SARS-CoV-2-Infektionen

RKI startet Antikörper-Studien

Berlin - 09.04.2020, 16:00 Uhr

Das RKI will mit Studien für eine bessere Datenlage im SARS-CoV-2-Geschehen sorgen. (t/Foto: limago images / Reiner Zensen)

Das RKI will mit Studien für eine bessere Datenlage im SARS-CoV-2-Geschehen sorgen. (t/Foto: limago images / Reiner Zensen)


Nach wie vor sind die Zahlen, die wir täglich im Zusammenhang mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 präsentiert bekommen, mit Vorsicht zu genießen. Wie hoch die Zahl der festgestellten Infektionen ist, hängt vor allem auch davon ab, wie viele Tests gemacht werden können. Darüber, wie weit das neuartige Virus tatsächlich in der Bevölkerung verbreitet ist, sagen sie wenig. Dessen ist sich auch das Robert Koch-Institut bewusst. Um mehr über die tatsächliche epidemiologische Situation zu erfahren, startet es nun bundesweite Antikörper-Studien.

Eine Infektion mit SARS-CoV-2 ist in Deutschland meldepflichtig. Die offiziellen Meldezahlen spiegeln aber nur einen Teil dieser Infektionen wider. Denn nicht jeder Infizierte entwickelt so starke Symptome, dass er zum Arzt geht. Zudem wird nicht jeder mit Symptomen getestet.

Viele Menschen fragen sich derzeit, ob sie möglicherweise schon eine Infektion mit SARS-CoV-2 durchgemacht haben, ohne dass es ihnen bewusst war oder es durch einen PCR-Test bestätigt wurde. Der Gedanke ist verlockend: Hätten wirklich schon zahlreiche Personen die Infektion unbemerkt durchgemacht, könnte die erwünschte Immunisierung in der Bevölkerung schon weiter verbreitet, die Gefahr einer Ansteckung damit gesunken sein. Professor Christian Drosten, Leiter der Virologie an der Berliner Charité, macht in diesem Punkt allerdings keine große Hoffnung. „Das ist leider nicht so“, erklärte er am 7. März im NDR-Podcast. Er könne das sagen, weil man – auch in anderen Ländern – schon mit Antikörpertests begonnen habe. Dabei habe man keine überraschend große Zahl von unerkannten echt positiven Antikörpertestergebnissen gefunden. Nichtsdestotrotz ist Drosten überzeugt, dass dieser Ist-Zustand jetzt erhoben werden muss – als Grundlinie, von der aus die Untersuchungen dann wiederholt werden müssen, um die Entwicklung zu erkennen.

Und genau damit startet jetzt das Robert Koch-Institut (RKI). Es hat am heutigen Donnerstag eine großangelegte Studie angekündigt, um der Frage auf den Grund zu gehen, wie viele Menschen hierzulande bereits immun sind. Untersucht wird, ob sich im Blut der Studienteilnehmer Antikörper gegen SARS-CoV-2 nachweisen lassen. Diese Antikörper lassen sich frühestens ein bis zwei Wochen nach der Infektion nachweisen. Entsprechende Labortests sind erst seit kurzem verfügbar.

„Von diesen Studien erwarten wir uns ein genaueres Bild über das SARS-CoV-2-Geschehen in Deutschland“, sagt RKI-Präsident Professor Lothar H. Wieler. Er verspricht sich viel von solchen Antikörper-Studien. Ihre Ergebnisse seien „von großer Bedeutung, um den Verlauf und die Schwere der Pandemie genauer abschätzen und die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen besser bewerten zu können“, so Wieler.

Los geht es in Kürze mit Untersuchungen an Blutspendern und Menschen in einigen COVID-19-Ausbruchsgebieten. Längerfristig ist überdies eine bundesweite repräsentative Studie geplant. Bei der Laboranalytik arbeitet das RKI eng mit dem von Professor Drosten geleiteten Institut zusammen.

Die drei Studien-Ansätze des RKI

Konkret sollen folgende Studien anlaufen:

Serologische Untersuchung an Blutspendern in Deutschland: In Zusammenarbeit mit den Blutspendediensten werden regelmäßig Blutproben von Erwachsenen aus ganz Deutschland auf Antikörper untersucht. Losgehen soll es voraussichtlich kommende Woche; alle 14 Tage sollen circa 5000 Blutproben untersucht werden. Erste Ergebnisse werden Anfang Mai 2020 erwartet.

Seroepidemiologische Studien an mehreren besonders betroffenen Orten („Hotspots“) in Deutschland: Ziel der örtlich begrenzten Studien ist es, durch die Bestimmung von Antikörpern gegen SARS-CoV-2 in repräsentativen Stichproben der Einwohner die Immunität in der Bevölkerung vor Ort abzuschätzen. Auch der Anteil asymptomatischer Infektionen und Risikofaktoren für einen schweren Verlauf in der Bevölkerung sollen besser abgeschätzt werden. In jedem Ort werden etwa 2000 Probanden ab 18 Jahre mehrfach untersucht, die Probanden werden zusätzlich unter anderem zu klinischen Symptomen, Vorerkrankungen, Gesundheitsverhalten, Lebensumstände und psychischer Gesundheit befragt. Studienbeginn ist Mitte April 2020, mit ersten Ergebnissen ist im Mai 2020 zu rechnen. Bei diesen Studien arbeitet das RKI mit Forschern um Prof. Gérard Krause vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig zusammen.

Bundesweite bevölkerungsrepräsentative seroepidemiologische Studie: Voraussichtlich Mitte Mai soll dann eine bundesweite repräsentative Stichprobe starten. Untersucht werden sollen 15.000 Personen ab 18 Jahre an 150 Studienorten. Auch diese Probanden werden zu klinischen Symptomen, Vorerkrankungen, Gesundheitsverhalten, Lebensumständen und psychischer Gesundheit befragt. Erste Ergebnisse werden im Juni 2020 erwartet.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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