Papierrezept ade?

Gematik legt aktualisierte Spezifikationen für die E-Rezept-App vor

Berlin - 30.06.2020, 13:00 Uhr

Die Gematik singt ein Requiem auf das Papierrezept. (Foto: imago images / Westend61)

Die Gematik singt ein Requiem auf das Papierrezept. (Foto: imago images / Westend61)


Pünktlich zum gesetzlich festgelegten Stichtag veröffentlicht die Gematik jetzt ihre Spezifikationen für die E-Rezept-App. Mit dem Dokumentenpaket mit den Vorgaben zur Weiterentwicklung der Telematikinfrastruktur setzt die mehrheitlich vom Bundesministerium für Gesundheit kontrollierte Gesellschaft zudem weitere Leitplanken für die elektronische Patientenakte sowie für die digitale Kommunikation im Medizinwesen (KIM).

Release 4.0.0 – hinter diesem nüchternen Namen versteckt sich der Grundstein für die weitere Digitalisierung im Gesundheitswesen. Auf Basis dieser Vorgaben soll innerhalb eines Jahres eine Anwendung für das E-Rezept entstehen, die das Papierrezept ablösen wird. „Damit ist ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Versorgung vollzogen“, schreibt die Gematik in einer heute veröffentlichten Pressemitteilung. „Ab Juli 2021 wird das E-Rezept das bisherige Papierrezept im Praxisalltag ablösen.“

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Gematik-Geschäftsführer Markus Leyck Dieken hatte bereits vorab im Interview mit DAZ.online betont, dass die Einführung des E-Rezepts auch für die Apotheken viele Vorteile bringen werde. „Die Rezeptbearbeitung wird vereinfacht“, erwartet er. „Der Apotheker bekommt die E-Rezepte vom Kunden entweder elektronisch direkt ins Warenwirtschaftssystem übermittelt oder liest das E-Rezept über einen Scanner ein, der ebenfalls mit dem Warenwirtschaftssystem verbunden ist. Das vermeidet Eingabefehler, Medienbrüche und letztlich auch Retaxationsfälle.“

Unter den Apothekern hatte insbesondere die angekündigte Verfügbarkeitsanfrage für verordnete Medikamente per App für Unruhe gesorgt. In den Spezifikationen heißt es dazu, der Anwender muss die Möglichkeit erhalten, einzelne Rezepte für eine entsprechende Anfrage zu markieren und eine Textnachricht an die Apotheke zu schreiben. „Die Textnachricht ist optional. Die Informationen zum E-Rezept werden automatisch erzeugt“, stellt die Gematik in den Spezifikationen klar. „Die Information zum verordneten Mittel wird aus dem heruntergeladenen und gespeicherten E-Rezept ermittelt.“

Kommunikation per Textnachricht möglich

Die Auswahl der anzufragenden Apotheke kann entweder per Suchfunktion anhand vom Versicherten festgelegter Kriterien erfolgen oder der Patient wählt eine zuvor von ihm ausgesuchte Stammapotheke aus. Dabei dürfen einzelne Apotheken nicht bevorzugt oder hervorgehoben werden, unterstreicht die Gematik. Hat sich der Anwender für eine Apotheke entschieden, kann er sein E-Rezept über die App dieser verbindlich zuweisen. Auch bei diesem Schritt kann er eine zusätzliche Textnachricht verfassen.

Die Apotheke erhält daraufhin den für die Bearbeitung nötigen Token. Die Kommunikation zwischen Versichertem und Apotheke ist danach weiterhin per Textnachricht möglich. Zudem kann die Apotheke dem Kunden Informationen zur Abgabe im E-Rezept-Fachdienst bereitstellen. „Das ist beispielsweise relevant, wenn ein Arzneimittel substituiert wird“, schreibt die Gematik.

Erste KIM-Zulassung erteilt

Neben den Spezifikationen für das E-Rezept beinhaltet Release 4.0.0 Dokumente zur Weiterentwicklung der elektronischen Patientenakte sowie zur Weiterentwicklung der Kommunikationsplattform KIM. Bereits am gestrigen Dienstag informierte die Gematik, sie habe den ersten Fachdienst für die Anwendung Kommunikation im Medizinwesen (KIM) zugelassen. „Damit ist ein entscheidender Schritt getan, damit der sektorenübergreifende Versand vertraulicher Nachrichten, Daten und weiterer Dokumente wie Arztbriefe, Abrechnungen und elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen Einzug in den Versorgungsalltag halten kann“, heißt es in der Pressemitteilung.

Weitere Zulassungen in Aussicht

Demnach darf die Firma CompuGroup Medical interessierte Leistungserbringer jetzt mit KIM ausstatten. Weitere Anbieter sollen laut Gematik ebenfalls in Kürze eine entsprechende Zulassung erhalten. „Nach der Einrichtung von KIM können über die gewohnten Programme – Praxissoftware/Krankenhausinformationssystem oder E-Mail-Programm – sichere sowie signierte E-Mails und Dokumente gesendet und empfangen werden“, schreibt die Gematik.

Apotheken benötigen für die Anbindung einen E-Health-Konnektor, ein Kartenterminal, einen Institutionsausweis (SMC-B) und einen Heilberufsausweis (HBA). „Liegt ein Heilberufsausweis noch nicht vor, sollte dieser schnellstmöglich bei der jeweiligen Standesorganisation beantragt werden“, betont die Gesellschaft.



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Warum App?

von Beobachter am 30.06.2020 um 15:40 Uhr

Warum wird eine App und damit verbunden ein Smartphone als verpflichtend gemacht? Wenn jemand kein Smartphone hat oder es defekt ist oder der Akku leer oder ... - was dann?
Versichertenkarte und Kartenterminal reicht.
Und dann:
"Apotheken benötigen für die Anbindung einen E-Health-Konnektor, ein Kartenterminal, einen Institutionsausweis (SMC-B) und einen Heilberufsausweis (HBA). „Liegt ein Heilberufsausweis noch nicht vor, sollte dieser schnellstmöglich bei der jeweiligen Standesorganisation beantragt werden“, betont die Gesellschaft."
Die Holländer haben weder noch. Das sind Versandhäuser und die haben keine Standesorganisation.

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Holländer

von Arnulf Diesel am 30.06.2020 um 18:55 Uhr

Die Holländer bekommen die Ausweise direkt von der Gematik (50% im Bundesbesitz), es ist nämlich politisch gewollt.

AW: Warum App

von Heiko Barz am 01.07.2020 um 18:29 Uhr

Heißt denn hier 50% der Gematik im Bundesbesitz oder im Besitz des Bundesgesundheitsminiserium? In dem Fall dürfen wir uns wirklich nicht mehr wundern.

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