Zweites Bevölkerungsschutzgesetz

Spahn will Arzneimittel-Automaten für Klinikstationen erlauben

Berlin - 21.04.2020, 11:30 Uhr

Das Bundesgesundheitsministerium will die Arzneimittelabgabe innerhalb von Krankenhäusern in Modellvorhaben automatisieren und digitalisieren. (b/Foto: imago images / Panthermedia)

Das Bundesgesundheitsministerium will die Arzneimittelabgabe innerhalb von Krankenhäusern in Modellvorhaben automatisieren und digitalisieren. (b/Foto: imago images / Panthermedia)


Das Bundesgesundheitsministerium hat einen Entwurf für ein Zweites Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage nationaler Tragweite vorgelegt. Darin enthalten sind weitere Neuregelungen für das Infektionsschutzgesetz (IfSG), die in Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie stehen. Das Ministerium von Jens Spahn (CDU) plant aber eine Reihe weiterer Neuregelungen, die sich in den vergangenen Monaten angesammelt hatten. Darunter auch arzneimittelpolitische Maßnahmen, wie etwa Modellprojekte zur Etablierung von Arzneimittelabgabeautomaten in Krankenhäusern. Ein Überblick.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) will die Versorgung mit Blick auf die COVID-19-Pandemie weiter flexibilisieren und hat dazu einen Entwurf für ein zweites Bevölkerungsschutzgesetz vorgelegt. In den Formulierungshilfen, die DAZ.online vorliegen, geht es unter anderem um eine Präzisierung der gesetzlichen Meldepflicht für COVID-19-Fälle sowie Meldepflichten für negative Labortests und Genesungen. Testungen sollen künftig offiziell zum Leistungskatalog der GKV gehören – auch wenn sie vom Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) vorgenommen werden. Das BMG soll dies durch eine Verordnung ohne Zustimmung des Bundesrates festlegen können. Damit will die Bundesregierung sicherstellen, dass die Kassen auch Kosten für Tests an Menschen übernehmen, die keine COVID-19-Symptomatik aufweisen. Das BMG will sich damit offenbar auf eine große Steigerung bei der Anzahl der Corona-Tests vorbereiten. Laut Begründung im Entwurf könnten pro Woche etwa 4,5 Millionen PCR-Tests anstehen, wofür die Kassen bis zu 1,5 Milliarden Euro zusätzlich ausgeben müssten. Zuletzt hatte Sahn erklärt, dass das Testverfahren umgestellt werden solle.

An mehreren Stellen will der Bund dem ÖGD unter die Arme greifen, um die Arbeit der Behörden während der Krise zu unterstützen. Tierärzten soll es möglich sein, Corona-Tests durchzuführen. Außerdem soll es künftig eine Immunstatusdokumentation für das neuartige Coronavirus geben. Ziel ist es, eine eventuelle Immunität nachweisen zu können.

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Aber das BMG geht mit dem Vorhaben noch weitere Themen an, die mit der Coronakrise wenig bis gar nichts zu tun haben. Unter anderem geht es um eines der Lieblingsthemen von Jens Spahn – die „Apps auf Rezept“. Zur Erklärung: Schon bald soll es Vertragsärzten möglich sein, Gesundheitsapps zulasten der GKV zu verordnen, das hatte der Bundestag vor einigen Monaten schon beschlossen. Mit dem nun vorliegenden Entwurf will das BMG klarstellen, dass zumindest in Pilotprojekten solche Handy-Anwendungen auch elektronisch verordnet werden können. In der Begründung heißt es dazu, dass zu befürchten sei, dass die Vertragsärzte die Gesundheitsapps in Papierform verordnen würden.

Aber auch im Apotheken- und Arzneimittelbereich plant das BMG Umstellungen, die nicht mit der Corona-Pandemie in Verbindung stehen. So sind sind Änderungen am Apothekengesetz (§ 21 Abs. 2) und in der Apothekenbetriebsordnung (neuer § 31 a) geplant. Spahn will sogenannte „Modellvorhaben zur Weiterentwicklung der Arzneimittelversorgung in Krankenhäusern durch Automatisierung“ ermöglichen. Konkret soll es in diesen Pilotprojekten möglich sein, dass Arzneimittelautomaten, die von der Klinikapotheke betrieben werden, Arzneimittel an die Stationen abgeben – auch ohne abschließende Kontrolle durch pharmazeutisches Personal. Allerdings muss die Abgabe zuvor durch pharmazeutisches Personal veranlasst und autorisiert werden, die nach dem Arzneimittelgesetz unzulässige Selbstbedienung soll so verhindert werden. Zudem soll es verstärkte Kontrollen durch einen Apotheker auf den Stationen geben. Betäubungsmittel sowie T-rezeptpflichtige Medikamente sind von den Modellvorhaben ausgeschlossen.

DKG hatte Automaten-Idee 2019 eingebracht

Die Idee der automatisierten Abgabe in Kliniken ist nicht ganz neu: Im August des vergangenen Jahres hatte sich bereits die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) in einer Stellungnahme dafür ausgesprochen, eine automatengestützte Kommissionierung durch Krankenhausapotheken ausdrücklich zuzulassen. Denn Aufsichtsbehörden untersagten solche Systeme immer wieder oder ließen sie nur unter harten Auflagen zu. Modellprojekte hielt die DKG nicht für nötig. Baden-Württemberg wollte die Idee im Bundesrat aufgreifen – doch dann wurde es still um das Vorhaben.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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