke nun durch all die Faktoren rund um die Kinderbetreung in Zeiten von Corona (noch) eingeschränkt? Von den 69 Teilnehmerinnen gaben rund 48 Prozent an, dass ihre Arbeitskraft zwar eingeschränkt sei – aber in einem „für alle erträglichen Maß“. Rund 29 Prozent gaben sogar an, dass ihre Arbeitskraft durch die Bedingungen der Kinderbetreuung „gar nicht“ eingeschränkt werde. Bei rund 16 Prozent sei sie jedoch weiterhin stark eingeschränkt, bei circa 7 Prozent sogar noch „schlimmer als zu Zeiten der Notbetreuung“.

Welche Faktoren bei oft unterschiedlichen Lebenssituationen eine Rolle spielen können, geht teilweise aus den Kommentaren hervor: „Die Kita schließt um 15.00 Uhr. Die Apotheke schließt um 18.30 Uhr“, heißt es da etwa. Aber auch: „Ehemann fängt Betreuung komplett auf, arbeitet dafür im Home Office teilweise bis in die Nacht.“ In einem weiteren Kommentar heißt es, dass zur Zeit keine neuen Au-pairs zu bekommen seien, was schwierig sei, vor allem weil Ferienprogramme entfallen. Andernorts wurde die Kita-Eingewöhnung kurzerhand auf Oktober verschoben, findet die Betreuung nur an vier Tagen statt oder der Kindergarten schließt früher. Und auch in Baden-Württemberg, in dem eigentlich vieles wieder so gut wie beim Alten sein soll, läuft offenbar nicht alles rund:


In Baden-Württemberg hatten Apotheker keinen Anspruch auf die Notbetreuung, wenn der Partner nicht auch in einem systemkritischen Beruf tätig war. Dies war bis zum Einführen des eingeschränkten Regelbetriebs bereits schwierig. Und der jetzt stattfindende Regelbetrieb von ein paar Stunden am Tag ist nur schwer mit den Öffnungszeiten der Apo koordinierbar. Dabei handelt es sich doch bei den Apothekenberufen um besonders familienfreundliche Berufe ;-).“

Anonymer Kommentar zur DAZ.online-Umfrage


Ein Kommentar bringt die Situation schließlich vielleicht auf den Punkt: „Durch Teilzeit und Flexibilität des Arbeitgebers können die fehlenden Betreuungsmöglichkeiten (noch) ausgeglichen werden.“ Unterstrichen wird dieses Statement durch die 68 Antworten auf die letzte Frage: Ist die Situation ohne eine private Kinderbetreuung (zum Beispiel Großeltern) überhaupt zu meistern? Rund 32 Prozent gaben an, dass sie es schaffen – die öffentlichen Betreuungsmöglichkeiten also ausreichen. Rund 68 Prozent gaben aber an, dass sie es nur mit Hilfe schaffen.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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