Influenzasaison 2019/20

Grippe zieht wieder an – ist der Höhepunkt der Grippewelle doch nicht vorbei?

Stuttgart - 06.03.2020, 13:29 Uhr

Die Zahl der Grippefälle ist wieder gestiegen. Dennoch geht das RKI davon aus, dass der Höhepunkt der Grippewelle in der Influenzasaison 2019/20 überschritten ist. (Foto: mast3r / stock.adobe.com)

Die Zahl der Grippefälle ist wieder gestiegen. Dennoch geht das RKI davon aus, dass der Höhepunkt der Grippewelle in der Influenzasaison 2019/20 überschritten ist. (Foto: mast3r / stock.adobe.com)


Noch in der letzten Woche sah es danach aus, als ob das Schlimmste der Grippewelle in der aktuellen Influenzasaison 2019/20 überstanden sei – die bestätigten Grippefälle waren zurückgegangen, das Robert Koch-Institut schätzte, dass der Höhepunkt der diesjährigen Grippewelle überschritten ist. Bei dieser Einschätzung bleibt das RKI, auch wenn nun die Zahl der Influenzafälle wieder gestiegen ist. Warum? Und: Die AGI hatte jüngst ihre virologische Surveillance um SARS-CoV-2 erweitert, erstmals gibt es Ergebnisse: Waren auch COVID-19-Erreger in den Atemwegsproben?

Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) sind in der aktuell noch andauernden Grippesaison 2019/20 bislang insgesamt 119.280 Influenzafälle labordiagnostisch bestätigt, die Zahl der Menschen, die wegen Influenza eine Haus- oder Kinderarztpraxis aufgesucht haben, schätzen die Grippe-Experten deutlich höher: Die AGI (Arbeitsgemeinschaft Influenza) geht von 2,6 Millionen aus, in der Vorwoche waren es noch 2,1 Millionen – gehen vielleicht einfach auch mehr Menschen aus Angst vor COVID-19 zum Arzt und die Zahl der positiven Grippenachweise steigt deswegen?

Mehr Influenza-Nachweise durch Corona-Panik?

Denn: Mit 18.862 neuen Grippefällen (labordiagnostisch bestätigt) liegt die Zahl der Neuinfektionen aktuell (Influenza-Wochenbericht KW 9) wieder höher als in der Woche zuvor (17.898 Neuinfektionen in KW 8). Das RKI denkt jedoch offenbar nicht, dass sich durch die etwa 1000 zusätzlichen labordiagnostisch bestätigten Influenzafälle die Grippe-Lage dramatisch verschlimmert hat, sondern bewertet: „Die Influenza-Aktivität ist im Vergleich zur Vorwoche stabil geblieben.“

Es sei nicht klar, ob „wegen der zunehmenden Berichterstattung zu Erkrankungen mit den neuartigen Coronaviren (COVID-19) auch mehr Personen mit akuten Atemwegserkrankungen ihre Hausarztpraxis konsultieren“, was zum gestiegenen Nachweis von Influenazerkrankungen beitragen kann – wer suchet, der findet. Dagegen spricht jedoch aus RKI-Sicht „das gleichbleibende Konsultationsverhalten der GrippeWeb-Teilnehmer.“ GrippeWeb ist das erste Web-Portal, das in Deutschland die Aktivität akuter Atemwegserkrankungen beobachtet und dazu Informationen aus der Bevölkerung selbst verwendet. Es ging im März 2011 online.

Über 200 Menschen mit Grippeinfektion verstorben

Noch in der letzten Woche gab sich das RKI optimistisch, dass durch die zurückgehenden Grippefälle der Höhepunkt der Grippewelle für diesen Winter wohl überschritten ist. Auch an dieser Einschätzung halten die Influenza-Experten – trotz erhöhter ARE-Aktivität (Aktivität der akuten Atemwegserkrankungen) – fest: „Die Grippewelle hat in Deutschland in der 2. KW 2020 begonnen und hält seitdem an, der Höhepunkt der diesjährigen Grippewelle scheint überschritten zu sein“. Denn: Auch wenn die Zahl der Grippefälle erneut gestiegen ist: Der diesjährige Höchstwert mit 20.629 neuen Grippefälle (Kalenderwoche 6 vom 1.2. bis 7.2.2020) wurde nicht überschritten.

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Mit einer Influenzainfektion sind seither 202 Menschen verstorben, die meisten waren positiv auf Influenza A-Viren getestet (184).

Keine SARS-CoV-2 in den Atemwegsproben

Aus aktuellem Anlass hat die Arbeitsgemeinschaft Influenza des RKI jüngst ihre virologische Surveillance (Überwachung) um das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 erweitert. Das bedeutet: eingeschickte Proben von Patienten mit Atemwegserkrankungen werden nun nicht nur auf Influenzaviren (und andere Erreger für Atemwegserkrankungen) untersucht, sondern auch auf den COVID-19-Erreger. Bislang sind alle Proben negativ auf SARS-CoV-2 getestet worden, und es gab „keine Nachweise von SARS-CoV-2 in den Proben der virologischen Surveillance der AGI.“ Es waren 20 Proben, die in der 8. KW entnommen worden waren, und 185 Proben aus der 9. KW auf getestet worden.

Arbeitsgemeinschaft Influenza (AGI) – was ist das?

Die AGI (Arbeitsgemeinschaft Influenza) überwacht ganzjährig die Aktivität von Atemwegserkrankungen (ARE), unter anderem auch der Grippe. Die AGI wird jedoch nicht allein vom RKI gebildet – um die Entwicklung von akuten respiratorischer Erkrankungen zu beobachten und zu bewerten, bedarf es Informationen von Ärzten aus der Praxis. Folglich setzt sich die Arbeitsgemeinschaft Influenza aus einem bundesweiten Netzwerk von Arztpraxen (Allgemeinmediziner, Ärzte für Innere Medizin, Kinderärzte) sowie dem Robert Koch-Institut zusammen. Im Rahmen der „Syndromischen Surveillance“ melden diese Ärzte eine für akute Atemwegserkrankungen typische Symptomkombination (= Syndrom) an das RKI und geben wöchentlich

  • ihre Anzahl von ARE-Patienten pro Tag und Altersgruppe,
  • die Anzahl alle ihrer Patientenkontakte pro Tag als Bezugsgröße und
  • die Anzahl der ARE-bedingten Krankschreibungen,          Krankenhauseinweisungen und Todesfälle durch.

An dieser Syndromischen Surveillance der AGI beteiligen sich laut RKI mehr als 1 Prozent der primärversorgenden Ärzte in Deutschland. Bei der „virologischen Surveillance“ werden hingegen Proben von Patienten mit akuten Atemwegserkrankungen an das Nationale Referenzzentrum für Influenza (NRZ) geschickt, welches diese Proben auf die unterschiedlichen respiratorischen Erreger untersucht.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

RKI ... für was eine Grippe alles gut sein kann ...

von Christian Timme am 06.03.2020 um 21:05 Uhr

Diese Grippe ist sogar bestätigt worden ...(labordiagnostisch bestätigt) ... was kommt bitte als Nächstes? Mein Vorschlag: Mäßig bestätigt ...

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