Schutzimpfungs-Richtlinie

Krankenkassen zahlen Keuchhusten-Impfung für Schwangere

Stuttgart - 22.05.2020, 06:59 Uhr

Die STIKO empfiehlt die Impfung gegen Pertussis für schwangere Frauen zu Beginn des dritten Trimenons, um das Baby vor schweren Keuchhusten-Verläufen zu schützen. Nun sorgt der G-BA für die Erstattung seitens der Krankenkasse. (Foto: New Africa / stock.adobe.com)

Die STIKO empfiehlt die Impfung gegen Pertussis für schwangere Frauen zu Beginn des dritten Trimenons, um das Baby vor schweren Keuchhusten-Verläufen zu schützen. Nun sorgt der G-BA für die Erstattung seitens der Krankenkasse. (Foto: New Africa / stock.adobe.com)


Schwangere sollen sich gegen Keuchhusten impfen lassen. Seit Kurzem empfiehlt die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut die Pertussis-Impfung mit einem Tdap-Kombinationsimpfstoff für werdende Mütter im letzten Trimenon. Dadurch soll das Neugeborene vor Keuchhusten geschützt werden, da das Baby in den ersten Lebenswochen selbst noch nicht geimpft werden kann und besonders gefährdet ist. Nun hat der G-BA die Erstattung der Pertussis-Impfung für Schwangere seitens der Krankenkassen ermöglicht.

„Die STIKO empfiehlt die Impfung gegen Pertussis für schwangere Frauen zu Beginn des dritten Trimenons. Bei erhöhter Wahrscheinlichkeit für eine Frühgeburt sollte die Impfung ins zweite Trimenon vorgezogen werden“, rät die Ständige Impfkommission (STIKO) seit ihrer Sitzung am 4. März 2020. Wichtig ist zudem, dass die Impfung in jeder Schwangerschaft erfolgen soll und auch unabhängig vom Abstand zu vorher verabreichten Pertussisimpfungen. Bislang galt die Impfempfehlung für Frauen im gebärfähigen Alter.

Wozu das Ganze? Auch das definiert die STIKO: „Das Ziel der Pertussisimpfung in der Schwangerschaft ist die Reduzierung von Erkrankungen, Hospitalisierungen und Todesfällen durch Infektionen mit Bordetella pertussis bei Neugeborenen und jungen Säuglingen.“ Die wissenschaftliche Begründung der aktualisierten STIKO-Empfehlung liefert das Epidemiologische Bulletin 13|2020 vom 26. März 2020.

Schwangere und nahes Umfeld sollen sich impfen

Die wissenschaftlich begründete Empfehlung zu einer Impfung ist eine Seite. Für die andere – die Erstattung seitens der Krankenkassen – hat nun der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) den Weg bereitet: Am 14. Mai 2020 beschloss der G-BA die Änderung der Schutzimpfungs-Richtlinie und nahm die neue Empfehlung zum Pertussis-Schutz für Schwangere darin auf. Der G-BA teilt mit, dass man „zusätzlich zur neuen Impfempfehlung für Schwangere […] durch eine Ergänzung der Schutzimpfungs-​Richtlinie klargestellt [hat], dass auch Personen, die zum engen Freundeskreis zählen und dadurch Kontakt zum Neugeborenen haben, neben Familienmitgliedern und betreuenden Personen einen Leistungsanspruch auf eine Pertussis-​Impfung haben“.

Ab wann gilt die geänderte Schutzimpfungs-Richtlinie?

Noch ist die geänderte Schutzimpfungs-Richtlinie (SI-RL) nicht in Kraft. Der G-BA-Beschluss muss zunächst noch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) passieren, die SI-RL tritt sodann nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

Impfung während der Schwangerschaft schützt Baby besser

Die Impfquoten für Keuchhusten sind in Deutschland hoch. Nach Informationen des RKI lag sie 2018 unter Schulanfängern bei 93 Prozent. Dennoch beobachte man „weiterhin zyklische Anstiege von Pertussis im Abstand von vier bis sechs Jahren“, so das Robert Koch-Institut. Seit Ende März 2013 besteht in Deutschland eine bundesweite Meldepflicht für Keuchhusten, jährlich werden bundesweit zwischen 11 und 20 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) übermittelt.

Säuglinge unter sechs Monaten sind besonders gefährdet für komplizierte Verläufe, wobei Säuglinge unter zwei Monaten nach Angaben des RKI den höchsten Anteil von schweren und letalen Verläufen zeigen. Gerade bei Babys kann eine Infektion mit Bordetella pertussis zu Apnoe, Pneumonie, Otitiden, Enzephalopathie und, bedingt durch eine extreme Lymphozytose, auch zu Lungenhochdruck führen. Verschiedene Studien zeigten, dass bei der Mehrzahl schwangerer Frauen in westlichen Ländern die Pertussis-spezifischen Antikörperkonzentrationen sehr niedrig sind, sodass ein Schutz ihrer Neugeborenen vor Pertussis durch diaplazentare Antikörperübertragung in den ersten Lebensmonaten sehr unwahrscheinlich ist. Eine eigenständige Impfung des Säuglings ist erst ab dem zweiten Lebensmonat möglich, die Grundimmunisierung mit vier Impfdosen laut STIKO erfolgt im Alter von zwei, drei, vier und 11 bis 14 Monaten. Hingegen führt eine Keuchhusten-Impfung während der Schwangerschaft zu hohen Antikörperkonzentrationen bei der werdenden Mutter und dem Kind.

Die Impfung der werdenden Mutter zum Schutz des Babys nach der Geburt wird nicht nur bei Pertussis praktiziert. Erst vor kurzem erhielt der Grippeimpfstoff von Sanofi, Vaxigrip Tetra, eine Zulassungserweiterung und ist durch die Impfung von Schwangeren nun auch zur passiven Immunisierung von Säuglingen unter sechs Monaten zugelassen. Somit ist er der einzige tetravalente Grippeimpfstoff mit dieser expliziten Indikation.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Kein Impfstoff vorhanden

von Oellers am 26.05.2020 um 19:29 Uhr

Diese Stiko Empfehlung ist schon ein bisschen länger bekannt und es ist auch toll, dass die Krankenkasse zahlt, jedoch gibt es derzeit keinen Einzelimpfstoff auf dem europäischen Markt. Die Akzeptanz für die Impfung sinkt bei den Schwangeren bestimmt, wenn sie nicht benötigte andere Impfungen mit impfen müssen.

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