Delegiertenversammlung Bayern

Resolution: VOASG noch dieses Jahr und absolute Rx-Gleichpreisigkeit

München - 26.06.2020, 13:00 Uhr

BLAK-Justiziar und stellvertretender BLAK-Geschäftsführer Klaus Laskowski: Der Politik und den Juristen in den Ministerien viele Möglichkeiten offen halten. (c / Foto: Schelbert)

BLAK-Justiziar und stellvertretender BLAK-Geschäftsführer Klaus Laskowski: Der Politik und den Juristen in den Ministerien viele Möglichkeiten offen halten. (c / Foto: Schelbert)


In Bayern war sich die Kammerversammlung heute einig: Das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) muss so schnell wie möglich ins parlamentarische Verfahren eingebracht werden. Darüber hinaus muss das VOASG eine absolute Gleichpreisigkeit für Rx-Arzneimittel garantieren – und zwar für alle GKV- und PKV-Patienten sowie die Selbstzahler. Geht das nur mit einem Rx-Versandverbot? In der Diskussion eröffnete Kammerjustiziar Klaus Laskowski auch weitere mögliche Perspektiven.

Die Zeit drängt. Durch die Corona-Krise haben sich viele Gesetzgebungsverfahren verzögert. Der Entwurf für das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) wurde zwar schon vor der Pandemie vom Kabinett beschlossen, doch die Abstimmung mit der EU-Kommission stockt seit Monaten. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte im vergangenen Sommer angekündigt, das im VOASG verankerte Rx-Boni-Verbot von der Kommission prüfen zu lassen: Ist die vorgesehene Regelung im Sozialrecht europarechtskonform oder nicht?

Die Begutachtung durch die EU-Kommission ist dabei maßgeblich auf Wunsch des Koalitionspartners SPD entstanden. Das betonte Verbandschef Hans-Peter Hubmann auf der Kammerversammlung der bayerischen Delegierten am heutigen Freitag in München. Wer weiß – wenn es den Umweg über die Kommission nicht gegeben hätte, wäre das VOASG vielleicht schon beschlossene Sache.

Doch die Sozialrechtsregelung ist nicht unumstritten: Sie gilt für den Bereich der gesetzlichen Krankenkassen und klammert somit alle Privatversicherten und Selbstzahler aus. Für diese Patientengruppen gibt es dann de facto keine Gleichpreisigkeit mehr im Rx-Bereich. Spahn hatte bis zuletzt gehofft, dass Boni auch für diesen Bereich ausgeschlossen werden können. Doch ein höchstrichterliches Urteil machte ihm einen Strich durch die Rechnung.

Hinzu kommt, dass im aktuellen VOASG-Entwurf auch § 78 Abs. 1 Satz 4 des Arzneimittelgesetzes ersatzlos abgeschafft werden soll, der die Rx-Preisbindung für die EU-Versender vorschreibt. Zwar läuft wegen dieses Passus aktuell ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland, doch Rechtsexperten warnen vor einer Streichung, da so ein weiteres EuGH-Verfahren zur deutschen Arzneimittelpreisbindung unwahrscheinlicher werde. Auch könnte der Anschein erweckt werden, der deutsche Gesetzgeber hätte sich den Rx-Boni der EU-Versender abgefunden.

Die Resolution: Kurz, knapp und deutlich

In Bayern wurde heute lange und intensiv darüber diskutiert, wie man eine entsprechende Resolution an den Bundesgesetzgeber am besten formuliert. Markant: Die Tischvorlage für die Delegierten enthielt einen ersten Entwurf mit nur einer halben Seite Text. Zu Erinnerung: In Nordrhein formulierten die Standesvertreter ihre Bedenken und Forderungen vergangene Woche auf drei Seiten. Doch im Süden der Republik führten bereits die vorgegebenen vier Sätze zum regen Austausch in der Kammerversammlung. Wirkt der Appell zu selbstbewusst oder zu lasch? Warum benennt man nicht konkret das Rx-Versandverbot als Alternative? Was bedeutet Arzneimittelversandhandel nach „europarechtlich gebotenem Maß“?

Die Delegierten waren sich einig, man solle das Gesetzgebungsverfahren weiterhin „konstruktiv-kritisch“ begleiten, so wie es der Deutsche Apothekertag 2019 beschlossen hatte. Das bedeute, den eigenen Standpunkt klar zu kommunizieren, ohne auf Formulierungen zurückzugreifen, die den Leser abstoßen könnten. Dazu gehöre beispielsweise, ein Rx-VersandVERBOT zu fordern, mahnte BAV-Chef Hubmann. Auch juristisch gesehen wäre es geschickt, so Kammerjustiziar Klaus Laskowski, der Politik und den Juristen in den Ministerien viele Möglichkeiten offen zu halten.

Wie geht Geleichpreisigkeit für alle?

Erst wenn das VOASG so bald wie möglich in das parlamentarische Verfahren eingebracht werde, könnte auf die Regelungen von Apothekerseite nochmal Einfluss genommen werden. So zielen die bayerischen Delegierten darauf ab, dass mit dem Gesetz eine entsprechende Regelung in Kraft treten muss, die eine Rx-Gleichpreisigkeit für GKV, PKV und Selbstzahler garantiert. Wie das gelingen soll? Beispielsweise mit der Rückführung des Arzneimittelversandhandels auf das europarechtlich gebotene Maß, also ein Rx-Versandverbot. Doch Jurist Laskowski schließt auch weitere Möglichkeiten nicht aus. So könnten die Privatversicherten über ein geplantes Omnibus-Gesetz in die Preisbindung inkludiert werden. Außerdem sollte erwirkt werden, dass es nicht zur Streichung von § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG kommt, in dem die Rx-Preisbindung für die EU-Versender vorgegeben ist.

Einstimmig wurde schließlich die Resolution verabschiedet. Kammerpräsident Thomas Benkert hatte diese einleitend als „klares Votum nach Berlin“ benannt und der Appell sei – typisch bayerisch – „kurz, knapp und deutlich“.

Wortlaut der Resolution vom 26. Juni 2020:

„Wie wichtig der Erhalt der flächendeckenden Versorgung durch die Apotheke vor Ort vor allem mit Arzneimitteln ist, ist jedem in diesem Land im Verlauf der Corona-Pandemie überdeutlich geworden.

Die bayerischen Apothekerinnen und Apotheker fordern deshalb den Gesetzgeber auf, noch in diesem Jahr da Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken (VOASG) zu verabschieden. Mit diesem ist auch zu regeln, dass der einheitliche Apothekenabgabepreis für alle verschreibungspflichtigen Arzneimittel (GKV, PKV, Selbstzahler) gilt.

Sollte dies nicht geschehen, muss schnellstmöglich eine mindestens gleichwertige Alternative wie z.B. die Rückführung des Versandhandels mit Arzneimitteln auf das europarechtlich gebotene Maß verabschiedet werden.“



Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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2 Kommentare

.

von Anita Peter am 26.06.2020 um 13:23 Uhr

Wieviele Resolutionen haben wir jetzt eigentlich seit Oktober 2016 verabschiedet?

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: .Wieviele ?

von Mathias Mallach am 26.06.2020 um 13:37 Uhr

Zählen wir doch einfach die erlogreichen und nehmen uns für den Rest der drei Sekunden frei.

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