Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG)

Spahn will die E-Rezept-Pflicht ab 2022

Berlin - 01.04.2020, 10:15 Uhr

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) legt dem Bundeskabinett heute sein Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG) vor. Darin enthalten ist die Abschaffung des Papierrezeptes. (Foto: imago images / photothek)

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) legt dem Bundeskabinett heute sein Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG) vor. Darin enthalten ist die Abschaffung des Papierrezeptes. (Foto: imago images / photothek)


Am heutigen Mittwoch will die Bundesregierung das von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vorgelegte Patienten-Datenschutzgesetz (PDSG) beschließen. Darin sind mehrere Regelungen zur Ausgestaltung des E-Rezeptes enthalten. Kurz vor der Kabinettsbefassung hat Spahn noch eine große Überraschung eingebaut: Die Bundesregierung will festlegen, dass es ab 2022 verpflichtend (bis auf Ausnahmen) nur noch E-Rezepte gibt. Den Wettbewerb zwischen Apotheken und Versendern beim E-Rezept will Spahn weiterhin ermöglichen, aber klarstellen, dass mit den Verordnungen kein Handel betrieben werden darf.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hatte Ende Januar dieses Jahres den ersten Entwurf zum Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG) vorgelegt. Mit dem Gesetz, das heute dem Bundeskabinett vorliegt, soll die Digitalisierung des Gesundheitswesens weiter vorangetrieben werden. Enthalten sind beispielsweise Neuregelungen zum digitalen Überweisungsschein, der Ausgestaltung der elektronischen Patientenakte (ePA) und auch zum E-Rezept. Was das für den Apothekenmarkt bedeutende E-Rezept betrifft, will Spahn die inzwischen verstaatlichte Gematik verpflichten, eine Standard-Handy-App zu bauen, die als Königsweg der Rezeptübermittlung dienen soll. Aus dieser App sollen die Patienten ihre Verordnungen allerdings in die Anwendungen weiterer Anbieter weiterleiten können, wie etwa Vor-Ort-Apotheken oder auch Versandkonzerne.

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Doch im Vergleich zum ersten Entwurf hat nun eine ganz neue Regelung noch ihren Weg ins Gesetz gefunden. „Die elektronische Verordnung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in der Telematikinfrastruktur wird verpflichtend ab dem 1. Januar 2022 vorgegeben“, heißt es nun in der Kabinettsvorlage, die nach einem Beschluss am heutigen Mittwoch dem Bundestag und dem Bundesrat vorgelegt werden könnte. Heißt konkret: Minister Spahn will das Papierrezept im Normalfall abschaffen. Das ist überraschend, schließlich hatten Spahn und sein Ministerium bis zuletzt betont, dass das Papierrezept erhalten bleiben soll. Auf der Homepage des BMG heißt es auch heute noch: „Das E-Rezept soll das klassische Rezept auf Papier nicht vollständig ablösen: Wer will, kann auch weiterhin das Papierrezept erhalten.“

Was die Ausgestaltung der neuen E-Rezept-Pflicht ab 2022 betrifft, stellt das BMG im neu formulierten Paragraph 360 des SGB V klar, dass Ärzte und Zahnärzte, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen oder aus Kliniken heraus verordnen, dazu verpflichtet sind, Verordnungen nur noch in digitaler Form auszustellen. Das gelte nicht, wenn die Ausstellung in elektronischer Form nicht möglich ist ( etwa bei ärztlichen Hausbesuchen) oder die dafür erforderlichen technischen Dienste nicht zur Verfügung stehen. Für Betäubungsmittel und sogenannte T-Rezepte soll diese Pflicht auch nicht gelten. Gleichzeitig sollen Apotheken verpflichtet werden, Arzneimittel auf Grundlage von E-Rezepten abzugeben. Diese Pflicht gilt nur dann nicht, wenn die erforderlichen Komponenten und Dienste der Telematikinfrastruktur nicht zur Verfügung stehen. Und: Die Regelungen der Apothekenbetriebsordnung bleiben davon unberührt. Das heißt beispielsweise: Auch beim E-Rezept muss der Apotheker prüfen, ob sich eine Abgabe wegen Missbrauchsverdacht verbietet.

Patienten sollen allerdings die Möglichkeit haben, sich die Zugriffsdaten für das E-Rezept (der sogenannte Token, also beispielsweise ein QR-Code) ausdrucken zu lassen. Mit diesem Ausdruck könnten sie dann in die Apotheke gehen und ihn abscannen lassen.*

Klarstellungen zur freien Apothekenwahl

Doch das BMG hat noch weitere Neuregelungen zum E-Rezept in die Kabinettsvorlage eingebaut. Wie schon zuvor klar war, soll die Gematik dazu verpflichtet werden, eine zentrale E-Rezept-Anwendung zu erarbeiten. Das BMG soll auch weiterhin exklusive Eingriffsrechte bekommen: Per Rechtsverordnung und ohne Zustimmung des Bundesrates soll das Ministerium künftig Näheres zu den Schnittstellen in der Telematikinfrastruktur „und ihre Nutzung durch Drittanbieter“ zu regeln. Neu hinzu gekommen ist allerdings, dass es ein „externes Sicherheitsgutachten“ geben soll, in dem die Sicherheit der Telematikinfrastruktur unter die Lupe genommen werden soll. Damit reagiert das BMG offenbar auf die Vorwürfe einiger IT-Spezialisten, die der neuen Datenautobahn des Gesundheitswesens vorgeworfen hatten unsicher zu sein.

Nach dem ersten Entwurf zum PDSG hatte es zudem größere Proteste aus der Apothekerschaft gegeben, die sich um die freie Apothekenwahl drehten. Konkret sind in dem Entwurf mehrere Formulierungen enthalten, die auf das sogenannte „Makelverbot“ hinzielen. Demnach soll es verboten sein, dass Vertragsärzte oder Krankenkassen Verordnungen bestimmten Apotheken zuweisen oder die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen in einer bestimmten Apotheke einzulösen. Allerdings: Die Forderung der Apotheker nach einem Makelverbot auch für „Dritte“ wurde im Referentenentwurf für das Patientendaten-Schutzgesetz nicht berücksichtigt.

Das BMG hat an dieser Stelle nun nachgebessert und deutlich klargestellt, dass mit E-Rezepten kein Handel betrieben werden darf. Zwar soll es Drittanbietern weiterhin möglich sein, sich an die Anwendungen der TI anzubinden. Allerdings heißt es in der Kabinettsvorlage nun wörtlich: „Es ist für die (…) genannten Dritten unzulässig, Verschreibungen, auch in elektronischer Form, zu sammeln, an Apotheken zu vermitteln oder weiterzuleiten und dafür für sich oder andere einen Vorteil zu fordern, sich einen Vorteil versprechen zu lassen, anzunehmen oder zu gewähren.“

In der Begründung heißt es dazu: 


Auch eine mittelbare Beeinflussung über Dritte und von den Krankenkassen oder in deren Auftrag bereitgestellte digitale Anwendungen, wie die elektronische Patientenakte, Apps und Plattformen, muss verhindert werden, damit die freie Apothekenwahl nicht hierüber eingeschränkt wird. Weiterhin wird ausdrücklich klargestellt, dass die freie Apothekenwahl auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen gewahrt bleiben muss. Durch die Digitalisierung wird die Weiterleitung von Verordnungen deutlich vereinfacht. Die Klarstellung trägt dieser Entwicklung Rechnung. Es soll ausgeschlossen werden, dass unter Berufung auf die Möglichkeiten der Digitalisierung die Anwendbarkeit der Vorschriften zur Gewährleistung der freien Apothekenwahl in Frage gestellt wird. Da nicht allein die Apotheken Adressaten der Versorgung gemäß § 31 sind, wird das Zuweisungsverbot allgemein auf alle entsprechenden Leistungserbringer erstreckt.“

Kabinettsvorlage des PDSG


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*Hinweis der Redaktion: Wir haben den Text mit der Information ergänzt, dass es laut Gesetzentwurf möglich sein soll, sich die Zugriffsdaten auf das E-Rezept ausdrucken zu lassen. In der ersten Version des Textes hatte diese Information gefehlt, wir bitten dies zu entschuldigen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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12 Kommentare

Patientendaten

von Nachdenker am 03.04.2020 um 7:14 Uhr

Gerade gibt Herr Spahn Handydaten via Telekom an das RKI weiter. Er möchte ein Handytracking erzwingen - Totalüberweachung der Bürger. In wessen Diensten steht Herr Spahn wirklich? 2022 wird es sicher Deutsche Apotheken nicht mehr geben. Das Patientenwohl interessiert ihn sowieso nicht - das sehen wir gerade in Zeiten, wo wir alle weggesperrt werden wegen eines Wahns, der völlig unangemessen ist.

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Geld ist doch dicker als Blut

von ratatosk am 02.04.2020 um 18:52 Uhr

Sogar jetzt hat Spahn nur das Wohl der Versender im Blick ! Er wird wissen warum. Bin nicht mal enttäuscht, da ich hier nichts anderes erwartet habe, evt. nur nicht schon so früh wieder.

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Handy App

von Birgit am 02.04.2020 um 13:12 Uhr

Digitalisierung okay. Aber was machen ältere Menschen die kein Handy oder gar Smartphone haben und demzufolge nicht in einer App weiterleiten oder vorzeigen können?
Meiner Meinung nach werden diese Personen überall (auch in den Medien) vergessen

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Mal wieder Löschung durch die Daz

von Conny am 01.04.2020 um 15:10 Uhr

Welches Wort haben Sie denn gelesen ? Was ist denn an Raute so schlimm ?

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Wahlhelfer Corona bleibt ... Spahn will ... wir dürfen ... Amazon kommt ... Apotheken gehen ...

von Christian Timme am 01.04.2020 um 14:59 Uhr

Politik "führt uns vor" , Politik trifft die Vor-Wahl ... dann dürfen wir "nachwählen" ... Demokratie schafft das ... das ist Politik.

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APOTHEKEN-Wahl????

von Beobachter am 01.04.2020 um 11:30 Uhr

"... freie Apothekenwahl..."
Die EU-Versender sind KEINE Apotheke. Sie unterliegen keiner deutschen Behörde und somit keinerlei Kontrolle. Sie sind kein Kamnmermitglied (weder IHK noch LAK) und bekommen somit keine Zulassung zur Gematik.
Sie dürfen nicht in die Niederlande liefern und in der Schweiz noch nicht mal OTC-Produkte, also was soll das mit dem Wettbewerb.
Ausserdem Wettbewerb mit verschreibungspflichtigen Medikamenten? Es gibt eine Preisbindung - wo ist der Wettbewerb? Nur die EU-Versender halten sich nicht dran. Das ist Versicherungsbetrug und illegal und kein Wettbewerb.
Haltet euch doch endlich mal an deutsche Gesetze!!
Sonst kann Frau Antje aus Holland auch mitmachen.

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AW: APOTHEKEN-Wahl

von Anita Peter am 01.04.2020 um 11:47 Uhr

Sie müssen sich nicht mal ans FBV halten. Ist doch schön. Lagerhalle hinter die Grenze, und sie müssen weder eine Apotheke sein, noch an Regeln und Gesetz halten. Dafür werden sie dann sogar noch hofiert.

Es können wir laut Buuuuh rufen. Oder was anderes. Aber sicher nicht mit der ABDA.

AW: APOTHEKEN-Wahl

von Thomas Eper am 01.04.2020 um 13:44 Uhr

Die guten Kontakte von Spahn zum DocMorris-Vorstand sind doch bekannt.
Da kann man schon mal beide Augen zudrücken.

e-rezept

von Petra Lange am 01.04.2020 um 11:24 Uhr

April -April ?????

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E-Rezept-Pflicht

von Joker am 01.04.2020 um 11:07 Uhr

"Sichere" E-Rezepte? Verpflichtend in 8 Monaten?
Aprilscherz?

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AW: E-Rezept-Pflicht

von Heiko Barz am 01.04.2020 um 11:26 Uhr

Er will es 2022 eingeführt wissen nicht schon in 8 Monaten. Allerdings hat dieser Mann doch ganz andere Probleme. Viel wichtiger wäre doch die Abstellung der Billigarzneimittelproduktion in „Fernost“ nicht nur wegen der aktuellen Situation sondern auch wegen der Verunreinigungsflut (Valsartan) und der damit verbundenen Unsicherheitsfaktoren, die letztlich nicht unbedingt zum Vorteil der Deutschen Patientenschaft gereichen.

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