Umsatzsteuer auf Herstellerabschlag

Sozialgericht Kassel weist 15 AOK-Klagen gegen Apotheken ab

Süsel - 04.06.2020, 15:19 Uhr

Die AOK in Hessen hatte mit ihrem Versuch, per Klage Verjährungsfristen zu unterbrechen, keinen Erfolg: Zu dünn war ihr Vortrag. (x / Foto: imago images / Manfred Segerer)

Die AOK in Hessen hatte mit ihrem Versuch, per Klage Verjährungsfristen zu unterbrechen, keinen Erfolg: Zu dünn war ihr Vortrag. (x / Foto: imago images / Manfred Segerer)


Die AOK Hessen hatte kurz vor dem Jahreswechsel Apotheken verklagt, um die Verjährung von Umsatzsteuerforderungen für 2015 zu unterbrechen. Nun hat das Sozialgericht Kassel die ersten Klagen dieser Art abgewiesen. In einer jetzt veröffentlichten Entscheidung stützt sich das Gericht auf die Argumentation einer beklagten Apotheke, wonach der Klagegegenstand nicht deutlich werde.

Im Dezember 2019 hatten einige Krankenkassen eine offenbar erhebliche Zahl von Apotheken aufgefordert, auf die Einrede der Verjährung zur Umsatzsteuer für das Jahr 2015 zu verzichten. Diese Krankenkassen hatten argumentiert, Umsatzsteuer auf den gesetzlichen Herstellerabschlag entrichtet zu haben, obwohl sie dazu nicht verpflichtet gewesen seien. Sie stützten sich dabei insbesondere auf eine Entscheidung des Finanzgerichts Münster vom März 2018, bei dem es um den innergemeinschaftlichen Erwerb von einer ausländischen Versandapotheke ging. Die Steuerberatungsgesellschaft Treuhand Hannover erklärte dazu jedoch im Dezember 2019, die Umsatzsteuer auf den Herstellerabschlag werde bei dem auf Bundesebene vereinbarten Verfahren für Lieferungen im Inland so verbucht, dass die Krankenkassen damit gar nicht damit belastet würden. 

Dennoch wollten einige Krankenkassen ihre erwarteten steuerrechtlichen Ansprüche vor den Finanzgerichten geltend machen. Damit mögliche Ansprüche für 2015 nicht verjähren, hatten sie vor dem Jahresende 2019 von Apotheken diesbezügliche Verzichtserklärungen gefordert. Darüber hinaus hatten einige Krankenkassen gedroht, die Apotheken noch vor dem Jahreswechsel zu verklagen, wenn sie keine solche Erklärung abgeben. Auch damit sollte die Verjährung unterbrochen werden. Bis Anfang Februar 2020 wurden daraufhin beim Hessischen Apothekerverband etwa 120 Klagen gegen Apotheken in Hessen bekannt. Verbände in anderen Bundesländern berichteten dagegen nur von einzelnen Klagen.

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Nun wurden die ersten Entscheidungen des Sozialgerichts Kassel zu solchen Klagen bekannt. Darin wurden die Klagen der AOK Hessen abgewiesen. Die AOK Hessen erklärte gegenüber DAZ.online, bisher gebe es 15 Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Kassel. Bisher habe nur eine Kammer des Gerichts Bescheide erlassen.

Aus einem dieser Bescheide der 12. Kammer (SG Kassel, 20. Mai 2020, Az.: S 12 KR 955/19) geht hervor, dass allein beim Sozialgericht Kassel 74 Klagen gegen nordhessische Apotheken eingegangen sind. Zugleich hatte die AOK Hessen beantragt, die Verfahren ruhend zu stellen. Die Klagen seien ohne Begründung, nur zur Hemmung der Verjährung anhängig gemacht worden, heißt es in dem Bescheid. Trotz wiederholter Erinnerungen habe die klagende AOK zunächst in keinem der Verfahren reagiert, auch nicht zu den Stellungnahmen der Apotheker.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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