Interview mit GKV-Vorstand Stefanie Stoff-Ahnis

„Der Versandhandel ist kein ‚Fremdkörper'“

Berlin - 06.05.2020, 07:00 Uhr

Stefanie Stoff-Ahnis ist seit Juli 2019 Vorstandsmitglied des GKV-Spitzenverbandes. Ein mündliches Interview mit DAZ.online wollte sie nicht führen, lieferte stattdessen schriftliche Antworten, in denen sie neue Vertriebsformen im Apothekenmarkt fordert. Kritische Nachfragen wurden nicht zugelassen. (Foto: imago images / Friedel)

Stefanie Stoff-Ahnis ist seit Juli 2019 Vorstandsmitglied des GKV-Spitzenverbandes. Ein mündliches Interview mit DAZ.online wollte sie nicht führen, lieferte stattdessen schriftliche Antworten, in denen sie neue Vertriebsformen im Apothekenmarkt fordert. Kritische Nachfragen wurden nicht zugelassen. (Foto: imago images / Friedel)


Seit Juli 2019 ist Stefanie Stoff-Ahnis Vorstandsmitglied des GKV-Spitzenverbandes und zählt somit zu den wichtigsten Entscheidern im Gesundheitswesen. Auch die Apothekenpolitik gehört zu ihrem Themengebiet. DAZ.online hat den Kassenverband daher kurz nach ihrem Amtsantritt um ein Interview gebeten, was der Verband in persönlicher Form absagte, dafür aber die Beantwortung schriftlicher Fragen anbot. Kritische Nachfragen wurden nicht zugelassen. Hier lesen Sie das Interview.

Hinweis der Redaktion

Am 12. Juli 2019, also kurz nach dem Antritt von Stefanie Stoff-Ahnis als Vorstand des GKV-Spitzenverbandes, fragte DAZ.online nach einem Interview mit Stoff-Ahnis. Fragen gab es viele: Würde die ehemalige Managerin der AOK Nordost den apothekenpolitischen Kurs ihres Vorgängers fortsetzen und weiter Deregulierungen im Apothekenmarkt einfordern? Wie beurteilt sie Vertragsgespräche mit der Standesvertretung der Apotheker? Im Oktober 2019 stand dann fest, dass der GKV-Spitzenverband nur schriftlich Fragen beantworten möchte. Wir erstellten daraufhin einen Fragenkatalog und sendeten diesen Anfang November an den Kassenverband.

Im Dezember 2019 kam dann die Rückmeldung, dass man die Fragen bis zum Jahresende nicht mehr beantworten könne und außerdem zeitgleich eine andere Redaktion der pharmazeutischen Fachpresse mit Antworten versorgen wolle, weil diese gleichzeitig angefragt hatte. Ende April kamen dann die Antworten des GKV-Spitzenverbandes. Diese werfen allerdings so viele Fragen auf, dass wir nachhaken mussten. Die Pressestelle des Kassenverbandes wollte uns allerdings keine kritischen Nachfragen beantworten. Wir haben uns daher entschlossen, das Interview samt nicht beantworteter Fragen komplett zu veröffentlichen. Die nicht beantworteten, nachträglich gestellten Fragen haben wir mit einem 'xxx' in der Antwort gekennzeichnet. Die erste Frage zur Coronakrise hat der Verband Anfang Mai ungefragt mitgeschickt, sie gehörte nicht zum ursprünglichen Fragenkatalog vom Juli 2019.

DAZ.online: Wie schätzen Sie die Leistung der Apotheker zurzeit während der Coronakrise ein?

Stoff-Ahnis: Apothekerinnen und Apotheker leisten einen wertvollen Beitrag, um die Arzneimittelversorgung auch während der Corona-Pandemie abzusichern - ganz egal an welcher Stelle der Versorgung sie agieren: in den Apotheken an der Ecke, beim Versandhandel oder auch in der Wissenschaft und Forschung.

DAZ.online: Wie nehmen Sie persönlich denn die Apotheke als Kundin/Patientin wahr? Schätzen Sie die Beratung?

Stoff-Ahnis: Ich fühle mich in der Apotheke vor Ort gut beraten, habe aber auch schon Arzneimittel über den Versandhandel bezogen.

DAZ.online: Ableitend aus Ihrem persönlichen Apotheken-Erlebnis: Welche Änderungen IN der Apotheke würden Sie persönlich sich wünschen? Wie würden Sie sich noch besser beraten fühlen? Gibt es Services, die Sie vermissen?

Stoff-Ahnis: Hier geht es nicht um meine Präferenzen, sondern um das, was Patientinnen und Patienten sich wünschen und brauchen. Und das ist doch sehr heterogen. Schauen Sie: Ein Vater von Kleinkindern in einer Stadt erwartet von Apotheken etwas anderes, als eine Schichtarbeiterin im ländlichen Raum. Wichtig für alle ist jedoch, dass eine bedarfsgerechte Arzneimittelversorgung sichergestellt wird. Bezogen auf die Apothekenstruktur heißt das: Es müssen verschiedene, flexible Formen der Arzneimittelversorgung angeboten werden. Neben den klassischen Vor-Ort-Apotheken haben auch der Versandhandel, der Botendienst oder weitere Formen ihre Berechtigung. Letztendlich wollen die Menschen selbst entscheiden, auf welche Art und Weise sie ihre Arzneimittel erhalten.

DAZ.online: Kommen Sie zu Ihren Erfahrungen auf beruflicher Ebene mit den Apothekern, also mit dem Berufsstand. Welchen Eindruck haben Sie vom Berufsstand?

Stoff-Ahnis: Apotheken sind ein zentraler Baustein der öffentlichen Daseinsvorsorge und Apothekerinnen und Apotheker üben einen wichtigen Heilberuf aus. Dabei stehen sie in einem gewissen Spannungsfeld zwischen heilberuflicher und kaufmännischer Tätigkeit. Viele Apotheken möchten ihren Kundinnen und Kunden neuartige Formen der Versorgung anbieten. Gleichwohl gibt es relativ starre Regulierungen in diesem Bereich, die dabei hinderlich sind. Dadurch bleiben oftmals Chancen für innovative, bedarfsgerechte Formen der Patientenversorgung ungenutzt.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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13 Kommentare

Kehren neue Besen wirklich besser?

von Heiko Barz am 06.05.2020 um 20:41 Uhr

Wenn ich mir vorstelle, wie lange sich diese Dame der GKV Zeit genommen hat, sich den Deutschen Apothekern zu stellen. Zwar ist der Fragekatalog des Herrn Rohrer kurzfristig gestellt, aber diese Fragen hätten im Wortlaut auch schon vor einem Jahr in gleicher Art gesetzt werden können. So muß ich pragmatisch davon ausgehen, dass sie ein Jahr lang im Hintergrung instruiert werden mußte, diese heutigen Antworten geben zu „können“. Dabei bist noch zu beachten, dass sie teilweise bei wichtigen Existenzfragen zur Deutschen Apotheke jede Desorientierung offenbarte. Die pflichtversicherten Protagonisten tun mir leid!

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AW: Kehren neue Besen wirklich besser ...

von Christian Timme am 07.05.2020 um 10:09 Uhr

... Alte Besen wissen ... wo der Dreck liegt ...

Miteinander reden

von Hubert Kaps am 06.05.2020 um 12:44 Uhr

Schade, die Dame ist doch eigentlich in einem Alter, in dem man gelernt haben sollte, wie sinnvoll es ist, miteinander statt übereinander zu reden. Vielleicht hat sie ja die Zeit, zu einem Apothekertag zu kommen. Es besteht dringendsder Bedarf für einen Argumentationsaustausch.

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Nach 300 Tagen nur 75% ... sieht nach Lieferengpass aus ...

von Christian Timme am 06.05.2020 um 11:22 Uhr

Offensichtlich schließt sich der Kreis ... das Verursacherprinzip feiert seine Auferstehung in zweifacher Gestalt. Beide Kontrahenden haben jetzt die Wahl ... mit oder ohne Corona ... viele Fragen bleiben unbeantwortet ... die Zeit vergeht ungenutzt ... der Patient darf schweigen ... unten wird gestorben .. oben diskutiert ... wie lange noch?

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Beitragstransfer ins Ausland

von RB am 06.05.2020 um 11:03 Uhr

Mich wundert, dass nicht ein aktuell sehr stichhaltiges Argument stets außen vor bleibt:

Warum wird nicht ein Riegel vorgeschoben, dass in immer höherem Ausmass in Deutschland erwirtschaftete und anfallende Sozialbeiträge (Mitgliedsbeiträge der Krankenkassen) durch den Versandhandel via NL ins Ausland und in die Taschen ausländischer Kapitalgesellschaften transferiert werden?

Angesichts der aktuellen Krisensituation sollten wir überlegen, wie lange wir uns so etwas noch leisten können.

Stichwort: Höhere Ausgaben der kranken Kassen (Kosten für Coronatests und Intensivbehandlungen, später für Medikamente und Impfstoffe gegen Corona, dem gegenüber geringere Kasseneinnahmen wegen Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit)

Vom Wegfall der diversen Steuern vor Ort ganz zu schweigen ...

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Löschung durch die Daz

von Conny am 06.05.2020 um 10:35 Uhr

Das war ein Kompliment. Was Sie da jetzt rein interpretiert haben ist unglaublich ! Aber natürlich die Wahrheit :)

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Löschung durch die Daz

von G. Schultheiss am 06.05.2020 um 15:33 Uhr

Wie lange hat DAZ.online eigentlich noch mit Connys unsäglichen und argumentsationsfreien Ein-bis-zwei-Zeilen-Beleidigungen Geduld? Einfach nur peinlich die Dame/der Herr..

Dieser Kommentar wurde von der Redaktion aufgrund eines Verstoßes gegen die allgemeinen Verhaltensregeln gelöscht.

Neue Konzepte

von Anita Peter am 06.05.2020 um 9:07 Uhr

Ich fordere auch ein neues Konzept für die GKV. Verschlankung auf maximal 5 Kassen und Zulassung ausländischer Versicherer, die sich nicht an deutsches Recht halten müssen.

Es lassen sich Miliarden einsparen!

» Auf diesen Kommentar antworten | 4 Antworten

AW: Neue Konzepte

von Wolf am 06.05.2020 um 11:11 Uhr

Dann können wir auch die Straßenverkehrsordnung für Ausländer aufheben und diese müssen sich nicht mehr nach deutschem Recht richten. Der Vorschlag von Frau Anita Peter ist unglaublich.

AW: Einsparungen

von Mathias Mallach am 06.05.2020 um 11:36 Uhr

Liebe Frau Kollegin !

Es wird doch schon soviel bei den Kassen eingespart - Kompetenz, Weitsicht, Empathie, Integrität, Loyalität, Gemeinschaftssinn, Logik, Mitleid, Bescheidenheit, Uneigennützigkeit, ... - sollen die jetzt auch noch an den finanziellen Ausgaben sparen ???

AW: Es ist Falsch und Lüge!

von Thomas Brongkoll am 06.05.2020 um 12:21 Uhr

Nicht weniger kranke Kassen sind die Heilung , sondern viele! Dadurch ist die Zerschlagung der unsäglichen Macht möglich, divide et impera!
Es war noch nie die Intention der Kassen, die Versorgung der Patienten zu Verbessern! siehe Inko-Versorgung, siehe Belieferung mit Inhalationsgeräten!

AW: Neue Konzepte

von pille62 am 06.05.2020 um 13:59 Uhr

genau das ist der eigentliche Skandal!
Ich darf mir auf Kasse im europäischen Ausland die Zähne machen lassen und meine Arzneimittel bestellen, aber zur Sicherung der Pfründe inländischer Kassenfürsten nicht im Ausland gegen Krankeheit versichern.
Klare Ausländerdiskremenierung durchEinschränkung des Bezuges von Dienstleistungen und die Arbeitgeber spielen schön mit und sitzen in den Gremien der gesetzlichen Krankenversicherung.

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