Rote-Hand-Brief

Tolperison off-Label zu beliebt

Stuttgart - 04.06.2020, 12:30 Uhr

Erneut warnt eine Rote Hand vor dem Off-Label-Einsatz von Tolperison. Seit 2013 darf es nur noch bei Spastizität nach Schlaganfall eingesetzt werden. (s / Foto: Stada)

Erneut warnt eine Rote Hand vor dem Off-Label-Einsatz von Tolperison. Seit 2013 darf es nur noch bei Spastizität nach Schlaganfall eingesetzt werden. (s / Foto: Stada)


2013 erfolgte strenge Indikationsstellung von Tolperison

Zum Hintergrund: Bereits seit 2013 ist die Indikation des Muskelrelaxans stark eingeschränkt. Ein Rote-Hand-Brief informierte im Februar 2013 darüber. Vor 2013 war die Indikation von Tolperison recht breit gehalten: Mydocalm® oder generische Tolperison-Präparate durften bei schmerzhaften Muskelverspannungen, insbesondere als Folge von Erkrankungen der Wirbelsäule und der achsnahen Gelenke eingesetzt werden sowie bei Spastizität aufgrund neurologischer Erkrankungen wie nach einem Schlaganfall. Auf Bestreben des BfArM war jedoch 2011 ein Referral initiiert worden, um das Nutzen-Risiko-Verhältnis zu evaluieren. Das Ergebnis dieser Bewertung war, dass der Nutzen die Risiken nur in einer Indikation überwiegt, nämlich wenn Tolperison zur symptomatischen Behandlung von Spastizität nach einem Schlaganfall bei Erwachsenen eingesetzt wird. Das entspricht der aktuellen Zulassung. 

Ein weiteres wichtiges Risiko, welches damals erkannt worden war, waren Überempfindlichkeitsreaktionen in Zusammenhang mit Tolpersion. Die meisten Überempfindlichkeitsreaktionen waren zwar leichter oder moderater Ausprägung gewesen, jedoch war auch über anaphylaktische Reaktionen bis hin zum anaphylaktischen Schock berichtet worden.

Schwerwiegende bis tödliche Hypersensitivitätsreaktionen

Auch diese Risikowarnung erneuern EMA, BfArM und die Zulassungsinhaber tolperisonhaltiger Arzneimittel aktuell. Patienten, die Tolperison außerhalb der zugelassenen Indikation bei Erkrankungen des Bewegungsapparates muskuloskelettalen Ursprungs erhielten, seien demnach dem Risiko von Hypersensitivitätsreaktion ausgesetzt, ohne dass nach derzeitigem Kenntnisstand ein substantieller Nutzen zu erwarten sei. Und weiter: „Dies ist im Hinblick auf das Risiko für schwerwiegende bis tödliche Hypersensitivitätsreaktionen nicht akzeptabel.“ 

Jedoch sollten auch bei Verordnung von Tolperison in der zugelassenen Indikation Ärzte die Patienten auf das mögliche Risiko von Überempfindlichkeitsreaktionen und die zu ergreifenden Maßnahmen beim Auftreten solcher Reaktionen hinweisen.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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