BMG kooperiert mit Krankenhausapothekern

ADKA sorgt für ausreichend Midazolam während Corona-Pandemie

Stuttgart - 07.07.2020, 09:00 Uhr

Auch die Apotheke des Universitätsklinikums Erlangen unterstützt die Versorgung mit Midazolam und stellt das intensivmedizinisch wichtige Arzneimittel selbst her. (s / Foto: UK Erlangen)

Auch die Apotheke des Universitätsklinikums Erlangen unterstützt die Versorgung mit Midazolam und stellt das intensivmedizinisch wichtige Arzneimittel selbst her. (s / Foto: UK Erlangen)


Arzneimittel-Engpässe sind seit Jahren ein Problem, die Corona-Pandemie verschärft sie zusätzlich. Knapp sind dadurch vor allem intensivmedizinische Arzneimittel wie Propofol, Midazolam und Noradrenalin. Der Bedarf erhöhte sich durch die Versorgung von COVID-19-Patienten und ein Mehrgebrauch wird auch künftig erwartet. Was tun? Bei Midazolam springen nun die Krankenhausapotheken in einer einmaligen Gemeinschaftsaktion mit dem Bundesgesundheitsministerium in die Bresche.

Die Corona-Pandemie fordert einiges, unter anderem die Versorgung von beatmungspflichtigen und schwer an COVID-19 Erkrankten – von ärztlicher und pflegerischer Seite und auch mit intensivmedizinischen Arzneimitteln. Bereits im April – beim telefonischen Jour Fixe zu Liefer- und Versorgungsengpässen – rechnete das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) damit, dass sich der Bedarf an Arzneimitteln in der Intensivmedizin bei Vollauslastung aller Intensivbetten um den Faktor 2,5 erhöhen wird.

Eine Taskforce, bestehend aus ADKA, AMK, BfArM, DKG, Pro Generika und AWMF, wurde damals berufen, um Konzepte zur Vermeidung von intensivmedizinischen Versorgungsproblemen zu entwickeln. Konkret erstellten die Zuständigen eine Liste mit etwa 20 für die intensivmedizinische Versorgung relevanten Wirkstoffen – mit dabei auch die Wirkstoffe Propofol, Midazolam und Norepinephrin.

Hersteller und BfArM (Teil 1 von 2)

Wird Propofol wirklich knapp?

Eine Liste erstellen ist eine Sache, allerdings schafft dies noch lange nicht die benötigten Arzneistoffe herbei. Hier hat der Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) nun die Initiative ergriffen: In einer einzigartigen Entlastungsaktion gemeinsam mit dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) wollen die Krankenhausapotheker die Midazolam-Versorgung sichern.

1,6-fach erhöhter Midazolambedarf erwartet

Warum ausgerechnet Midazolam? In einer Mitteilung der ADKA erklärt deren amtierender Präsident und Leiter der Universitätsklinikapotheke Erlangen, Professor Frank Dörje: „Die Taskforce stellte insbesondere für die Wirkstoffe Propofol, Midazolam und auch Noradrenalin eine akut schwierige Liefersituation fest. Während die pharmazeutische Industrie für Propofol und Noradrenalin offensichtlich kurzfristige Produktionserhöhungen umsetzen kann, sieht das aktuelle Lagebild für Midazolam i.v. Parenteralia – bei einem geschätzten 1,6-fach höheren Gesamtbedarf (im Vergleich zum Vorjahr, bei einem pandemischen Worst-Case-Szenario) – derzeit sehr angespannt aus.“ Mehrere Firmen hätten gleichzeitig Lieferengpässe oder gar Lieferabrisse teilweise bis Ende September 2020 beim BfArM gemeldet.

Zehn Klinikapotheken stellen Midazolam her

Nun soll ein Netzwerk aus zehn deutschen Krankenhausapotheken mit Schwerpunkt Herstellung die dezentrale Produktion sowie auch bedarfsorientierte Abgabe von Midazolam i.v. anwendungsfertigen Parenteralia-Lösungen für den Einsatz in der Analgosedierung auf deutschen Intensivstationen übernehmen und zentral koordinieren, „um auch kurzfristig einem substantiellen Versorgungsengpass für Midazolam i.v. in Deutschland wirksam zu begegnen“, so die ADKA.

Hergestellt wurden als Defektur-Eigenherstellung Midazolam-haltige Zubereitungen zur parenteralen Anwendung in Konzentrationen von

  • 100 mg Midazolam/ 50 ml und
  • 250 mg Midazolam/ 50 ml Injektionsflaschen

jeweils für die intravenöse Applikation. Den rechtlichen Rahmen dafür bilden laut ADKA-Mitteilung die „Gestattungen der jeweiligen pharmazeutischen Überwachungsbehörden gemäß § 79 Abs. 5 AMG in Verbindung mit § 5 der SARS-CoV-2-Arzneimttelversorgungsverordnung“.

Hergestellt wurde nach dem „Formularium Hospitale Herstellungsvorschriften aus Krankenhausapotheken der ADKA: Monographie Midazolam-Injektionslösung 0,2 Prozent“. Die teilnehmenden Krankenahausapotheken sind: LMU Klinikum München, UK Erlangen, Klinikum Nürnberg, UM Mainz, UK Düsseldorf mit Unterstützung von UK Münster und UK Köln, UK Essen, UK Dresden, UK Halle, UM Rostock, UK SH (Campus Lübeck).

3 Euro pro Injektionsflasche Midazolam

Der ADKA zufolge können für einen Patienten maximal 3.000 Milligramm Midazolam bestellt werden. Dafür müsse die Zahl der COVID-19 Patienten, die gemäß DIVI-Register in dem genannten Krankenhaus aktuell beatmet werden, auf dem Bestellformular angegeben werden. Die anfordernden Apotheken sollten sich aus der Liste der zehn versorgenden Kliniken die logistisch nächstgelegene mit dem benötigten Bestand aussuchen.

Die anfordernde Apotheke organisiert die Abholung bei der herstellenden Krankenhausapotheke und trägt die Logistikkosten. Die ADKA äußert sich auch zu den Kosten der Midazolam-Zubereitungen: „Die Injektionsflaschen werden im Rahmen der BMG-ADKA-Entlastungsaktion zu einem Preis von 3,00 Euro pro Stück (inklusive Mehrwertsteuer) zur Verfügung gestellt.“

Die apothekenrechtliche Verantwortung für die Midazolamlösung trägt in Anlehnung an § 11a Apothekenbetriebsordnung die bestellende und somit abgebende Apotheke.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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