Interview mit Emmi Zeulner

Zeulner (CSU): „Es gibt gute Gründe für das Rx-Versandverbot“

Berlin - 17.06.2020, 07:00 Uhr

Die Arzneimittelproduktion zurück nach Europa holen und gleichzeitig die Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten EU-Versendern überlassen? Das passt nicht zusammen, findet die CSU-Bundestagsabgeordnete Emmi Zeulner. (s / Foto: imago images / Christian Spicker)

Die Arzneimittelproduktion zurück nach Europa holen und gleichzeitig die Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten EU-Versendern überlassen? Das passt nicht zusammen, findet die CSU-Bundestagsabgeordnete Emmi Zeulner. (s / Foto: imago images / Christian Spicker)


Ist das RxVV politisch machbar?

DAZ.online: Es gibt ja weiterhin juristische Zweifel am Rx-Versandverbot, auf die auch Minister Spahn immer wieder verwiesen hat. Wie gehen Sie damit um?

Zeulner: Ich bin mir sicher: Jede Lösung, die wir finden und vorschlagen, wird letztlich beklagt. Deswegen würde ich es versuchen und es auf ein weiteres Verfahren ankommen lassen. Es wird dann die entscheidende Aufgabe sein, den Gerichten genügend Argumente für eine Legitimität des Versandhandelsverbots vorzulegen. Entscheidend ist, dass deutlich wird, dass wir in Deutschland bei der Arzneimittelversorgung ein komplexes ineinandergreifendes nationales System haben, das den Gesundheitsschutz der Bevölkerung als obersten Schutzzweck hat. Hier ist es meiner Ansicht nach ein berechtigtes nationales Interesse, dass der Zugriff der EU in unser Gesundheitssystem eingeschränkt wird. 

DAZ.online: Es bleiben aber die Widerstände in der Koalition und selbst in Ihrer eigenen Fraktion. Herr Spahn hat mehrfach klargestellt, dass mit ihm das Verbot nicht machbar sei.

Zeulner: Sowohl Gesundheitsminister Spahn und ich als auch die Unions- und die SPD-Fraktion haben eine feste, gemeinsame Grundlage: Es ist von allen anerkannt, dass die inhabergeführte Apotheke vor Ort ein wichtiger Bestandteil der flächendeckenden Versorgung ist und geschützt werden sollte. Die berufsethische Gemeinwohlverantwortung der Apotheker liegt unserem System zugrunde. Wir sind uns auch einig, dass wir die solidarischen Grundprinzipien unseres Gesundheitssystems erhalten wollen – das Gemeinwohl geht vor den Verdienstinteressen Einzelner, daher auch die Festpreisbindung. Wenn es um das Rx-Versandverbot geht, stelle ich fest, dass viele Fraktionskollegen diese Position weiterhin unterstützen. Und auch bei der SPD haben sich viele Landespolitiker bereits für das Verbot ausgesprochen. Dazu kommt, dass auch der Bundesrat im letzten Jahr mehrheitlich für ein Versandhandelsverbot gestimmt hat.

DAZ.online: Was werden Sie jetzt weiter unternehmen?

Zeulner: Wir werden das Thema koalitionsintern diskutieren. Aber ich bin mir sicher, dass es zumindest in meiner Fraktion eine Mehrheit für das Rx-Versandverbot gäbe. Ich möchte in die Debatte einbringen, dass es in dieser Diskussion eben nicht um eine Kleinigkeit geht, wir stehen an einem Scheideweg. Denn wenn wir jetzt unser solidarisches Gesundheitssystem mit Boni-Gewährung verwässern, wird das späteren Generationen auf die Füße fallen. Es lohnt sich für mich daher, bis zum Schluss für das Rx-Versandverbot zu kämpfen.

DAZ.online: Frau Zeulner, wir danken Ihnen für das Gespräch!



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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12 Kommentare

Tacheles reden

von Gunnar Ott am 17.06.2020 um 15:32 Uhr

Frau Zeulner, herzlichen Dank für ihre deutlichen Worte und ihren Einsatz für die Präsenzapotheke! Es ist höchste Zeit dass Herr Spahn Gegenwind zu spüren bekommt, schlimm genug, dass sich unsere kuschende Standesvertretung nicht daran beteiligt. Es spricht nichts gegen ein Rx-Versandverbot, drei Viertel aller EU-Mitgliedstaaten verbieten schließlich den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln. Warum soll das in Deutschland nicht möglich sein?? Die fadenscheinige Argumentation von Herr Spahn gegen das Verbot und die Halbherzigkeit seiner Handlungen zeigen deutlich seine Verbindung zum Versandhandel und dienen nur dem Schutz persönlicher Interessen und nicht dem Gemeinwohl. Für einen Minister ist diese Haltung absolut inakzeptabel. Hochmut kommt vor dem Fall...

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DocMorris-Connections

von Thomas Eper am 17.06.2020 um 13:24 Uhr

Sachliche Argumentation zählt hier nicht.
Was hier zählt sind die Kontakte von Spahn zu DocMorris.

Hier werden auf Kosten deutscher Apotheken Seilschaften beim ausländischen Kaptal gepflegt.

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AW: DocMorris-Connections

von Conny am 17.06.2020 um 15:44 Uhr

Ich verstehe auch nicht warum Spahn so von der Enthüllungspresse geschont wird. Liegt vielleicht an seinem Mann. Amthor ist da schlechter dran. Ps: alles friedlich geschrieben, kein Grund zur Löschung.

Schöne Worte

von Roland Mückschel am 17.06.2020 um 11:52 Uhr

Koalitionsinterne Diskussion.
Endlich, das gibt mir Hoffnung.
Die haben sich mit diesem Thema offenbar nie
befasst.

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AW: Schöne Worte

von Anita Peter am 17.06.2020 um 11:59 Uhr

Falsch. Das ist wie beim DAT. Spahn will zum Diskutieren kommen, das Ergebnis steht aber schon vorher fest.

AW: Frau Peter

von Roland Mückschel am 17.06.2020 um 12:28 Uhr

Meinen Sie? Das wäre aber schofel uns gegenüber.

AW: Schöne Worte

von Heiko Barz am 18.06.2020 um 11:49 Uhr

Ach was, Herr Mückschel, haben Sie den letzte APO-Tag denn verfolgt? Die Redezeiten der „schlangestehenden“ Kollegen waren mit 2 Min. so kurz, dass kaum ein Argument in der nötigen Klarheit vorgetragen werden konnte.
Das war von vornherein mit F.Schmidt und Spahn so vereinbart.
Was sollte dabei berufspolitisch schon Bedeutsames herauskommen??

Die Zukunft wird hoffentlich ...

von Christian Timme am 17.06.2020 um 8:12 Uhr

Anruf in China: Könnten wir einen Arzt bekommen? ... den Dolmetscher haben wir schon. Ach noch was ... kann der auch die Arzneimittel mitbringen? ...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

.

von Anita Peter am 17.06.2020 um 8:07 Uhr

Es gibt 2 Dinge, warum Menschen wie Spahn un Co. sich nicht hinter die Vor Ort Apotheken stellen: Macht und Geld. Beides haben wir nicht zu bieten.
Der Fall Amthor führt uns nur wieder zu deutlich vor Augen wie das Spiel heutzutage funktioniert. Aktienoptionen und Direktorenpöstchen als Gegenleistung für politisches Engagement.
Es gibt auch andere Politiker, wie hier z.B. Frau Zeulner, aber diese haben eben leider nichts zu melden. Spahn stellt sich gegen den Koalitionsvertrag, gegen den Willen des Bundesrates, er akzeptiert die Ungleichbehandlung von Versendern und Vor Ort Apotheken, er akzeptiert die Aushebelung des FBV usw usw.
Alles wäre mit einem RXVV sofort beendet.

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AW: .Nicht standhaft gebilieben

von Dr. Radman am 17.06.2020 um 11:23 Uhr

So ist das. Hätten die Delegierten auf dem DAT letztes Jahr vor Herrn Spahn nicht gekuscht und auf RXVV bestanden und standhaft geblieben, wären wir jetzt weiter.

AW: .

von Heiko Barz am 18.06.2020 um 11:40 Uhr

Mit Verlaub, Herr Kollege, das glaube ich nicht. Wir als Naturwissenschaftler - und ich hänge das diesmal ganz hoch - haben andere Idealvorstellungen als viele der Medien bekannten Politiker. Dass diese Leute ein eigenständiges Interesse haben, ihre Wiederwahl und auch ein anschließendes lukratives Weiterleben, auf wessen Kosten auch immer, zu generieren, ist nachvollziehbar.
Aber im Gesundheitswesen geht es um wesentlich mehr als nur um Partikularinteressen.
Die Apotheken sind durch staatliche Pressionen über die Maßen von der Politik beeinflußt, sodass sie, um ihrem gesundheitspolitischen auch juristischem Anspruch gerecht zu werden, in besonderem Schutz gesundheitspolitischer Organe zu stehen haben.
Das heißt, GM Spahn weiß ganz genau dass die Deutsche Apotheke, - und ich benutze absichtlich nicht das Wort „Vor Ort“, weil es für mich ein Negativum hat,- bei der Ausführung aller wirtschaftlichen Reserven nicht in der Verfassung ist, die Vorteile der hollandgrezüberschreitenden Pseudoapotheken in irgendeiner Weise zu erarbeiten.
Solange Spahn diesen ihm wohlbekannten Missstand nicht öffentlich anprangert und ändert, nenne ich ihn einen Pharisäer.
Sich in die Medien zu stellen, den Apothekern für ihre Pandemiezusatzarbeit Lob zu spenden und gleichzeitig seine „RX“ Manipulationen in Europa durchzusetzen, beweist seine Absicht, die Tradition der Deutsche Apotheke zu brechen.
Was ihn wirklich treibt, wissen wir, bundesweit unter 10000 Apotheken, die dann freiwerdenden Kapazitäten kapitalorientierten Hedgefonds anzubiedern und dann die Fläche mit Versendern „notversorgen“!
Na dann, Gute Nacht!

RX VV

von Andreas May, ADEXA- Die Apothekengewerkschaft am 17.06.2020 um 7:18 Uhr

Danke Frau Zeulner für diese klaren Worte.
Es geht um die Zukunft der Apotheken , Zukunft der wohnortnahen Versorgung und um die Zukunft der Inhaber*innen und Mitarbeiter*innen die Tag für Tag die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln sicherstellen.

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