Arbeitszeitverlängerung in Kraft

Bis zu zwölf Stunden Apothekenarbeit sind jetzt erlaubt

Berlin - 15.04.2020, 10:15 Uhr

Laut einer neuen Verordnung ist es unter anderem Apothekeninhabern jetzt erlaubt, zumindest vorübergehend die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter auszuweiten. (t/Foto: imago images / Westend61)

Laut einer neuen Verordnung ist es unter anderem Apothekeninhabern jetzt erlaubt, zumindest vorübergehend die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter auszuweiten. (t/Foto: imago images / Westend61)


Die „Verordnung zu Abweichungen vom Arbeitszeitgesetz infolge der COVID-19- Epidemie“ ist im Bundesanzeiger veröffentlicht und somit einen Tag später in Kraft getreten. Um die Versorgung aufrechtzuerhalten, sollen die Arbeitszeiten in bestimmten Wirtschaftszweigen auf bis zu zwölf Stunden pro Tag ausgeweitet werden können. Auch die Arbeit in Apotheken gehört dazu. Solche Änderungen darf es aber nur geben, wenn Arbeitgeber nicht durch andere Umstellungen den Betrieb aufrechterhalten können.

Ende März hatte der Bundestag beschlossen, dass das Bundesarbeitsministerium im Falle einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite eine Verordnung zur Änderung der Arbeitszeiten erlassen kann. Konkret wurde dies in §14 Absatz 4 des Arbeitszeitgesetzes festgehalten. Demnach kann eine solche Verordnung ohne Zustimmung des Bundesrates nach einem gemeinsamen Beschluss der Bundesregierung befristet in Kraft treten. Voraussetzung ist allerdings, dass die Tätigkeiten, für die die Ausnahmen gelten sollen, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, des Gesundheitswesens und der pflegerischen Versorgung, der Daseinsvorsorge oder zur Versorgung der Bevölkerung mit existenziellen Gütern notwendig sind.

Arbeitsminister Hubertus Heil fackelte nicht lang und legte nach einer Abstimmung mit dem Bundesgesundheitsministerium Anfang April einen Entwurf vor, über den DAZ.online bereits ausführlich berichtete. Mit der Corona-Pandemie liege ein außergewöhnlicher Notfall vor – um ihn zu bewältigen, „können für eine befristete Zeit auch längere Arbeitszeiten, kürzere Ruhezeiten sowie die Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen für bestimmte Tätigkeiten notwendig sein“, heißt es in der Verordnung, die vor einigen Tagen im Bundesanzeiger erschienen ist und einen Tag später in Kraft trat.

Die Ausweitungen der Arbeitszeit gelten aber nicht für alle Wirtschaftszweige. In der Verordnung ist sehr genau aufgelistet, welche Arbeitgeber die Arbeitszeit der Mitarbeiter auf bis zu zwölf Stunden – und in Einzelfällen sogar darüber hinaus – verlängern dürfen. Dazu gehören unter anderem die Produktion, das Verpacken, Liefern und Einräumen von Waren des täglichen Bedarfs, Arzneimitteln, Medizinprodukten und anderen apothekenüblichen Artikeln. Erfasst sind zudem medizinische oder pflegerische Tätigkeiten, aber auch solche in Gerichten, Behörden, der Energie- und Wasserversorgung, der Abfallentsorgung und „Verkaufsstellen“, zu denen ausweislich der Begründung auch Apotheken zählen. Ausdrücklich eingeschlossen sind auch Lieferdienste von Apotheken.

Verlängerungen sollten vermieden werden

Einschränkend heißt es in der Verordnung jedoch auch, dass die Ausweitungen nur angeordnet werden sollen, wenn sie nicht durch „vorausschauende, organisatorische Maßnahmen einschließlich notwendiger Arbeitszeitdisposition, durch Einstellungen oder sonstige personalwirtschaftliche Maßnahmen vermieden“ werden können. Und: Die wöchentliche Arbeitszeit darf 60 Stunden nicht überschreiten.

Des Weiteren darf auch die tägliche Ruhezeit um bis zu zwei Stunden verkürzt werden, neun Stunden darf sie aber nicht unterschreiten. Voraussetzung ist, dass innerhalb von vier Wochen ein Ausgleich stattfindet, möglichst in Form freier Tage. Das Sonn- und Feiertagsarbeitsverbot wird gelockert, um, wenn es nötig ist, auch dann zu arbeiten. Der Grundsatz bleibt: Zulässig ist das nur, wenn die Arbeit nicht an Werktagen erledigt werden kann. Bis zu zwölf Stunden dürfen es auch an diesen Tagen sein. Ein Ersatzruhetag muss innerhalb von acht Wochen gewährt werden. Unberührt bleibt § 14 ArbZG, wonach der Arbeitgeber in außergewöhnlichen Fällen von den dort genannten Vorschriften abweichen kann, ohne dass es einer Genehmigung der Arbeitsschutzbehörde bedarf.

Die meisten Anwendungsbereiche der Verordnung gelten laut Verordnungstext nur bis zum 30. Juni dieses Jahres. Einen Monat später, also Ende Juli 2020, tritt die neue Arbeitszeiten-Verordnung automatisch wieder außer Kraft.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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