Steigende Infektionszahlen durch Opioidkrise

US-Experten: Hepatitis-C-Screening für alle Erwachsenen

Stuttgart - 11.03.2020, 15:15 Uhr

44.700 US-Amerikaner infizierten sich Schätzungen zufolge 2017 mit dem Hepatitis-C-Virus. Nach einer jahrzehntelangen chronischen Infektion kann es die Leber zerstören oder Leber­krebs verursachen. (m / Foto: imago images / Science Photo Library)

44.700 US-Amerikaner infizierten sich Schätzungen zufolge 2017 mit dem Hepatitis-C-Virus. Nach einer jahrzehntelangen chronischen Infektion kann es die Leber zerstören oder Leber­krebs verursachen. (m / Foto: imago images / Science Photo Library)


Eine der Begleiterscheinungen der US-Opioid-Krise ist ein dramatischer Anstieg der Hepatitis-C-Infektionen. Schätzungsweise haben sich im Jahr 2019 rund 44.700 US-Amerikaner mit dem Virus infiziert. Deswegen und weil gleichzeitig auch die Behandlung immer günstiger wird, rät die Preventive Services Task Force allen Erwachsenen im Alter von 18 bis 79 Jahren sich testen zu lassen.

Viele Opioidsüchtige US-Amerikaner haben ihre Drogenkarrieren ganz legal begonnen, nämlich mit ärztlichen Verordnungen. Und zwar insbesondere Verordnungen des oxycodonhaltigen Schmerzmittels Oxycontin, das, so lautet heute der Vorwurf, von der Pharmaindustrie unter Verharmlosung der Risiken aggressiv vermarktet und von Ärzten leichtfertig verschrieben wurde. Erst später wechselten diese Schmerzpatienten dann auf illegale Substanzen, die auch intravenös konsumiert werden. Die Folge: ein drastischer Anstieg der Hepatitis-C-Infektionen in den letzten Jahren. Zuvor waren diese um mehr als 95 Prozent gefallen. Hintergrund für den Rückgang war die routinemäßige Testung von Blutprodukten. Doch seit 2011 steigen die Fallzahlen wieder an – um 140 Prozent schätzt die US-amerikanische Seuchenschutzbehörde Centers for Disease Control and Prevention (CDC). 2017 infizierten sich schätzungsweise rund 44.700 US-Amerikaner mit dem Virus und somit fast viermal so viele wie noch 2010. 

Etwa 2,4 Millionen US-Amerikaner (der insgesamt 327 Millionen Einwohner) leben derzeit mit einer chronischen Hepatitis C. Aktuellen Berechnungen zufolge soll das Hepatitis-C-Virus in den USA für mehr Todesfälle verantwortlich zeichnen als die in der Häufigkeit folgenden 60 Infektionskrankheiten zusammen, darunter auch HIV und Tuberkulose. Und das geschehe, obwohl mittlerweile eine sichere und wirksame Therapie für Hepatitis existiere, deren Preis kontinuierlich sinke, so der Direktor des hepatologischen Instituts des Mount Sinai Health System in New York City, Dr. Douglas Dieterich. Eigentlich habe man das Virus bis 2030 eliminieren wollen, doch aktuell verliere man diesen Kampf, so Dieterich weiter.

Alle zwischen 18 und 79 Jahren sollen sich testen lassen

Vor diesem Hintergrund empfiehlt nun die US Preventive Services Task Force (USPSTF) allen Erwachsenen im Alter von 18 bis 79 Jahren ein Hepatitis C-Screening. Bereits 2013 hatte es eine derartige Empfehlung für die sogenannten Baby-Boomer gegeben, also die zwischen 1945 und 1965 Geborenen, weil diese möglicherweise mit dem damals nicht bekannten Virus verunreinigte Blutprodukte erhalten hatten, insbesondere zu Zeiten des Vietnam-Kriegs.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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