Welche Stoffe dürfen eingesetzt werden?

Konservierung von Rezepturen für Kinder

Stuttgart - 01.07.2020, 15:20 Uhr

Vorsicht bei Propylenglycol und Benzoesäure! (c / Foto: stock.adobe.com / thingamajiggs)

Vorsicht bei Propylenglycol und Benzoesäure! (c / Foto: stock.adobe.com / thingamajiggs)


Mikrobiell anfällige Zubereitungen müssen in der Apotheke üblicherweise konserviert werden. Aber gilt das auch für Kinderrezepturen und welche Konservierungsstoffe dürfen denn dann überhaupt eingesetzt werden?

Selbstverständlich müssen in der Apotheke auch pädiatrische Zubereitungen dahingehend überprüft werden, ob eine Konservierung nötig ist. Wasserfreie Arzneimittel brauchen grundsätzlich nicht konserviert werden, wasserhaltige Zubereitungen gelten aber als mikrobiell anfällig und bedürfen daher des Zusatzes eines Konservierungsmittels. Bei Kindern dürfte das vor allem lipophile und hydrophile Cremes, hydrophile Gele sowie wässrige Lösungen zur Einnahme betreffen. Bei der Auswahl eines passenden Konservierungsmittels müssen üblicherweise die Anwendungsart und der pH-Wert der Zubereitung beachtet werden, bei Kindern kommt zwingend noch das Alter hinzu.

Sorbinsäure für Kinder unbedenklich

Dermatika und Lösungen zur Einnahme sollen vorzugsweise durch Sorbinsäure konserviert werden. Dieses Konservierungsmittel gilt auch für Kinder als unbedenklich. Zur Therapie von Apnoe-Anfällen bei Frühgeborenen kommt beispielsweise eine Coffein-Lösung 10 mg/ml (NRF 3.1.) zum Einsatz. Auch diese Lösung für ganz junge Säuglinge wird mit Hilfe von Sorbinsäure vor mikrobiellem Verfall geschützt.

Die antimikrobiell wirksame Sorbinsäure besitzt nur eine geringe Löslichkeit in Wasser. Aus diesem Grund wird bei der Verarbeitung in Rezepturen meist das gut wasserlösliche Kaliumsorbat eingesetzt. Dieses Salz der Sorbinsäure zeigt selbst keine antimikrobielle Wirkung, wirksam ist nur die bei pH-Werten unterhalb von 5,5 in ausreichender Menge vorliegende Säure. Zur Einstellung eines entsprechenden pH-Wertes wird meist Citronensäure verwendet. Geeignet ist dazu eine Kombination aus 0,14 Prozent Kaliumsorbat und 0,07 Prozent Wasserfreie Citronensäure.

Bei höheren pH-Werten Methyl-4-hydroxybenzoat als Alternative

Bei höheren pH-Werten können gerade orale Zubereitungen auch mit Methyl-4-hydroxybenzoat konserviert werden. Um einen ausreichenden Schutz vor Verkeimung zu gewährleisten, muss die Substanz in einer Konzentration von 1,5 bis 2 mg/ml eingesetzt werden. Im NRF ist unter der Ziffer 34.1. ein Prednisolon-Saft zur Akutbehandlung anaphylaktischer Reaktionen zu finden. Da diese Zubereitung durch einen Phosphat-Puffer auf einen pH-Wert von 7,1 eingestellt ist, erfolgt die Konservierung nicht mit Sorbinsäure sondern mit einem Methyl-4-hydroxybenzoat-Konzentrat 150 mg/ml (NRF S.34.). Dieses Rezepturkonzentrat enthält das Methylparaben gelöst in Propylenglycol und dient zur einfachen Konservierung wässriger Zubereitungen. Bei der Verarbeitung kann das Konzentrat in eine bereits zubereitete Lösung ohne Anwendung von Wärme dazugegeben werden. Zudem hat es gegenüber dem Konservierten Wasser DAC den Vorteil, dass auch Konzentrationen über 0,1 Prozent erreicht werden können. Weiterhin enthält Konserviertes Wasser neben Methyl-4-hydroxybenzoat noch den Ester Propyl-4-hydroxybenzoat. Dieser Propylester darf aufgrund einer östrogenähnlichen Wirkung bei Kindern nicht eingesetzt werden.

Propylenglycol für jüngere Kinder gefährlich

Bei der Verwendung des Methyl-4-hydroxybenzoat-Konzentrates ist allerdings zu beachten, dass das Lösungsmittel Propylenglycol gerade für jüngere Kinder als kritischer Hilfsstoff angesehen wird. Aufgrund einer unzureichenden Verstoffwechselung dieses Alkohols besteht die Gefahr einer Kumulation. Propylenglycol und der daraus gebildete Aldehyd können dann die Blut-Hirn-Schranke überwinden und Krämpfe auslösen. Eine tägliche Applikation von 50 mg Propylenglycol pro Kilogramm Körpergewicht kann bei Kindern unter 5 Jahren daher gesundheitsschädlich sein.

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Zur Konservierung von Dermatika darf Propylenglycol zwar eingesetzt werden, eine Anwendung bei Früh- und Neugeborenen soll aber trotzdem vermieden werden. In dieser Altersgruppe ist die Hautbarriere noch nicht genügend entwickelt und es besteht das grundsätzliche Risiko einer Aufnahme der Substanz über die Haut.

Auch Benzoesäure problematisch

Dermatika und Oralia mit leicht sauren pH-Werten können statt mit Sorbinsäure auch mit Benzoesäure konserviert werden. Zur Verarbeitung dieser Säure in Zubereitungen gilt prinzipiell die gleiche Vorgehensweise wie bei der Sorbinsäure auch. Aufgrund der schlechten Wasserlöslichkeit der Benzoesäure wird das leicht wasserlösliche Salz Natriumbenzoat in Kombination mit Citronensäure zur Konservierung verwendet. Kinder unter 2 Jahren können Benzoesäure allerdings aufgrund einer noch unreifen Enzymaktivität nur unvollständig abbauen. Die Substanz kann sich daher anreichern, und es besteht die Gefahr einer schweren Schädigung des zentralen Nervensystems (ZNS). Eine Konservierung pädiatrischer Zubereitungen zur oralen Anwendung mit Benzoesäure sollte daher grundsätzlich unterbleiben. Eine Konservierung ist nur möglich nach einer Risikobeurteilung hinsichtlich des Alters des Kindes, der täglichen Dosis und der Behandlungsdauer.

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Zur Konservierung pädiatrischer Zubereitungen zum Auftragen auf die Haut oder zur Einnahme ist Sorbinsäure das Mittel der Wahl. Ist ein Einsatz dieser Substanz aufgrund höherer pH-Werte nicht möglich kann auf Methyl-4-hydroxybenzoat zurückgegriffen werden. Ist nur eine kurze Haltbarkeit der Zubereitung nötig und eine Kühllagerung gewährleistet, kann notfalls auch eine unkonservierte Rezeptur hergestellt werden.



Dr. Annina Bergner, Apothekerin, Autorin PTAheute.de
redaktion@daz.online


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