Außerplanmäßiger Jour Fixe zu Lieferengpässen

Coronakrise: Arzneimittel mit formellen Mängeln nicht vernichten

Stuttgart - 31.03.2020, 07:00 Uhr

Knapp sind in der Corona-Pandemie nicht nur Atemschutzmasken und Desinfektionsmittel. Wichtigste Maßnahme des außerplanmäßig einberufenen Jour Fixe zu Lieferengpässen dürfte sein, dass Arzneimittel vorerst nicht vernichtet werden sollen, wenn sie nur formelle Mängel haben. (Foto: imago images / Ralph Peters)

Knapp sind in der Corona-Pandemie nicht nur Atemschutzmasken und Desinfektionsmittel. Wichtigste Maßnahme des außerplanmäßig einberufenen Jour Fixe zu Lieferengpässen dürfte sein, dass Arzneimittel vorerst nicht vernichtet werden sollen, wenn sie nur formelle Mängel haben. (Foto: imago images / Ralph Peters)


BfArM-Empfehlung zur Kontingentierung von Arzneimitteln „breit auslegen“

Der Engpass bei OTC-Paracetamol veranschaulicht, dass „es schwer vorhersehbar ist, für welche Arzneimittel ein plötzlicher, wenn auch gegebenenfalls unbegründeter, Mehrbedarf entsteht“, müssen die Jour Fixe-Teilnehmer erkennen. Interessant ist dies vor allem vor dem Hintergrund, dass das BfArM jüngst eine Anordnung zur Kontingentierung von Arzneimitteln erlassen hat – für welche Arzneimittel diese Anordnung genau gilt, war jedoch aus dieser selbst nicht ganz deutlich hervorgegangen. Denn: Das BfArM soll künftig im Hinblick auf Lieferengpässe versorgungsrelevanter Arzneimittel Maßnahmen – auch zur Kontingentierung – ergreifen können. Das sieht das Faire-Kassenwettbewerb-Gesetz vor, dessen Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt zwar jeden Tag zu erwarten, aber bislang nicht erfolgt ist.

Dies im Blick hätte man folglich annehmen können, dass sich die BfArM-Anordnung nur auf versorgungsrelevante Arzneimittel bezieht. Angesichts der derzeitigen Pandemiesituaion wäre es jedoch sicherlich im Sinne des BfArM, die Kontingentierung als Appell zu Augenmaß auch bei anderen Arzneimittel (inklusive OTC) zu verstehen, um einer flächendeckenden Ungleichverteilung von Arzneimitteln entgegenzuwirken. Hier schafft der Jour Fixe nun Klarheit: Es „wird angeregt in der aktuellen Situation die allgemeine Empfehlung des BfArM auch breit auszulegen. Es soll dann engmaschig geprüft werden, ob und für welche Produkte Aufweichungen möglich sind“, so die Teilnehmer.

Appell an Versandapotheken

Über die BfArM-Anordnung hinaus, hatte das BMG bereits in den vergangenen Wochen Maßnahmen ergriffen, um Ungleichverteilungen bei Arzneimitteln möglichst frühzeitig entgegenzusteuern. Unter anderem waren Ärzte vom BMG aufgefordert worden, bedarfsgerecht zu verordnen und keine zusätzlichen Privatrezepte auszustellen, wobei Chroniker auch weiterhin N3-Packungen erhalten sollten, um die Frequenz der Arztbesuche gering zu halten. Apotheken waren angehalten, OTC-Arzneimittel nur bei tatsächlichem Bedarf abzugeben und mit Augenmaß. Zusätzlich hatte das BfArM vor kurzem eine Anordnung  erlassen, wonach Großhandel und Apotheken keine eigenen Überbevorratungen vornehmen sollten. All diese Maßnahmen bestärken die Teilnehmer des Jour Fixe, die „gegenseitige Solidarität (sei) das oberste Prinzip“. Explizit betonen sie, dass die anberaumten Maßnahmen nur dann erfolgreich seien, wenn sich alle Beteiligten daran halten und diese „insbesondere auch von den Versandapotheken umgesetzt wird.“ 

Kritisch gesehen wird ein Vorschlag des GKV-Spitzenverbandes, der auch Verordnungen über einen längeren Zeitraum für chronisch Kranke ermöglichen möchte, wobei der Zeitraum im Jour-Fixe-Kurzprotokoll nicht genauer umrissen wird. Aktuelle Priorität habe die Versorgung in der Fläche, so die Teilnehmer, und nur in besonderen begründeten Ausnahmefällen sollte dies praktiziert werden.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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