SARS-CoV-2-Pandemie

Bayer-Chef rechnet schon bald mit ersten COVID-19-Arzneimitteln

Berlin - 20.05.2020, 14:00 Uhr

Der Bayer Vorstandsvorsitzende Werner Baumann will in der Coronakrise mit Arzneimitteln helfen – Kompensation erwartet er keine. (c / Foto: imago images / Sven Simon)

Der Bayer Vorstandsvorsitzende Werner Baumann will in der Coronakrise mit Arzneimitteln helfen – Kompensation erwartet er keine. (c / Foto: imago images / Sven Simon)


Bayer-Chef Werner Baumann rechnet schon bald mit ersten wirksamen Arzneimitteln gegen Corona-Erkrankungen. „Ich gehe davon aus, dass es in den nächsten Monaten einen Wirkstoff oder mehrere Wirkstoffkombinationen gibt, die den Krankheitsverlauf deutlich abmildern können“, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.

Bevor es einen zugelassenen Impfstoff gegen eine SARS-CoV-2-Infektion gibt, wird es voraussichtlich Arzneimittel geben, um COVID-19-Patienten zu behandeln. Erst kürzlich hatte Karl Broich, Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, erklärt, er rechne noch in diesem Jahr mit einer Arzneimittelzulassung. Nun zeigt sich auch Werner Baumann, Vorstandsvorsitzender des Bayer-Konzerns, zuversichtlich, „dass es in den nächsten Monaten einen Wirkstoff oder mehrere Wirkstoffkombinationen gibt, die den Krankheitsverlauf deutlich abmildern können“. Denn dann lägen die die Ergebnisse mehrerer Studien vor, die derzeit laufen, sagte er in einem Interview mit der FAZ vom heutigen Mittwoch. 

Dabei gehe es um Wirkstoffe, die bereits gegen andere Erkrankungen eingesetzt werden. „Sobald klar ist, welche Wirkstoffe helfen können, wird die wichtige Frage lauten, wie wir die Nachfrage schnellstmöglich weltweit bedienen können. Darauf bereiten wir uns bereits vor“, so Baumann. Zudem müsse man die Krankheitsverläufe besser analysieren, um daraus die richtigen Behandlungsmuster ableiten zu können. „Es geht darum mit den richtigen Behandlungsprotokollen das Virus bestmöglich zu bekämpfen – und damit schwere Verläufe deutlich zu minimieren“.

Unter den derzeit laufenden Studien mit bekannten Medikamenten unterschiedlicher Hersteller sind auch solche mit Bayer-Produkten, etwa das Malariamittel Resochin und Betaferon. Zudem werden auch verschiedene Kombinationen geprüft. Denn, so Baumann, es werde möglicherweise nicht „den einen Wirkstoff gegen COVID-19“ geben, sondern unterschiedliche Wirksamkeiten in unterschiedlichen Stadien der Krankheit, betonte der Bayer-Chef. „Manche Präparate helfen nicht mehr, wenn sie zu spät gegeben werden. Das bedeutet auch, dass wir Infizierte früh erkennen müssen, um möglichst gute Behandlungserfolge erzielen zu können.“

Was Resochin betrifft, so hat Bayer bereits Millionen Tabletten an die deutsche und amerikanische Regierung gespendet – und das ganz ohne Erwartung einer Gegenleistung, etwa einer Abnahmegarantie, wie Baumann versichert. „Wir sind ein Teil der Gesellschaft und wollen helfen. Alles, was wir an diesem Wirkstoff verfügbar haben und besorgen können, werden wir kostenlos an Regierungsorganisationen abgeben“. Sollte nachgewiesen werden, dass Resochin tatsächlich gegen SARS-CoV-2 wirksam ist, würde man gegebenenfalls auch Kapazitäten umwidmen, um genug produzieren zu können. An den Rohstoffen sollte es jedenfalls nicht mangeln: Die, so Baumann, habe man sich bereits im erheblichen Maße gesichert, „um für den Fall der Fälle gewappnet zu sein“.

Baumann warnt vor „Nationalisierung der Lieferketten“

Wie es für Bayers Gesundheitssparte selbst in der Krise weitergehen wird, ist für Baumann noch nicht abschätzbar. Es habe zwar positive Effekte gegeben, sagt er, etwa eine erhöhte Nachfrage nach Vitaminpräparaten. Aber es ist unklar, wie sich die globalen Lieferketten entwickeln werden. „Es war mitunter schwer, an Vorprodukte zu kommen, weil Regierungen zeitweise den Warenverkehr eingeschränkt hatten“. Auch wenn ein Großteil der Pharmaproduktion Bayers in Europa stattfinde, beziehe man doch viele Vorprodukte aus Asien. 

Und wie steht Baumann zu der in der Krise lauter gewordenen Forderung, die Arzneimittelproduktion wieder verstärkt nach Europa zu holen, um weniger abhängig den globalen, in der Regel nach Asien führenden Lieferketten zu sein? Hier will der Bayer-Chef Ursache und Wirkung unterschieden wissen: Es gehe nicht um die Lieferfähigkeit von Vorprodukten, sondern um den Umgang mit temporären Exportverboten. „Vor einer Nationalisierung der Lieferketten kann ich nur warnen“, sagt er. 

Das würde zu zwei Effekten führen: Die Kosten der Produktion würden signifikant steigen und damit auch die Kosten für die Verbraucher. Zudem müsste jedes Unternehmen Kapazitäten zusätzlich selbst aufbauen und ständig vorhalten. Baumann: „Wir dürfen den offenen und globalen Handel nicht grundsätzlich in Frage stellen. Das wäre meiner Meinung nach eine Katastrophe für die Weltwirtschaft.“



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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