Telematikinfrastruktur

Kammer warnt: TI-Kartenausgabe läuft nicht rund

Berlin - 28.05.2020, 10:20 Uhr

Um ihre Warenwirtschaftssysteme an die Telematikinfrastruktur anzubinden, benötigen die Apotheker zwei verschiedene Karten. Doch die Apothekerkammern berichten nun, dass es Probleme bei der Ausgabe dieser Karten gibt. (Foto: imago images / Panthermedia)

Um ihre Warenwirtschaftssysteme an die Telematikinfrastruktur anzubinden, benötigen die Apotheker zwei verschiedene Karten. Doch die Apothekerkammern berichten nun, dass es Probleme bei der Ausgabe dieser Karten gibt. (Foto: imago images / Panthermedia)


Erst vor wenigen Tagen hat Florian Hartge, Produktionsleiter bei der Gematik, die Apotheker aufgefordert, jetzt möglichst schnell die Karten zur Anbindung an die Telematikinfrastruktur zu beantragen. Die Gematik meint: Alles ist bereit, greift zu! Doch zumindest die Apothekerkammer Berlin sieht das anders. In einem Schreiben an ihre Mitglieder erklärt die Kammer, dass das Antragsverfahren „bundesweit“ noch nicht „rund“ laufe. Das entsprechende Internetportal zur Beantragung der Karten werde daher erst später geöffnet.

Bis zum 30. September dieses Jahres muss jede Apotheke in Deutschland an die Telematikinfrastruktur angebunden sein. Die Apotheker benötigen dafür nicht nur Umstellungen in ihrer Software, sondern auch einiges an neuer Hardware. Konkret müssen ein Konnektor und neue Kartenlesegeräte installiert werden. Zur Authentifizierung benötigen die Apotheker einen E-Heilberufsausweis (HBA). Die Apotheke als Institution braucht zudem eine sogenannte „SMC-B“-Karte, also eine Institutionskarte zur Anmeldung im TI-System.

Zuständig für die Ausgestaltung und den Ausbau der TI ist die vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) kontrollierte Gematik. Im Interview mit DAZ.online hatte Gematik-Produktionsleiter Florian Hartge erst vor wenigen Tagen erklärt, dass er sich über die Apotheker-Standesvertretung gewundert habe, weil diese den Apotheken geraten hatte, mit der TI-Anbindung noch etwas zu warten. Hartge rief die Apotheker in dem Interview dazu auf, sich jetzt schnellstmöglich anzubinden. Zitat Hartge: „Die Apotheker können sich jetzt problemlos die Konnektoren und Kartenlesegeräte bestellen und sollten sich jetzt auch um die Heilberufsausweise und Institutionskarten bemühen.“

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Was die Verteilung der Karten (HBA und SMC-B) betrifft, hatte DAZ.online kürzlich berichtet, dass noch nicht alle Apothekerkammern eine Beantragung zur Verfügung stellen, in etwa zehn Kammern läuft die Verteilung aber schon. Auch hier machte Hartge Druck und erklärte: „Auch hier bin ich zuversichtlich. Wir haben vier Kartenanbieter zugelassen, von denen auch zwei bereits zur Kartenausgabe bereit sind. Und auch hier gilt mein Appell: Sobald es in der jeweiligen Kammer möglich ist, ran an die Karten!“

Kammer Berlin benennt einige Probleme

Ein anderes Bild zeichnet nun die Apothekerkammer Berlin. Die Kammer hatte geplant, dass am 4. Juni dieses Jahres ein Beantragungsportal für beide Karten online gehen soll. Doch das muss nun verschoben werden, weil die Kammer grundsätzliche Probleme sieht. In einem Schreiben an die Mitglieder heißt es: „Die Öffnung des Portals wird verschoben, weil die Erfahrungen anderer Apothekerkammern, die mit dem Beantragungsprozess bereits begonnen haben, zeigen, dass die Systeme an vielen Stellen noch nicht ,rund laufen‘.“ Dies sei bei einer Konferenz der Kammern deutlich geworden.

Kammer Berlin: Probleme werden bald gelöst sein

Laut Berliner Kammer gebe es Berichte, nach denen Prozesse nicht durchführbar seien, „einer Vielzahl von Anfragen der Antragsteller bei den Kammern und den Kartenherstellern, von unberechtigten Schuldzuweisungen, daraus resultierender fehlender Planungssicherheit für die Anbindung durch die Softwarehäuser etc.“. Das Ganze werde „verkompliziert durch eine Gemengelage von Marketingaktivitäten verschiedener Akteure, die zu Stornos bereits begonnener Beantragungsprozesse führen, weil plötzlich ein besseres Angebot in der Post ist“, berichtet die Kammer. Zur Erinnerung: Viele Software-Häuser bieten den Apothekern schon seit Monaten große TI-Komplettpakete an, in denen sowohl die Kartenbestellung als auch die Hardware-Anbindung in der Apotheke als Leistung enthalten sind.

Die Kammer sieht auch bei der Zulassung der Kartenhersteller – ganz im Gegensatz zu Dr. Hartge von der Gematik – noch Probleme. Denn keiner der von der Apothekerkammer Berlin zugelassenen Kartenhersteller habe die Voraussetzungen für die Anbindung beider Karten – Heilberufsausweis (HBA) und Institutionskarte (SMC-B) – an die SOAP-Schnittstelle geschaffen. Über die SOAP-Schnittstelle werden Daten von der Kammer an den vom Antragsteller ausgewählten Kartenhersteller übergeben. Alle sind bemüht, haben aber noch „Baustellen“, erklärt die Kammer Berlin.

Trotzdem ist man in Berlin optimistisch: Die Probleme würden „sicher“ in absehbarer Zeit gelöst sein. Zum weiteren Vorgehen heißt es: „Es ist nach unserer Auffassung aber sinnvoll, das Beantragungsportal erst dann zu öffnen, wenn die Systeme ausreichend stabil laufen. Ansonsten sind vermeidbarer Aufwand, Ärger und Frust vorprogrammiert. Wir werden Sie fortlaufend über die weitere Entwicklung informieren.“

Info-Seite für Apotheker

Sie haben noch Fragen rund um die Anbindung an die Telematikinfrastruktur? Der Deutsche Apotheker Verlag hat eine Info-Seite zur TI-Anbindung gebaut. Unter anderem gibt es dort ein FAQ-Dokument mit den 69 wichtigsten Fragen und Antworten. Hier kommen Sie zur Info-Seite.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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