Coronavirus

Heinsberg: Die Situation in den Apotheken vor Ort

Berlin - 28.02.2020, 17:45 Uhr

Das Team der Apotheke am Medizinzentrum in Heinsberg tut aktuell alles mögliche, um Patienten über die aktuelle Lage bezüglich des Coronavirus aufzuklären. Dr. Katja Renner (4. v. l.) berichtete DAZ.online. (Foto: Apotheke am Medizinzentrum)

Das Team der Apotheke am Medizinzentrum in Heinsberg tut aktuell alles mögliche, um Patienten über die aktuelle Lage bezüglich des Coronavirus aufzuklären. Dr. Katja Renner (4. v. l.) berichtete DAZ.online. (Foto: Apotheke am Medizinzentrum)


Am Dienstag hatte das Universitätsklinikum Düsseldorf die erste neue Corona-Infektion bei einem Patienten aus dem Kreis Heinsberg bestätigt. Seitdem verbreitet sich das Virus auch in Deutschland immer weiter. In Heinsberg selbst stehen hunderte Menschen unter Quarantäne. DAZ.online hat bei einer Apothekerin vor Ort nachgefragt: Dr. Katja Renner ist Vorstandsmitglied der Apothekerkammer Nordrhein und als Apothekerin in der Dom Apotheke tätig.

Dr. Katja Renner ist Apothekerin am Medizinzentrum Heinsberg und Beisitzerin im Vorstand der Apothekerkammer Nordrhein. Im Gespräch mit DAZ.online berichtet Katja Renner davon, wie sie die vergangene Woche in der Dom Apotheke in Heinsberg erlebt hat. Erste Informationen erreichten die Apotheker vor Ort noch am Dienstagabend. Nachdem sich die Meldung verbreitet hatte, sei der Andrang auf die Apotheken in Heinsberg groß gewesen. Am Mittwochmorgen hätten bereits einzelne Kunden vor der Apotheke gewartet, um sich mit Mundschutz und Desinfektionsmittel einzudecken. Im Laufe des Vormittages sei alles ausverkauft gewesen. „Zunächst herrschte noch eine Art surreale Stimmung", berichtet Renner. Mittlerweile seien die meisten aber über die Situation aufgeklärt.

Atemschutzmasken sind laut Renner aktuell gar nicht mehr lieferbar. Kunden, die mit diesem Wunsch in die Apotheke kommen, würden darüber aufgeklärt, dass sie nicht den erhofften Schutz mit sich bringen und welche Maßnahmen geeigneter sind. Das Apothekenpersonal selbst berate auch ganz normal ohne Mundschutz am HV-Tisch. Desinfektionsmittel seien allerdings auch nicht erhältlich. Einen Vorrat an Desinfektionsmitteln konnte die Apotheke zum Schutz der Mitarbeiter zurückbehalten, sodass an jeder Kasse ein viruzides Desinfektionsmittel bereit steht. Die Apotheke habe außerdem Isopropanol- und Ethanol-Defekturen hergestellt, um die Nachfrage zu decken – wobei die Apothekenmitarbeiter auch hier aufklären, dass im privaten Bereich eine gründliche Handhygiene in der Regel ausreicht.

Zur Aufklärung gibt die Dom Apotheke nun auch das Faktenblatt des Robert Koch-Institutes (RKI) an Patienten aus, welches erst gestern veröffentlicht wurde. Die Kammer Nordrhein hatte bereits am Mittwochabend mit dem Apothekerverband ein gemeinsames Rundschreiben an die Apotheken im Bezirk versendet und Informationsmaterialien auf der Internetseite der AK Nordrhein zur Verfügung gestellt. Außerdem stehe man in engem Austausch mit dem Landesgesundheitsministerium.

Eher zu viel Information als zu wenig?

Renner hat allerdings nicht das Gefühl, dass die Angst durch einen Mangel an Informationen ausgelöst wird: „Die meisten Patienten sind durch die Medien und das Internet sehr stark informiert. Allerdings können viele eigenständig nicht zuverlässig die sachlichen Informationen herausfiltern, so entsteht Unsicherheit." Die persönliche und fachkompetente Beratung beruhige sie. Die Patienten reagierten dann vor allem dankbar. Das niederschwellige Angebot der Beratung in der Apotheke entlaste so die Arztpraxen, die den Ansturm teilweise kaum noch stemmen könnten. Jetzt zeige sich wieder, dass die Apotheke vor Ort – besonders in solchen Situationen – ein „wichtiger Anker“ ist.

Die Patienten hätten neben der Ansteckungsgefahr noch weitere Bedenken: Viele sorgten sich um ihre regelmäßige Medikation, so Renner. Sie hätten gehört, dass die Produktion in China durch das Virus eingeschränkt sei, und befürchteten, dass sich bereits bestehende Lieferengpässe verschlimmern oder auf weitere Präparate ausweiten. Viele Menschen äußerten Bedenken, ob sie wohl auch unter häusliche Quarantäne gestellt würden. Die Apotheke versichert ihren Patienten, dass, falls sie nicht in der Lage seien selbst in die Apotheke zu kommen, sie ihre Medikamente natürlich per Botendienst zugestellt bekämen. Da Heinsberg eher ländlich gelegen ist, funktioniere das soziale Netz aber noch sehr gut, sodass viele einfach ihre Nachbarn bitten würden. Daher sei der Botendienst bis jetzt noch nicht so stark in Anspruch genommen worden.



Svea Türschmann
redaktion@daz.online


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