Interview mit GKV-Vorstand Stefanie Stoff-Ahnis

„Der Versandhandel ist kein ‚Fremdkörper'“

Berlin - 06.05.2020, 07:00 Uhr

Stefanie Stoff-Ahnis ist seit Juli 2019 Vorstandsmitglied des GKV-Spitzenverbandes. Ein mündliches Interview mit DAZ.online wollte sie nicht führen, lieferte stattdessen schriftliche Antworten, in denen sie neue Vertriebsformen im Apothekenmarkt fordert. Kritische Nachfragen wurden nicht zugelassen. (Foto: imago images / Friedel)

Stefanie Stoff-Ahnis ist seit Juli 2019 Vorstandsmitglied des GKV-Spitzenverbandes. Ein mündliches Interview mit DAZ.online wollte sie nicht führen, lieferte stattdessen schriftliche Antworten, in denen sie neue Vertriebsformen im Apothekenmarkt fordert. Kritische Nachfragen wurden nicht zugelassen. (Foto: imago images / Friedel)


Seit Juli 2019 ist Stefanie Stoff-Ahnis Vorstandsmitglied des GKV-Spitzenverbandes und zählt somit zu den wichtigsten Entscheidern im Gesundheitswesen. Auch die Apothekenpolitik gehört zu ihrem Themengebiet. DAZ.online hat den Kassenverband daher kurz nach ihrem Amtsantritt um ein Interview gebeten, was der Verband in persönlicher Form absagte, dafür aber die Beantwortung schriftlicher Fragen anbot. Kritische Nachfragen wurden nicht zugelassen. Hier lesen Sie das Interview.

Hinweis der Redaktion

Am 12. Juli 2019, also kurz nach dem Antritt von Stefanie Stoff-Ahnis als Vorstand des GKV-Spitzenverbandes, fragte DAZ.online nach einem Interview mit Stoff-Ahnis. Fragen gab es viele: Würde die ehemalige Managerin der AOK Nordost den apothekenpolitischen Kurs ihres Vorgängers fortsetzen und weiter Deregulierungen im Apothekenmarkt einfordern? Wie beurteilt sie Vertragsgespräche mit der Standesvertretung der Apotheker? Im Oktober 2019 stand dann fest, dass der GKV-Spitzenverband nur schriftlich Fragen beantworten möchte. Wir erstellten daraufhin einen Fragenkatalog und sendeten diesen Anfang November an den Kassenverband.

Im Dezember 2019 kam dann die Rückmeldung, dass man die Fragen bis zum Jahresende nicht mehr beantworten könne und außerdem zeitgleich eine andere Redaktion der pharmazeutischen Fachpresse mit Antworten versorgen wolle, weil diese gleichzeitig angefragt hatte. Ende April kamen dann die Antworten des GKV-Spitzenverbandes. Diese werfen allerdings so viele Fragen auf, dass wir nachhaken mussten. Die Pressestelle des Kassenverbandes wollte uns allerdings keine kritischen Nachfragen beantworten. Wir haben uns daher entschlossen, das Interview samt nicht beantworteter Fragen komplett zu veröffentlichen. Die nicht beantworteten, nachträglich gestellten Fragen haben wir mit einem 'xxx' in der Antwort gekennzeichnet. Die erste Frage zur Coronakrise hat der Verband Anfang Mai ungefragt mitgeschickt, sie gehörte nicht zum ursprünglichen Fragenkatalog vom Juli 2019.

DAZ.online: Wie schätzen Sie die Leistung der Apotheker zurzeit während der Coronakrise ein?

Stoff-Ahnis: Apothekerinnen und Apotheker leisten einen wertvollen Beitrag, um die Arzneimittelversorgung auch während der Corona-Pandemie abzusichern - ganz egal an welcher Stelle der Versorgung sie agieren: in den Apotheken an der Ecke, beim Versandhandel oder auch in der Wissenschaft und Forschung.

DAZ.online: Wie nehmen Sie persönlich denn die Apotheke als Kundin/Patientin wahr? Schätzen Sie die Beratung?

Stoff-Ahnis: Ich fühle mich in der Apotheke vor Ort gut beraten, habe aber auch schon Arzneimittel über den Versandhandel bezogen.

DAZ.online: Ableitend aus Ihrem persönlichen Apotheken-Erlebnis: Welche Änderungen IN der Apotheke würden Sie persönlich sich wünschen? Wie würden Sie sich noch besser beraten fühlen? Gibt es Services, die Sie vermissen?

Stoff-Ahnis: Hier geht es nicht um meine Präferenzen, sondern um das, was Patientinnen und Patienten sich wünschen und brauchen. Und das ist doch sehr heterogen. Schauen Sie: Ein Vater von Kleinkindern in einer Stadt erwartet von Apotheken etwas anderes, als eine Schichtarbeiterin im ländlichen Raum. Wichtig für alle ist jedoch, dass eine bedarfsgerechte Arzneimittelversorgung sichergestellt wird. Bezogen auf die Apothekenstruktur heißt das: Es müssen verschiedene, flexible Formen der Arzneimittelversorgung angeboten werden. Neben den klassischen Vor-Ort-Apotheken haben auch der Versandhandel, der Botendienst oder weitere Formen ihre Berechtigung. Letztendlich wollen die Menschen selbst entscheiden, auf welche Art und Weise sie ihre Arzneimittel erhalten.

DAZ.online: Kommen Sie zu Ihren Erfahrungen auf beruflicher Ebene mit den Apothekern, also mit dem Berufsstand. Welchen Eindruck haben Sie vom Berufsstand?

Stoff-Ahnis: Apotheken sind ein zentraler Baustein der öffentlichen Daseinsvorsorge und Apothekerinnen und Apotheker üben einen wichtigen Heilberuf aus. Dabei stehen sie in einem gewissen Spannungsfeld zwischen heilberuflicher und kaufmännischer Tätigkeit. Viele Apotheken möchten ihren Kundinnen und Kunden neuartige Formen der Versorgung anbieten. Gleichwohl gibt es relativ starre Regulierungen in diesem Bereich, die dabei hinderlich sind. Dadurch bleiben oftmals Chancen für innovative, bedarfsgerechte Formen der Patientenversorgung ungenutzt.

Stoff-Ahnis: Kleinere Apotheken könnten auf Rezepturen

DAZ.online: Welche strukturellen Änderungen wünschen Sie sich denn im Apothekenmarkt?

Stoff-Ahnis: Aufgabe von Apothekerinnen und Apothekern ist es, Menschen pharmazeutisch zu beraten und sie mit Arzneimitteln zu versorgen. Das ist das Ziel. Darauf müssen die Marktregulierungen ausgerichtet sein. Sofern eine Regelung keinen Nutzen für die Arzneimittelversorgung hat, sollte sie hinterfragt werden. Ich denke da z. B. an die technischen Anforderungen an Apotheken, um Rezepturen herzustellen. Derzeit muss jede Apotheke diese technischen Voraussetzungen besitzen, um Rezepturen zu produzieren – egal, ob diese Leistungen erbracht werden oder nicht. Keine Einbuße für die Versorgung wäre es, wenn Apotheken nur noch absichern müssen, dass innerhalb einer angemessenen Zeit jede patientenindividuelle Rezeptur beschafft werden kann. Kleinere Apotheken könnten dann auf die individuelle Ausstattung für einen schlecht ausgelasteten Technikbereich verzichten und gemeinsame Labore betreiben. Dort könnten patientenindividuelle Rezepturen u. U. mit geringerem Aufwand und vielleicht sogar in besserer Qualität hergestellt werden. Außerdem würden die Fixkosten für die Apotheken sinken bei gleichbleibender – ja vielleicht sogar besserer – Versorgung der Patientinnen und Patienten. Meines Erachtens eine Win-Win-Situation.

DAZ.online: Was macht dann der Patient, der in eine solche, verkleinerte Apotheke kommt und sieht, dass seine gewünschte Rezeptur dort nicht hergestellt wird? Muss er oder sie dann mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ins nächste Dorf fahren?

Stoff-Ahnis: XXX

DAZ.online: Kommen wir zum Thema Versandhandel. Wie sind die Apotheker aus Ihrer Sicht im Wettbewerb mit dem Versand aufgestellt? Sollten die Vor-Ort-Apotheken ihr Angebot aus Ihrer Sicht umstrukturieren, damit sie mit dem Versand mithalten können?

Stoff-Ahnis: Betrachtet man die Anbieterseite lässt sich feststellen, der Versandhandel von Arzneimitteln wird nicht nur aus dem Ausland betrieben. Auch deutsche Vor-Ort-Apotheken sind dabei. Er ist also kein „Fremdkörper“, sondern Teil des Geschäftsmodells von Vor-Ort-Apotheken, die diesen Weg als wirtschaftliche Chance für sich identifiziert haben. Zugleich hat der Versandhandel mit etwa einem Prozent nur einen kleinen Anteil am gesamten GKV-Arzneimittel-Umsatz. Unserer Analyse nach ist er auch nicht durch das recht offensive Werben für Boni substantiell gewachsen. Schaut man andererseits danach, welchen Versorgungsweg die Bevölkerung nutzt, ist der Versandhandel bei Arzneimitteln neben der Vor-Ort-Apotheke nicht mehr wegzudenken. Menschen entscheiden sich für die Option, die ihrer Lebenssituation am ehesten entspricht.

Und diese Ausrichtung an den Patientenbedürfnissen muss natürlich auch die Maßgabe für die Vor-Ort-Apotheke sein. Ich bin mir sicher, dass Botendienste sowie auch die – leider sehr eingeschränkte – Versorgung durch Abgabestellen, die Attraktivität der Vor-Ort-Apotheke stärken werden. Neue Geschäftsmodelle sind keine Bedrohung, sondern eine Chance für Apotheken.

Zur Person

Stefanie Stoff-Ahnis ist gebürtige Brandenburgerin und wurde 1976 geboren. Zwischen 1995 und 2000 studierte sie an der HU Berlin Rechtswissenschaften. Anschließend arbeitete sie zwischen 2004 und 2006 für die Gesellschaft für medizinische Intensivpflege, bevor sie für etwa ein Jahr zum Bundesverband privater Anbieter ambulanter Dienstleistungen nach Magdeburg ging. Noch 2006 wechselte Stoff-Ahnis dann aber erstmals ins Kassenlager, zur AOK Nordost, wo sie bis 2010 im Bereich Hilfsmittelversorgung unterwegs war. Es folgte ein Aufstieg innerhalb der AOK Nordost: Nach 2010 war sie in leitender Position für „Sonstige Leistungserbringer“ zuständig, zwischen 2016 war Stoff-Ahnis dann Mitglied der Geschäftsleitung, zuständig für alle Versorgungsthemen, bis sie im Juli 2019 zum GKV-SV wechselte.

DAZ.online: Das könnte sich sehr schnell ändern. Die großen, Konzern-betriebenen Versender wollen den Anteil am Rx-Markt massiv ausbauen mit dem E-Rezept. Das hätte zwangsweise zur Folge, dass Apotheken mit weniger Umsatz zu rechnen hätten und ggf. schließen müssten. Kann das im Interesse der Krankenkassen sein?

Stoff-Ahnis: XXX

DAZ.online: Warum gehen Sie davon aus, dass der Versandhandel gerade in unterversorgten Regionen eine wichtige Rolle spielen kann?

Stoff-Ahnis: Wirklich unterversorgte Regionen haben wir zum Glück nicht, meines Wissens nach wird in Deutschland keine Notapotheke in einer unterversorgten Region betrieben. Allerdings ist es schon so, dass es Regionen mit geringerer Apothekendichte gibt, in denen Patientinnen und Patienten ggf. weitere Wege in Kauf nehmen müssen. Das ist für Berufstätige bisweilen schwer zu stemmen. Hier ist der Versandhandel, der Arzneimittel an die Haus- oder Wohnungstür liefert, eine Alternative. Aber auch Rezeptsammelstellen, Botendienste, die bereits angesprochenen Abgabeautomaten oder weitere innovative Versorgungsformen wären geeignet, lange Wege zu verkürzen. Es muss also nicht unbedingt der Versandhandel sein, sehr wohl brauchen wir aber passgenaue, flexible Versorgungsformen.

GKV-SV: Es kommt in keiner Region zu Versorgungsengpässen

DAZ.online: Sie wissen schon, dass diese von Ihnen gewünschten Abgabeautomaten mehrfach gerichtlich verboten wurden. Warum fordern Sie sie trotzdem?

Stoff-Ahnis: XXX

DAZ.online: Wir haben eben schon die Apothekenstruktur angesprochen. Wie beurteilen Sie die derzeitige Apothekenzahl mit Blick auf ihre Entwicklung in den vergangenen Jahren sowie die Verteilung der Apotheken und der Apothekendichte?

Stoff-Ahnis: Das allseits bekannte Gutachten des Bundeswirtschaftsministeriums aus 2018 hat sich auch mit diesem Aspekt befasst. Laut Gutachten gibt es in keiner Region so wenige Apotheken, dass es zu Versorgungsengpässen kommt. Insofern ist die Zahl der Apotheken durchaus ausreichend.

Das Gutachten hat aber auch gezeigt: Durch die packungsbezogene Vergütung profitieren vor allem Apotheken mit einem hohen Arzneimittelabsatz. Außerdem: Aufgrund dieser hohen Absatzzahlen haben diese Apotheken auch die geringsten Kosten pro abgegebener Packung, da sie ihr Personal optimal auslasten können. Beide Aspekte erklären, warum die Apothekenzahlen in stärker besiedelten Regionen nach wie vor hoch sind. Um Apotheken auch in dünnbesiedelten Gegenden zu halten, bräuchten wir eine andere Vergütung. Eine Umverteilung von Apotheken mit hohem Absatz in Ballungszentren hin zu Apotheken mit geringeren Umsätzen, aber einer wichtigen Funktion für Menschen in schwächer besiedelten Regionen. Landapotheken profitieren stärker von Zahlungen aus dem Nacht- und Notdienstfonds, da diese Dienste in schwachbesiedelten Regionen stärker nachgefragt sind. Wir schlagen daher eine Umverteilung vor – mehr Geld für patientenorientierte Leistungen zulasten des packungsbezogenen Zuschlags.

DAZ.online: Wie beurteilen Sie denn auch mit Blick auf die Apothekenstruktur den seit Jahren andauernden Konflikt um Rx-Boni und sonstige Preisnachlässe? Finden Sie, dass der Gesetzgeber nach dem EuGH-Urteil die Preise liberalisieren sollte?

Stoff-Ahnis: Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) von 2016 ist für ausländische Versandapotheken der Preiswettbewerb bei der Arzneimittelabgabe erlaubt. Dies ließe sich aber auch erreichen, wenn für Versandhandel-Arzneimittel die Arzneimittelpreisverordnung in Form eines Höchstpreismodells gelten würde. Preisabweichungen nach unten könnten dann im Rahmen von Selektivverträgen mit Krankenkassen realisiert werden und wären nicht der Willkür bestimmter Akteure unterworfen. Boni würden auf Basis der Vertragskonditionen durch die Krankenkassen festgelegt werden, wenn auch für die Solidargemeinschaft entsprechende Einsparungen entstehen. Diese Lösung würde dem Grundgedanken der gesetzlichen Krankenversicherung sehr viel mehr entsprechen: In einer Solidargemeinschaft sollen ja gerade nicht Einzelne profitieren, wie es derzeit durch die Boni-Zahlung der Fall ist. Ein solches Modell würde den vom EuGH geforderten Preiswettbewerb im Rahmen der angepassten nationalen Gesetzgebung europarechtskonform zulassen, ohne inländische Versandhändler zu benachteiligt oder die Arzneimittelpreisverordnung vollständig aufzuheben.

DAZ.online: Eine solche Lösung könnte Millionen von Patienten in den Versandhandel treiben, der übrigens keine Not- und Nachtdienste leistet. Apotheken würden wegbrechen. Nochmals die Frage: Kann das im Sinne der Krankenkassen sein?

Stoff-Ahnis: XXX

DAZ.online: Laut der sogenannten „Länderliste“ müssen Versandapotheken aus dem EU-Ausland eine Präsenzapotheke haben, wenn Sie hierzulande an der Versorgung teilnehmen wollen. Haben DocMorris und Shop Apotheke Ihres Wissens nach eine solche Präsenzapotheke? Wenn nein, warum sind beide weiterhin zur Versorgung zugelassen? Und wie beurteilen Sie den Fakt, dass deutsche Behörden die großen EU-Versender gar nicht kontrolliert und niederländische Behörden nur sehr sporadisch?

Stoff-Ahnis: Die Länderliste unterliegt nicht der Verantwortlichkeit des GKV-Spitzenverbandes, sondern des Bundesgesundheitsministeriums. Auch wir müssen uns darauf verlassen können, dass die Aufsicht der Behörden im Interesse unserer Versicherten gut funktioniert.

DAZ.online: Kommen wir nochmals zum E-Rezept. Sollte bei der Einführung des E-Rezeptes aus Ihrer Sicht darauf geachtet werden, dass die freie Apothekenwahl erhalten bleibt?

Stoff-Ahnis: Ich sehe keinen Grund von der freien Apothekenwahl abzuweichen, nur weil wir vom Papier-Rezept zum E-Rezept wechseln. Die Erfahrungen zeigen, dass in Bereichen, in denen Rezepte zugewiesen werden dürfen, also bei parenteralen Zubereitungen wie Zytostatika, Fehlanreize entstehen. Es gibt immer wieder Hinweise, die nahelegen, dass Ärztinnen und Ärzte finanzielle Anreize für die Zuweisung von Rezepten erhalten. Ein Umstand, der nicht akzeptabel wäre. Und es drängen sich weitere Fragen auf: Wird verordnet, weil die Apotheke bezahlt? Bestimmen finanzielle Interessen die Arzneimittelauswahl oder doch die Suche nach der optimalen Behandlungsoption? Solche Entwicklungen in der Versorgung wollen wir nicht.

DAZ.online: Wie stehen Sie zu alternativen Arzneimittel-Versorgungsformen? Sollte es Abgabeautomaten, Apothekenbusse oder Ähnliches geben, um die Versorgung zu sichern?

Stoff-Ahnis: Wenn die GKV für flexible Versorgungsformen plädiert, wollen wir die Patientenversorgung absichern und zugleich verbessern. Wie bereits vorhin ausgeführt, brauchen unsere Versicherten Versorgungswege, die zu ihrer jeweiligen Lebenswirklichkeit passen. Ideal sind also Lösungen, die gleich verschiedene Patientenbedürfnisse befriedigen. Die von Ihnen genannten Formen sind gute Beispiele hierfür. Und deshalb sollte es auch Apotheken ermöglicht werden, diese Versorgungsformen anzubieten.

DAZ.online: Forschung und die Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass Apotheker mit patientenbezogenen pharmazeutischen Beratungsleistungen die Arzneimitteltherapiesicherheit verbessern und dadurch auch die Gesamtkosten der Versorgung senken können. Welche solcher Leistungen wünscht sich der GKV-Spitzenverband von Apothekern, wenn das geplante Apothekenstärkungsgesetz dafür künftig eine Rechts- und Finanzierungsgrundlage schafft?

Stoff-Ahnis: Die pharmazeutische Patientenberatung bei der Abgabe eines Arzneimittels wird ja bereits heute durch den Festzuschlag in der Arzneimittelpreisverordnung vergütet. Es ist deshalb zunächst wichtig, weitere Beratungs- und Betreuungsleistungen hiervon trennscharf abzugrenzen. Eine Doppelfinanzierung von Leistungen zulasten der Beitragszahlenden in der GKV muss ausgeschlossen werden. Zusätzliche Beratungs- und Betreuungsangebote müssen zeigen, dass sie die Versorgung tatsächlich verbessern. Um die heterogenen Bedarfe bei der Arzneimittelversorgung zu berücksichtigen, scheint mir ein einheitlicher Katalog auf Bundesebene wenig sinnvoll. Besser wäre es sicherlich, zusätzliche pharmazeutische Dienstleistungen über Selektivverträge oder regionale Vereinbarungen zu organisieren. Vor Ort wissen die Krankenkassen sehr gut, was die Menschen in ihrer Region brauchen.

DAZ.online: Welche Voraussetzungen müssen für Sie denn erfüllt sein, damit die Krankenkassen pharmazeutische Dienstleistungen honorieren? Muss es einen Nutzennachweis geben?

Stoff-Ahnis: Natürlich müssen pharmazeutische Dienstleistungen ihren Nutzen für Patientinnen und Patienten nachweisen. Es kann ja nicht wirtschaftlich sein, finanzielle Mittel der gesetzlichen Krankenversicherung für Leistungen ohne Nutzen auszugeben. Wie dies im Detail funktioniert, müssen dann – je nach Bedarf – die entsprechenden Vertragspartner vor Ort festlegen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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13 Kommentare

Kehren neue Besen wirklich besser?

von Heiko Barz am 06.05.2020 um 20:41 Uhr

Wenn ich mir vorstelle, wie lange sich diese Dame der GKV Zeit genommen hat, sich den Deutschen Apothekern zu stellen. Zwar ist der Fragekatalog des Herrn Rohrer kurzfristig gestellt, aber diese Fragen hätten im Wortlaut auch schon vor einem Jahr in gleicher Art gesetzt werden können. So muß ich pragmatisch davon ausgehen, dass sie ein Jahr lang im Hintergrung instruiert werden mußte, diese heutigen Antworten geben zu „können“. Dabei bist noch zu beachten, dass sie teilweise bei wichtigen Existenzfragen zur Deutschen Apotheke jede Desorientierung offenbarte. Die pflichtversicherten Protagonisten tun mir leid!

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AW: Kehren neue Besen wirklich besser ...

von Christian Timme am 07.05.2020 um 10:09 Uhr

... Alte Besen wissen ... wo der Dreck liegt ...

Miteinander reden

von Hubert Kaps am 06.05.2020 um 12:44 Uhr

Schade, die Dame ist doch eigentlich in einem Alter, in dem man gelernt haben sollte, wie sinnvoll es ist, miteinander statt übereinander zu reden. Vielleicht hat sie ja die Zeit, zu einem Apothekertag zu kommen. Es besteht dringendsder Bedarf für einen Argumentationsaustausch.

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Nach 300 Tagen nur 75% ... sieht nach Lieferengpass aus ...

von Christian Timme am 06.05.2020 um 11:22 Uhr

Offensichtlich schließt sich der Kreis ... das Verursacherprinzip feiert seine Auferstehung in zweifacher Gestalt. Beide Kontrahenden haben jetzt die Wahl ... mit oder ohne Corona ... viele Fragen bleiben unbeantwortet ... die Zeit vergeht ungenutzt ... der Patient darf schweigen ... unten wird gestorben .. oben diskutiert ... wie lange noch?

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Beitragstransfer ins Ausland

von RB am 06.05.2020 um 11:03 Uhr

Mich wundert, dass nicht ein aktuell sehr stichhaltiges Argument stets außen vor bleibt:

Warum wird nicht ein Riegel vorgeschoben, dass in immer höherem Ausmass in Deutschland erwirtschaftete und anfallende Sozialbeiträge (Mitgliedsbeiträge der Krankenkassen) durch den Versandhandel via NL ins Ausland und in die Taschen ausländischer Kapitalgesellschaften transferiert werden?

Angesichts der aktuellen Krisensituation sollten wir überlegen, wie lange wir uns so etwas noch leisten können.

Stichwort: Höhere Ausgaben der kranken Kassen (Kosten für Coronatests und Intensivbehandlungen, später für Medikamente und Impfstoffe gegen Corona, dem gegenüber geringere Kasseneinnahmen wegen Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit)

Vom Wegfall der diversen Steuern vor Ort ganz zu schweigen ...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Löschung durch die Daz

von Conny am 06.05.2020 um 10:35 Uhr

Das war ein Kompliment. Was Sie da jetzt rein interpretiert haben ist unglaublich ! Aber natürlich die Wahrheit :)

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Löschung durch die Daz

von G. Schultheiss am 06.05.2020 um 15:33 Uhr

Wie lange hat DAZ.online eigentlich noch mit Connys unsäglichen und argumentsationsfreien Ein-bis-zwei-Zeilen-Beleidigungen Geduld? Einfach nur peinlich die Dame/der Herr..

Dieser Kommentar wurde von der Redaktion aufgrund eines Verstoßes gegen die allgemeinen Verhaltensregeln gelöscht.

Neue Konzepte

von Anita Peter am 06.05.2020 um 9:07 Uhr

Ich fordere auch ein neues Konzept für die GKV. Verschlankung auf maximal 5 Kassen und Zulassung ausländischer Versicherer, die sich nicht an deutsches Recht halten müssen.

Es lassen sich Miliarden einsparen!

» Auf diesen Kommentar antworten | 4 Antworten

AW: Neue Konzepte

von Wolf am 06.05.2020 um 11:11 Uhr

Dann können wir auch die Straßenverkehrsordnung für Ausländer aufheben und diese müssen sich nicht mehr nach deutschem Recht richten. Der Vorschlag von Frau Anita Peter ist unglaublich.

AW: Einsparungen

von Mathias Mallach am 06.05.2020 um 11:36 Uhr

Liebe Frau Kollegin !

Es wird doch schon soviel bei den Kassen eingespart - Kompetenz, Weitsicht, Empathie, Integrität, Loyalität, Gemeinschaftssinn, Logik, Mitleid, Bescheidenheit, Uneigennützigkeit, ... - sollen die jetzt auch noch an den finanziellen Ausgaben sparen ???

AW: Es ist Falsch und Lüge!

von Thomas Brongkoll am 06.05.2020 um 12:21 Uhr

Nicht weniger kranke Kassen sind die Heilung , sondern viele! Dadurch ist die Zerschlagung der unsäglichen Macht möglich, divide et impera!
Es war noch nie die Intention der Kassen, die Versorgung der Patienten zu Verbessern! siehe Inko-Versorgung, siehe Belieferung mit Inhalationsgeräten!

AW: Neue Konzepte

von pille62 am 06.05.2020 um 13:59 Uhr

genau das ist der eigentliche Skandal!
Ich darf mir auf Kasse im europäischen Ausland die Zähne machen lassen und meine Arzneimittel bestellen, aber zur Sicherung der Pfründe inländischer Kassenfürsten nicht im Ausland gegen Krankeheit versichern.
Klare Ausländerdiskremenierung durchEinschränkung des Bezuges von Dienstleistungen und die Arbeitgeber spielen schön mit und sitzen in den Gremien der gesetzlichen Krankenversicherung.

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