VDARZ

Rechenzentren: Wir können nicht unbegrenzt vorfinanzieren!

Berlin - 17.03.2020, 10:15 Uhr

Die Apotheken-Rechenzentren warnen eindringlich davor, dass die Kassen und Hersteller ihren Zahlungsziele nicht mehr nachkommen. Die Coronakrise berge die Gefahr, dass man zahlungsunfähig werde, heißt es beim VDARZ. (t/Foto: imago images / Steinert)

Die Apotheken-Rechenzentren warnen eindringlich davor, dass die Kassen und Hersteller ihren Zahlungsziele nicht mehr nachkommen. Die Coronakrise berge die Gefahr, dass man zahlungsunfähig werde, heißt es beim VDARZ. (t/Foto: imago images / Steinert)


Die Apotheken-Rechenzentren sehen in der aktuellen Coronakrise eine Gefahr für das gesamte Abrechnungssystem. Nach der Noventi meldet sich nun auch der der Bundesverband Deutscher Apothekenrechenzentren (VDARZ) zu Wort und warnt vor ausbleibenden Zahlungen von Krankenkassen und Herstellern. Der Verband fordert, dass auch die Rechenzentren als ein kritischer und bedeutender Punkt der Arzneimittel-Versorgungskette betrachtet werden.

Dem VDARZ gehören für die Versorgung wichtige Rechenzentren an – insbesondere die standeseigenen Abrechner wie beispielsweise die ARZ Darmstadt GmbH, ARZ Service GmbH (Haan) und das Norddeutsche-Apotheken-Rechenzentrum e. V. (NARZ) gehören unter anderem dazu. Die zum Noventi-Konzern gehörenden Rechenzentren sind nicht VDARZ-Mitglieder. In einer aktuellen Pressemitteilung kritisiert der Verband zunächst, dass die Rechenzentren in einer vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) 2016 in Auftrag gegebenen Studie aus Sicht des VDARZ nicht richtig eingestuft wurden.

In der von der Unternehmensberatung PriceWaterhouseCoopers durchgeführten Studie ging es laut VDARZ um eine effektive Aufgabenwahrnehmung und den Schutz der Kritischen Infrastrukturen. Ziel sei es gewesen, möglichst genaue und aktuelle Kenntnisse der Funktionsweise und Abhängigkeiten der Kritischen Infrastrukturen im Gesundheitswesen zu erlangen. Die Studie diene dem BSI als Wissensbasis und Arbeitsgrundlage und ermögliche Erkenntnisse und Einblicke in die Abhängigkeiten der kritischen Versorgungsdienstleistungen von IT-Systemen. Darüber sei untersucht worden, welche Auswirkungen Beeinträchtigungen der eingesetzten IT-Systeme auf die Versorgungsqualität haben könnten.

Der VDARZ bemängelt: „Unverständlicherweise wird die Abrechnung unter Gliederungspunkt 3.4.1 bisher als unkritisch eingestuft. Damit liegt kein Punkt der Aufmerksamkeit auf den möglichen ausbleibenden Zahlungen der Krankenkassen und Pharmahersteller sowie fehlenden Auszahlungen an die Apotheken.“ Sollte es dazu kommen, dass die Rechenzentren nicht mehr regulär ihre Zahlungen von Kassen und Herstellern erhalten, könne dies heftige Auswirkungen auf die Versorgung haben, warnt der VDARZ: 


Dies führt zu lawinenartigen Auswirkungen auf das System des Pharmagroßhandels und der pharmazeutischen Unternehmer. Die im Bundesverband Deutscher Apothekenrechenzentren zusammengeschlossenen Unternehmen können ausbleibende Zahlungen nicht unbegrenzt vorfinanzieren.“

Pressemitteilung des VDARZ


VDARZ: KfW-Kredite sind keine Hilfe

Aus Sicht des VDARZ ist auch das von der Bundesregierung angekündigte unbegrenzte Kreditprogramm der Staatsbank Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) „keine Hilfe“. Denn: „Dieser Kreditrahmen muss über die jeweilige Hausbank beantragt werden, wozu aber noch nicht einmal der KfW die Rahmenbedingungen bekannt sind.“ Man strebe daher einen Runden Tisch mit der Apobank und der KfW an, um eine „schnelle Lösung“ zu schaffen.

Mit Blick auf die oben genannte Studie erwähnt der VDARZ auch, dass die Abgabe von Arzneimitteln schon als „kritisch“ eingestuft worden seien. Diese unterschiedliche Einstufung ergibt aus Sicht des VDARZ-Vorstandes keinen Sinn. Vielmehr sei es von hoher Relevanz, dass die Rechenzentren ihre „Produktion“ analog zu Banken etc. aufrechterhalten dürfen. Aus Sicht des VDARZ muss seitens der Bundesregierung dringend klargestellt werden, dass Apotheken in einem „nationalen Markt für verschreibungspflichtige Arzneimittel durch Faktoren nicht wirtschaftlicher Art gekennzeichnet, einen wichtigen und integralen Bestandteil des nationalen Gesundheitswesens“ darstellen.

Im DAZ.online-Interview hat auch die Noventi-Spitze mit Blick auf die Tätigkeiten in ihren Abrechnungszentren schon mitgeteilt, dass es in den kommenden Wochen und Monaten zu Problemen kommen könnte, wenn die Krankenkassen ihren Zahlungszielen nicht mehr nachkommen. Noventi-Chef Dr. Hermann Sommer und Finanzchef Victor Castro erklärten, dass sie daher mit der Bundesregierung in Kontakt stehen und über einen Überbrückungskredit verhandeln.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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3 Kommentare

Vorfinanzierung

von Roland Mückschel am 17.03.2020 um 11:56 Uhr

Ehrlich gesagt verstehe ich das Problem
nicht.
Notfalls bezahlt halt der Verbraucher, der Patient.
Und der kann ja sich dann an seine Kasse wenden.
Wir unterliegen alle den Gesetzen des Marktes.
Und wer nicht zahlen kann oder will bekommt halt
nichts.
Wir haben das System nicht gemacht.

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AW: Vorfinanzierung ... das war das Unwort ...

von Christian Timme am 17.03.2020 um 15:50 Uhr

Wir leben ein einer Küche ... und der Koch überprüft gerade den Garpunkt ...

Ist das noch ein Finanzierungsproblem oder schon Corona-Marketing?

von Christian Timme am 17.03.2020 um 11:47 Uhr

Bleibt hier noch genügend Zeit übrig ... für das Ausgangsproblem?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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