COVID-19

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Rauchen und schwerem Corona-Verlauf?

Düsseldorf - 16.04.2020, 17:45 Uhr

In aktuellen Studien geht es um einen möglichen, ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Rauchen und einem schweren Verlauf der Lungenkrankheit COVID-19. (c / Foto: imago images / photothek)

In aktuellen Studien geht es um einen möglichen, ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Rauchen und einem schweren Verlauf der Lungenkrankheit COVID-19. (c / Foto: imago images / photothek)


Rauchen als Risikofaktor für Atemwegserkrankungen generell erwiesen

Bei COVID-19 spielen daher bereits bekannte Faktoren des Rauchens ebenfalls eine Rolle. Rauchen schädigt nachweislich die Lunge und die Epithelien der Atemwege. Durch die herabgesetzte Tätigkeit der Zilien, der Flimmerhärchen, in den Bronchien werden Schleim, Staub und auch Krankheitserreger schlechter herausbefördert. Die Sauerstoffsättigung des Blutes in der Lunge ist geringer, dazu hemmen Giftstoffe aus dem Zigarettenrauch wie Kohlenmonoxid nicht nur die Sauerstoffaufnahme, sondern auch alle Sauerstoff und Energie benötigenden Prozesse, zu denen auch die der Immunabwehr gehören. Allgemein sind die Epithelien der Lunge bei Rauchern geschädigt und für Krankheitserreger leichter passierbar als das bei Nichtrauchern der Fall ist.

Auch die durch den Gebrauch der Zigaretten häufigeren Hand-Mund-Kontakte gelten als ein Faktor, der die Wahrscheinlichkeit, sich allgemein mit Erregern zu infizieren, erhöht. Das Robert Koch-Institut hat im Zusammenhang mit COVID-19 unter anderem aufgrund der bisherigen Studien Raucher in die Risikogruppe für einen schweren Verlauf subsumiert – mit der Einschränkung der bislang noch geringen Evidenz.

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Raucher und COPD-Patienten exprimieren mehr ACE2

Unterdessen hat eine jetzt im European Respiratory Journal erschienene Arbeit einen für das SARS-CoVirus-2 möglichen direkten ursächlichen Zusammenhang zwischen Rauchen und dem schweren bis tödlichen Verlauf von COVID-19 ermittelt. Die Forscher um Janice Leung von der Universität von British Columbia und dem St. Paul's Hospital in Vancouver haben die Expression des Proteins ACE2 (Angiotensin-konvertierendes Enzym 2) im Lungengewebe bei Rauchern und COPD- (chronisch-obstruktive Lungenerkrankung) Patienten mit der von Nichtrauchern verglichen.

ACE2 ist bekannt als der Rezeptor, über den das Virus SARS CoV-2, aber auch die Erreger von MERS und SARS, ebenfalls Viren aus der Familie der Coronaviren, an die Zellen des Lungenepithels andocken und darüber in die Zelle gelangen. Physiologisch spielt ACE2 eine Rolle bei der Regulation des Blutdrucks und stellt unter anderem vasodilatative, also gefäßweitende, Faktoren zur Verfügung.

Bei Rauchern und den COPD-Patienten fanden die Forscher eine „signifikant erhöhte“ Expression des Rezeptors. Erhoben hatten sie ihre Ergebnisse zunächst an Zellen aus einer Kohorte von 21 COPD-Patienten, die im St. Paul`s Hospital bronchoskopiert wurden. Dabei stammten die Zellproben aus den tieferen Atemwegen. Als Vergleich diente eine ebenso große Kontrollgruppe Gesunder.

Die Forscher fanden bei COPD-Betroffenen eine um den Faktor 2,52 höhere Expression des Proteins. Außerdem verglichen sie in einer weiteren Versuchsreihe die Expression im Gewebe einer Gruppe von Rauchern mit der bei Nichtrauchern und fanden ebenfalls eine signifikante Erhöhung. Die Forscher validierten ihre Ergebnisse mit zwei größeren Vergleichsgruppen mit 211 und 238 Patienten. Damit, so schreiben die Wissenschaftler, habe man erstmals beim Menschen einen Zusammenhang zwischen Rauchen und vermehrter Expression von ACE2 nachweisen können, auch wenn weitere Studien das noch untermauern müssten. Im Tiermodell, so sagen die Forscher, habe man bereits zuvor diese Beobachtung machen können: Expression und Aktivität von ACE2 waren bei kleinen Tieren nach der Exposition mit Rauch erhöht.



Volker Budinger, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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