Wie Corona die Apothekenwelt verändert (Teil 2)

Botendienste und Telepharmazie-Angebote in vielen Ländern ausgeweitet

Berlin - 22.05.2020, 16:30 Uhr

Nicht nur in Deutschland haben die Apotheken massiv ihre Botendienste ausgeweitet. Ein Blick in andere europäische Apothekenmärkte zeigt, dass sich die Versorgung seit der Coronakrise auch dort geändert hat. (s / Foto: imago images / Lucas)

Nicht nur in Deutschland haben die Apotheken massiv ihre Botendienste ausgeweitet. Ein Blick in andere europäische Apothekenmärkte zeigt, dass sich die Versorgung seit der Coronakrise auch dort geändert hat. (s / Foto: imago images / Lucas)


Zahlreiche Kooperationen mit dem Roten Kreuz

Italien: In Italien wurde die Kooperation zwischen dem Apothekerverband Federfarma und dem Roten Kreuz ebenfalls wegen der Coronakrise ausgeweitet. Für betroffene Patienten, die nicht selbst in die Apotheke gehen können, wurde kurzfristig eine 24-Stunden-Hotline eingerichtet, bei der sich Patienten melden können, die eine Lieferung ihres Arzneimittels nach Hause benötigen. Der Service ist kostenfrei für alle Personen, die älter als 65 Jahre sind, sowie für Patienten, die an Corona-Symptomen leiden oder schon in Quarantäne sind. Das Rote Kreuz benachrichtigt nach der eingegangenen „Bestellung“ die Apotheke, die dem Patienten am nächsten ist. Der Apotheker muss die Medikamente in einer verschlossenen Tüte an den Boten übergeben.

Polen: Der polnische Gesundheitsdienst NFZ hat ein elektronisches Telepharmazie-System entwickelt, das nun in der Coronakrise zur Anwendung kommt. Die Apotheken müssen einen Vertrag mit dem Gesundheitsdienst unterzeichnen, dann können sie an dem System teilnehmen und etwa Online-Bestellungen ihrer Patienten aufnehmen und beliefern. Bei der Online-Bestellung beziehungsweise Übermittlung des Rezepts können die Patienten auch eine Botendienst-Lieferung auswählen, die dann ebenfalls als Auftrag an die Apotheke weitergegeben wird.

Coronavirus SARS-CoV-2

COVID-19-Epidemie

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Portugal: In Portugal wurde ein regionales Telepharmazie-Projekt wegen der Coronakrise landesweit ausgerollt. In zwei Regionen war vor der Krise eine Notfall-Hotline getestet worden, bei der sich Patienten melden können und telepharmazeutisch zu Arzneimitteln beraten wurden. Unter der Nummer 1400 können sich nun Menschen im ganzen Land bei der Hotline melden, wenn sie nicht aus dem Haus können, aber dringend Arzneimittel benötigen. Die Mitarbeiter der vom Apothekerverband betriebenen Hotline verbinden den Kunden mit der nächstgelegenen Apotheke, mit der dann via Telefon auch ein Botendienst vereinbart werden kann. Zusätzlich dazu hat der Apothekerverband eine Kooperation mit der Portugiesischen Post abgeschlossen. Die Post unterstützt Apotheken seitdem bei den Auslieferungen.

Spanien: Auch in Spanien gibt es eine intensivere Zusammenarbeit zwischen den Apothekern und dem Roten Kreuz. Die etwa 200.000 freiwilligen Helfer der Hilfsorganisation stehen derzeit in engem Austausch mit den rund 22.000 Apotheken des Landes. Konkret haben seit dem 27. März Patienten in Quarantäne, mit Mobilitätsproblemen, chronischen Erkrankungen oder Atemwegserkrankungen sowie Patienten mit Diabetes mellitus und Herz-Kreislauf-Erkrankungen Anspruch auf einen Botendienst des Roten Kreuzes. In dem Versorgungsmodell meldet sich der Patient zunächst telefonisch in der Apotheke. Der Apotheker wiederum hat einen lokalen Ansprechpartner beim Roten Kreuz, der die Apotheken-Botendienste in seiner jeweiligen Region koordiniert. Bevor der Bote zum Patienten fährt, muss er sich über die Details beim Apotheker informieren.

Vereinigtes Königreich: Bis zum 1. Juli dieses Jahres gibt es in England einen vom NHS finanzierten Botendienst-Service für Menschen, die sich entweder in Isolation befinden oder zu einer Risikogruppe gehören. Sie haben aber nur Anspruch auf den Dienst, wenn kein Verwandter oder Bekannter die Arzneimittel nach Hause bringen kann. Organisiert werden muss der Botendienst durch die jeweilige Apotheke. Erstmals hat der NHS nun eine zeitlich begrenzte Vergütung für die Dienste festgelegt. Die Zusatzvergütung ist dabei nicht pauschal geregelt, wie etwa in Deutschland. Vielmehr zahlt der NHS gestaffelte, monatliche Abschläge an die Apotheken, deren Höhe sich an der Anzahl der ausgelieferten Arzneimittel berechnet. Für die ersten 100 Botendienste kann der Apotheker demnach gar keine Pauschale berechnen. Bis 2.500 ausgelieferte Arzneimittel lösen eine Vergütung von 34 Britischen Pfund aus. Der höchste Abschlag wird ab etwa 19.000 ausgelieferten Arzneimitteln fällig und beträgt 563 Britische Pfund.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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