Wirkstoffkandidaten gegen SARS-CoV-2

Ivermectin als neuer Hoffnungsträger?

Remagen - 09.04.2020, 10:15 Uhr

(Foto: Infectopharm)

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Bei der fieberhaften Suche nach potenten COVID-19-Therapeutika, die zudem schnell für die Behandlung verfügbar gemacht werden könnten, ist jetzt auch das Antiparasitikum Ivermectin in den Fokus des Interesses gerückt. Australische Wissenschaftler haben beobachtet, dass Ivermectin SARS-CoV-2 in einem Zellmodell innerhalb von 48 Stunden so gut wie vollständig eliminierte.   

Eine präklinische Studie, durchgeführt von einem australischen Wissenschaftlerteam, hat gezeigt, dass das weltweit verfügbare Antiparasitikum Ivermectin das neuartige Coronavius SARS-CoV-2 innerhalb von 48 Stunden abtöten kann. An der Forschung beteiligt waren das Monash Biomedicine Discovery Institute (BDI) und das Peter Doherty Institut für Infektion und Immunität (Doherty Institute), ein Joint Venture der University of Melbourne und dem Royal Melbourne Hospital. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Antiviral Research veröffentlicht.

Gängiges Antiparasitikum

Ivermectin gehört zur Gruppe der Avermectine. Verabreicht wird es unter anderem bei einem Befall mit Fadenwürmern und Krätzmilben. Die Effekte beruhen auf der Bindung an Chloridkanäle, was zur Lähmung und zum Tod der Parasiten führt. 

Handelspräparate in Deutschland sind Driponin 3 mg Tabletten und Scabioral 3 mg Tabletten. Seit 2015 ist Ivermectin auch zur topischen Behandlung von entzündlichen Läsionen der (papulopustulösen) Rosazea bei erwachsenen Patienten verfügbar (Handelspräparat Soolantra 10 mg/g Creme). 

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Wegen seiner antiparasitäten Wirkung steht Ivermectin auf der WHO-Liste der Essential Medicines und dürfte deshalb auch in Entwicklungsländern verfügbar sein.

In vitro gegen zahlreiche Viren wirksam

Kylie Wagstaff vom Monash Biomedicine Discovery Institute, die die Studie in Australien leitete, kennt sich mit Ivermectin gut aus. Bereits im Jahr 2012 erzielte sie nach einer Pressemittelung ihres Instituts einen Durchbruch, als sie zusammen mit ihrem Kollegen David Jans dessen antivirale Aktivität entdeckte. Jans und sein Team erforschen Ivermectin seit mehr als zehn Jahren. Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass es in vitro gegen eine breite Palette von Viren wie HIV, Dengue, Influenza und Zika wirksam ist.

Ursprünglich wurde Ivermectin als Inhibitor der Wechselwirkung zwischen dem HIV-1-Integrase-Protein (IN) und dem Importin (IMP) α/ß1 Heterodimer identifiziert, das für den Import von IN in den Zellkern verantwortlich ist. Nach Studien soll IMPα/β1 auch während der Infektion mit SARS-CoV-eine Rolle spielen. Da beide sehr ähnlich sind, könnte die beim HIV-1-Virus beobachtete Hemmung durch Ivermectin auch gegen SARS-CoV-2 zum Tragen kommen.

Durchschlagende Wirkung nach 48 Stunden

Für ihre Laborversuche nutzten die australischen Forscher Vero-hSLAM-Zellen als Modell. Sie konnten sehen, dass der Zusatz von Ivermectin zwei Stunden nach der Infektion der Zellkultur mit dem SARS-CoV-2-Virus das Wachstum des Virus innerhalb von 48 Stunden stoppte (mehr als 5000fache Reduktion). „Wir fanden heraus, dass bereits eine Einzeldosis im Wesentlichen die gesamte virale RNA innerhalb von 48 Stunden entfernen kann und dass selbst nach 24 Stunden eine wirklich signifikante Reduktion auftritt", beschreibt Wagstaff den erstaunlichen Befund. 

Die richtige Dosis finden

Damit sei aber die Wirksamkeit beim Menschen noch lange nicht bewiesen, geben die Wissenschaftler zu bedenken. Hierzu bedürfe es weiterer präklinischer Tests und vor allem klinischer Studien. Der nächste Schritt sei die Bestimmung der richtigen Dosierung beim Menschen. Da Ivermectin häufig angewendet wird, gelte es zwar als sicher, aber ob die standardmäßig eingesetzte orale Dosis auch gegen das Virus wirkt, müsse erst noch bewiesen werden, meint Wagstaff.

Die Forscher verweisen hierzu auf eine Phase-III-Studie in Thailand in den Jahren 2014 bis 2017 zur Wirksamkeit von Ivermectin gegen das Denguefieber. In dieser habe sich eine einmalige Dosis zwar als sicher erwiesen, aber ein klinischer Nutzen habe sich nicht gezeigt, möglicherweise wegen des ungeeigneten Dosisregimes.

Das gelte es nun zu optimieren. Die Ergebnisse eines aktuellen Reviews inklusive Metaanalyse vorhandener Studien legten nahe, dass höhere Dosen von Ivermectin ebenso sicher sein könnten wie Standarddosen (bis zu 400 μg/kg), allerdings soll die Datenlage dafür noch unzureichend sein.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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5 Kommentare

Invermectin

von Claudia Gerau am 10.04.2020 um 21:30 Uhr

Behandeln Sie Ihre Patienten damit? Oder ist das für Sie und die Familie? Und was ist Sartan?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Ivermectin

von Elke Dr. König am 10.04.2020 um 19:59 Uhr

Ich habe es für meine Familie gekauft. Als Notfallmedikament bei Infektion.
Wir haben auch unser Sartan seit 3 Wochen abgesetzt.
Meine Mitarbeiter sind meinen Empfehlungen diesbezüglich gefolgt.
Und: Ich leite eine Intensivstation und behandle Covid-19 Patienten seit 2 Wochen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Ivermectin

von Mona am 16.04.2020 um 17:15 Uhr

Hallo woher kommen sie denn? Hat das Medikament Erfolge gebracht? Warum erzählt man so wenig darüber? Ich habe sarkoidose haben sie tips für mich? Lg

und?

von Karl Friedrich Müller am 09.04.2020 um 10:32 Uhr

ist es schon ausverkauft?

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Ivermectin...

von Eberhard am 09.04.2020 um 21:55 Uhr

...komisch nur, dass diese erstaunliche Erkenntnis bislang von den Medien, den Politikern und den allgegenwärtigen virologen Gurus komplett ignoriert wird?! Ignoranz? Arroganz? Oder beides? Ein Mittel, dass ausgetestet ist und weltweit verfügbar! Warum zum Teufel muss man es monatelang testen? Ich glaube mittlerweile, dass hier auch ausgeprägte Paradigmen und auch Eitelkeiten auf Seiten der selbsternannten Koryphäen eine gewichtige Rolle spielen....nur sehr bedauerlich für die vielen Toten.....

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