Erweiterte Ausnahmeregelungen

Apotheken dürfen weitere Händedesinfektionsmittel herstellen

Berlin - 17.03.2020, 14:59 Uhr

Kliniken, Arztpraxen und Pflegeheime brauchen Nachschub an Desinfektionsmitteln. Eine weitere Allgemeinverfügung räumt den Apotheken nun neue Möglichkeiten ein. (Foto: Robert / stock.adobe.com)

Kliniken, Arztpraxen und Pflegeheime brauchen Nachschub an Desinfektionsmitteln. Eine weitere Allgemeinverfügung räumt den Apotheken nun neue Möglichkeiten ein. (Foto: Robert / stock.adobe.com)


Die Bundesstelle für Chemikalien hat nachgelegt: Es gibt nun eine weitere Allgemeinverfügung, die dafür sorgen soll, dass es in Zeiten der Corona-Pandemie ausreichend Händedesinfektionsmittel gibt. Sie umfasst weitere chemische Formulierungen, erweitert den Adressatenkreis auf gewisse chemische Unternehmen und bezieht sich auf die „Abgabe an berufsmäßige Verwender“ – damit sind auch Kliniken umfasst, auf die sich die vorherige Verordnung nicht ausdrücklich erstreckte.

Wir alle wissen: Infolge der Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 sind Desinfektionsmittel zur Händedesinfektion gefragt wie nie. In den Apotheken und Drogeriemärkten sind entsprechende Fertig-Präparate fast gar nicht mehr erhältlich. Daher ist die professionelle Eigenherstellung gefragt, über deren Zulässigkeit in Apotheken es zunächst einige Verwirrung gab.

Anfang März kam jedoch die von der ABDA ersehnte Allgemeinverfügung der hierfür zuständigen Bundesstelle für Chemikalien, die es Apotheken bundesweit ermöglichte, befristet bestimmte isopropanolhaltige Biozidprodukte zur hygienischen Händedesinfektion herzustellen. Diese Ausnahmeregelung nach Artikel 55 der EU-Biozid-Verordnung galt auch für die pharmazeutische Industrie und hatte die Herstellung von Händedesinfektionsmitteln „zur Verwendung durch die breite Öffentlichkeit“ zum Gegenstand. Es ging also um die Versorgung der privaten Haushalte.

Doch der tatsächliche Bedarf ist damit offensichtlich nicht gedeckt. Bekanntlich sind mittlerweile aber vor allem in Kliniken, Arztpraxen und Pflegeeinrichtungen Desinfektionsmittel knapp geworden. Und so gibt es nun einen ergänzenden Erlass der Bundesstelle für Chemikalien: Die „Allgemeinverfügung zur Zulassung 2-Propanol-haltiger, 1-Propanol-haltiger und Ethanol-haltiger Biozidprodukte zur hygienischen Händedesinfektion zur Abgabe an berufsmäßige Verwender aufgrund einer Gefahr für die öffentliche Gesundheit“. 

Im Unterschied zur ersten Verfügung dürfen nun neben Apotheken und der pharmazeutischen Industrie auch Unternehmen der chemischen Industrie, die bereits vor Erlass der ersten Verfügung vom 4. März 2020 Desinfektionsmittel hergestellt haben, die besagten Mittel herstellen. Und: Ausdrücklich geht es nun um die Abgabe an berufsmäßige Verwender – damit sind also unter anderem Kliniken abgedeckt. 

Neue Formulierungen

Außerdem sind neue Möglichkeiten der Formulierung hinzugekommen. Neben der bereits in der ersten Verfügung genannten WHO-Formulierung mit 2-Propanol ist nun eine weitere mit Ethanol hinzugekommen. Zudem sind jetzt zwei weitere 70-prozentige Gemische mit Wasser abgedeckt: Neben 2-Propanol können diese nun auch mit 1-Propanol und Ethanol hergestellt werden. Die genauen Formulierungen mit weiteren Hinweisen entnehmen Sie bitte der hier abrufbaren Verordnung.

Durch die jetzt mögliche Herstellung der Mittel als Biozid müssen die Rohstoffe keine Arzneibuchqualität haben. Zudem fällt bei Bioziden die für die Arzneimittelherstellung geltende Mengenbegrenzung weg.

Ethanol-haltige Biozidprodukte zur Händedesinfektion dürfen derzeit zwar aufgrund einer Übergangsregelung für „alte Wirkstoffe“ ohnehin noch zulassungsfrei in den Verkehr gebracht werden. Apotheken, die nach diesen Formulierungen Händedesinfektionsmittel herstellen wollen, müssen lediglich eine einfache und gebührenfreie elektronische Meldung des Biozidproduktes gemäß Biozid-Meldeverordnung tätigen. Allerdings: Nach den bisherigen Vorgaben darf es nur von Herstellern bezogen werden, die auf einer von der Europäischen Chemikalienagentur geführten Liste vermerkt sind. Dadurch, so konstatiert die neue Allgemeinverfügung, sei die Verfügbarkeit stark begrenzt. Diese Vorgabe ist angesichts der besonderen Gefahr für öffentliche Gesundheit nun ebenfalls gelockert.

Die neue Allgemeinverfügung gilt befristet bis einschließlich 8. September 2020, kann aber auch jederzeit widerrufen werden.

Auf der Webseite der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin finden Sie weitere Informationen rund um die Allgemeinverfügungen. 



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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