Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

14.06.2020, 08:00 Uhr

Die letzte Woche – sie fühlte sich an wie Grüße aus Absurdistan. (Foto: Andi Dalferth)

Die letzte Woche – sie fühlte sich an wie Grüße aus Absurdistan. (Foto: Andi Dalferth)


12. Juni 2020

Die Corona-Pandemie hat uns nicht nur gesundheitlich und nervlich gestresst, sondern auch finanziell. Apotheken mussten investieren in Hygienemaßnahmen wir Plexiglasscheiben, Masken und Schutzausrüstungen für die Mitarbeiter, literweise Desinfektionsmittel, dazu kommen Kosten für Kundenleitsysteme in den Offizinen und eine deutliche Ausweitung des Botendienstes und zum Teil höhere Personalkosten. Rund 1700 Euro haben Apotheken im Durchschnitt bisher investiert – das ergab eine Umfrage des Apothekerverbands Nordrhein unter seinen Mitgliedsapotheken. Hochgerechnet auf die rund 2100 Mitgliedsapotheken des AV Nordrhein ergeben sich allein dort Gesamtkosten von 3,6 Millionen Euro. Mein liebes Tagebuch, das ist eine große Summe Geld, die da einfach mal so floss. Dank an den Apothekerverband Nordrhein, der da initiativ wurde und diese Umfrage durchführen ließ. Wir wissen doch alle: Nur Gutes zu tun, reicht nicht! Wir müssen auch darüber reden, erst recht in der heutigen Zeit.

 

Die Bundesregierung hat ihr dickes Konjunkturpaket beschlossen zur Ankurbelung der Wirtschaft nach Corona. Neben einem Kinderbonus ist u. a. eine temporäre Absenkung der Mehrwertsteuer geplant. Es soll einen “Wumms“ geben, wie Bundesfinanzminister Olaf Scholz sagte. Ab 1. Juli soll die Mehrwertsteuer von 19 auf 16 Prozent bis zum Ende dieses Jahres gesenkt werden. Scholz verspricht sich von einem raschen Inkrafttreten der Absenkung, dass „die Menschen einkaufen gehen und wieder Zuversicht haben“. Ehrlich gesagt, mein liebes Tagebuch, ich hab‘ da meine Zweifel, ob die drei Prozentpunkte wirklich den „Wumms“ bringen. Fraglich, ob die Konsumenten den niedrigeren Mehrwertsteuersatz überhaupt spüren. Und für uns Apothekers könnte die Absenkung der Mehrwertsteuer sogar mit herben finanziellen Verlusten verbunden sein. Daz.online hat bereits ausgerechnet, dass auf die Apotheken eine Einbuße von 12,4 Mio. Euro zukommen könnte (über die Mehrwertsteuerabsenkung ergäbe sich nämlich netto ein höherer Kassenabschlag). Auch der Chef des Deutschen Apothekerverbands, Fritz Becker, warnt vor Millionen-Verlusten für die Apotheken. Und er meint, dass es sich dabei wohl um einen unbeabsichtigten und unerwünschten Nebeneffekt der Mehrwertsteuerabsenkung handeln könnte, den der Gesetzgeber verhindern bzw. ausgleichen kann. Becker: „Genau dazu sind wir im Gespräch mit der Politik.“ Tja, mein liebes Tagebuch, fein! Und nun? Was haben die Gespräche gebracht? Offiziell hört man noch nichts, aber angeblich diskutiere man eine Absenkung des Kassenabschlags von 1,77 auf 1,73 Euro, um den negativen Effekt auszugleichen. Wir sind gespannt.

 

Sie gehen endlich voran, die Gespräche zwischen dem EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn über unser Apothekenstärkungsgesetz. Knackpunkt des Gesetzes – und deswegen ist es überhaupt auf dem Tisch der EU-Kommission gelandet – ist das Rx-Boni-Verbot, das die Gleichpreisigkeit bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln für GKV-Versicherte erhalten soll. Spahn ließ auf Nachfrage wissen, dass die Gespräche „gut und konstruktiv“ verlaufen seien, aber er wolle lieber Ergebnisse als Zwischenstände präsentieren. Heißt im Klartext: wird noch dauern, weiter warten. Aber, immerhin, Spahn lobte uns Apothekers wieder: „Wir haben in der Krise erlebt, wie wichtig die Apotheke vor Ort für die Versorgung ist.“ Und er stellte den Wert der flächendeckenden Versorgung heraus, die Wichtigkeit der Apotheke als erste wohnortnahe Anlaufstelle für die Patienten. Mein liebes Tagebuch, nur mal so angemerkt: Danke für die schönen Worte, aber damit das mal klar ist: Schöne Worte sind kein Ersatz dafür, wenn das Rx-Boni-Verbot vor der EU-Kommission scheitert.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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14 Kommentare

Kosten für Apothekenschutzmassnahmen

von Stephan Garrecht am 15.06.2020 um 9:15 Uhr

Was ist eigentlich mit den versprochenen 250€
die wir bekommen sollten?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Maskenpflicht / MEZIS - Mein Essen zahle ich selbst

von Michael Reinhold am 14.06.2020 um 15:57 Uhr

Was die Maskenpflicht hinterm Tresen betrifft: Diese ist sinnvoll, egal ob man jetzt Plexiglasscheiben hat oder nicht. In einer Apotheke ist es einfach nicht möglich, zu den Kollegen 1,5 Meter Abstand zu halten. Da finde ich die verpflichtende Nutzung von medizinischem Mund-Nase-Schutz sinnvoll. Zumal man ja auch nicht weiß, wo sich die Kollegen am Wochenende aufgehalten haben.

Was die Rewe-Aktion betrifft: Das ist ein Marketing-Gag ähnlich "Greenwashing". Man gibt sich als Unternehmen selbst einen verantwortungsvollen Touch. Das haben auch andere Unternehmen ähnlich gemacht; bspw. hat das Berliner Ruftaxi "Berlkönig" ebenfalls für Corona-Helden kostenfreie Fahrten durchgeführt (natürlich auch hier nicht für Apotheker oder PTAs).
Da muss man sich als Apotheker nicht brüskiert fühlen, weil diese Unternehmen nicht an die Apotheker gedacht haben. Die Ärzte haben da einen Verein namens: "MEZIS-Mein Essen zahle ich selbst".

Offen gesprochen: Als angestellter Apotheker oder als angestellte PTA erkennt man doch am ehesten daran, dass man systemrelevant ist, dass einem der Arbeitgeber einen Corona-Bonus in Höhe von 1500 Euro (oder ähnlich) zukommen hat lassen.

Kein Corona-Bonus durch den Arbeitgeber--> kein Corona-Held --> Beruf ist nicht systemrelevant.

» Auf diesen Kommentar antworten | 4 Antworten

AW: Maskenpflicht / MEZIS - Mein Essen zahle

von Hartmut Schmidt am 14.06.2020 um 17:50 Uhr

Sie schon wieder

AW: Maskenpflicht / MEZIS - Mein Essen zahle

von Anita Peter am 15.06.2020 um 5:59 Uhr

"Kein Corona-Bonus durch den Arbeitgeber--> kein Corona-Held --> Beruf ist nicht systemrelevant".

So ein Unsinn.

AW: Maskenpflicht / MEZIS - Mein Essen zahle

von Michael Reinhold am 15.06.2020 um 7:23 Uhr

Frau Peter, gemeint ist es so:
Ich verstehe die Aufregung der Apothekerin, von Herrn Ditzel und der DAZ um diesen lächerlichen 5%-Lulli-Werbe-Nachlass bei Rewe nicht. Damit kann ich nichts anfangen. Ich kann auch nichts damit anfangen, dass irgendwelche Leute abends um 21 Uhr an ihrem Fenster sitzen und den Corona-Helfern applaudieren. Mir ist es auch egal, ob die Apotheker in Thüringen "nur" in der Gruppe 2 bei der Kinderbetreuung eingeordnet sind - gemeinsam mit den Polizisten. Ich kann auch mit diesen ganzen zahlreichen "Dankesschreiben" nichts anfangen, egal ob sie nun von Herrn Spahn, vom Präsidenten der Kammer oder von irgendeinem dahergelaufenen Politiker kommen. Und über diese Titelseite der PZ, auf der in großen Buchstaben gönnerhaft "DANKE" stand, haben wir uns ganz herzlich amüsiert.

Das alles bezahlt uns nicht die Miete.

Womit meine Kolleginnen und ich etwas anfangen können, ist diese freiwillige Bonuszahlung, die wir von unserem Vorgesetzten erhalten haben. Daran (und an nichts anderem) merkt man doch, dass man einen wichtigen systemrelevanten Job ausübt und dass dieser Job vom Vorgesetzten gewertschätzt wird. Dafür bin ich meinem Chef sehr dankbar.

Das geht Ihnen doch als selbstständiger Apothekerin genauso. Von diesen ganzen "Dankes"-Aktionen können auch Sie sich nichts kaufen. Auch Sie wollen mehr Geld von der Politik. Das ist relevant. Wir sitzen da im selben Boot.

AW: Maskenpflicht / MEZIS - Mein Essen zahle

von Anita Peter am 15.06.2020 um 11:10 Uhr

Ja wenn Sie Ihre Wertschätzung seitens Ihres Chefs rein an monetären Dingen festmachen, dann sind Sie wirklich unverzichtbar!
Ich kann aus meinen Erlösen schlicht keinen Corona Bonus zahlen. ich hätte aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht schon im April Kurzarbeit anmelden müssen.

@MwSt.-Senkung; DAV/ABDA: Schon mal nachgedacht…??

von Gunnar Müller, Detmold am 14.06.2020 um 13:26 Uhr

Eine Senkung der Mehrwertsteuer soll doch den privaten Konsum anregen: Bei Arzneimitteln? Gehts noch ...??

Und sie soll den (ggf. kurz- oder gar nicht mehr arbeitenden) Steuerzahler entlasten.
Eine – ggf. auch nur temporäre – Senkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel und hier insbesondere auf verschreibungspflichtige Arzneimittel macht doch nur Sinn, wenn es damit taktgleich zu einer entsprechenden Absenkung der KrankenKassen-Tarife und auf diese Weise zu einer Vergünstigungen für die Steuerzahler kommt! Von der ist jedoch überhaupt nicht und nirgendwo die Rede!! (Oder will man sich im Kabinett damit brüsten, die Steuerzahler bei Pille und Viagra zu entlasten…?)

Von einer Senkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel würden somit vor allem die KrankenKassen als Trittbrettfahrer profitieren! Und die gesetzlichen sogar doppelt, da der 130er im SGB V den Apothekenrabatt im Gegensatz zur Regelung im 130a als einen Bruttobetrag ausweist (sic! Wie doof ist das denn?!?)!

Die gesetzlichen KrankenKassen als Mehrfach-Profiteure der Corona – Pandemie: Ist DAS von der Politik gewollt??

Worauf warten also unsere Schlafmützen bei DAV/ABDA noch (und unsere bekanntlich einzige Kandidatin aufs PräsidentInnenamt, unsere allseits ver- und geehrte Kollegin Overwiening!)? Ein besseres Argument dafür, dass Arzneimittel doch eben „Güter ganz besondere Art“ sind, kann es doch wohl kaum geben, oder?

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: @MwSt.-Senkung; DAV/ABDA: Schon mal

von Reinhard Rodiger am 14.06.2020 um 16:10 Uhr

Weshalb sollten sich die genannten ihren "Erfolg" vermiesen lassen durch schnöde Realität ? Einzig belebend wäre ein Gegenkandidat/in.Dann könnte etwas in Gang kommen, was lange überfällig ist.Eine Richtung-/Zukunftsdebatte.

Wir haben alles richtig gemacht ... was wir falsch machen konnten ...

von Christian Timme am 14.06.2020 um 11:07 Uhr

Das Problem besteht darin es nicht zur Gewohnheit werden zu lassen ...

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Es wird nichts mehr passieren

von Dr. Radman am 14.06.2020 um 10:24 Uhr

Mit Herrn Spahn wird niemals ein Bon-Verbot Oder RX-Versand-Verbot geben. Das ist die bittere Wahrheit. Bald ist die Legislaturperiode sowieso vorbei.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Es wird nichts mehr passieren

von Anita Peter am 14.06.2020 um 11:03 Uhr

Doch es wird schon was passieren. Spahn wird seinen ursprünglichen Plan mit 2 Euro Boni für Versender durchdrücken.

pharmacon@home als on(k)lein@lowcom

von Christain Timme am 14.06.2020 um 10:05 Uhr

Klein & fein mit Tonausfall statt big & clear for all ... schon wieder zu viel ... verlangt?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Spahn als Lonbbyist

von Conny am 14.06.2020 um 9:24 Uhr

Jetzt hat Herr Spahn mit Herrn Amthor wenigsten einen Gleichgesinnten.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Schöne Worte verbleichen schnell !

von Ulrich Ströh am 14.06.2020 um 8:44 Uhr

Tja Herr Ditzel,die beste und treffendste Formulierung kommt meist zum Schluss!

Auch in Ihrem heutigen Tagebuch:

Schöne Worte für Präsenzapotheken als Ersatz für das kommende Scheitern des Rx-Boni Verbots vor der EU-Kommission...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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