Auseinzelung in französischen Apotheken

Wird die Serialisierung ausgehebelt?

Remagen - 11.02.2020, 13:30 Uhr

Die Apotheker in Frankreich sind mehrheitlich gegen die neue Option, Einzeldosen in Apotheken abzugeben. (m / Foto: imago images / Photo12)

Die Apotheker in Frankreich sind mehrheitlich gegen die neue Option, Einzeldosen in Apotheken abzugeben. (m / Foto: imago images / Photo12)


Nun hat Emmanuel Macron eines seiner umstrittenen Wahlversprechen doch noch durchgeboxt: die Abgabe von Einzeldosen in Apotheken soll erlaubt werden. Ein bisschen Federn musste die Regierung allerdings lassen. Die Option soll nicht allgemein gelten, sondern nur für bestimmte Arzneimittel.

Mit der endgültigen Verabschiedung des Gesetzes zur Abfallvermeidung und Kreislaufwirtschaft hat der französische Senat am 30. Januar den Weg für die Abgabe von Einzeldosen in Apotheken freigemacht. Die Initiative geht zurück auf ein Wahlkampfversprechen von Emmanuel Macron aus dem Jahr 2017. Nach mehreren Versuchen zur Einführung der Regelung über das Gesetz zur Finanzierung der Sozialversicherung und heftigen Diskussionen soll am Ende alles sehr schnell gegangen sein.

Nur in abgespeckter Form

Nun soll die Auseinzelung bei der Abgabe in knapp zwei Jahren Einzug in die französischen Apotheken halten, wenn auch mit Abstrichen. Ursprünglich sollte die Option allgemein angewendet werden können. Nun kommt sie in abgespeckter Form. Die Liste der hierfür in Frage kommenden Arzneimittel wird erst noch per Dekret festgelegt. Dasselbe gilt für die Modalitäten der Verpackung, Etikettierung, Information der Versicherten und für die Rückverfolgbarkeit der Präparate. Die Regelung zur „Vermeidung der Verschwendung von Arzneimitteln“ soll spätestens am 1. Januar 2022 in Kraft treten.

Honorierung der Apotheker bisher nicht geplant

Die Arzneimittelfachleute in Frankreich, sprich die Apotheker und die pharmazeutische Industrie sind mehrheitlich gegen die neue Option. „Ich bin skeptisch und warte ab, wie das Dekret ausgearbeitet wird, erklärt Carine Wolf-Thal, Präsidentin der französischen Apothekerkammer. Der Verband der Pharmagewerkschaften Frankreichs FSPF verweist auf den wirtschaftlichen Aspekt für die Apotheker. „Bislang ist keine Vergütung des Apothekers dafür geplant. Kein Apotheker kann diese jedoch ohne finanzielle Gegenleistung vornehmen.“ Es gehe also nur um die Einhaltung eines Wahlkampfversprechens von Emmanuel Macron „ohne an morgen zu denken“. 

Warum die Industrie die neue Regelung für kontraproduktiv hält

Die Union der Verbände der Offizinapotheker USPO geht davon aus, dass sich die Auswirkungen der Regelung gegenüber dem ursprünglichen Plan in Grenzen halten. Man werde alles daran setzten, die Umsetzung so weit wie möglich einzuschränken und unnötig zu machen, so die Ansage. Der Generikaverband Gemme lehnt die Möglichkeit ebenso ab wie die Apothekergruppierung Federgy und der Industrieverband Leem. Die Industrie betrachtet diese als „beunruhigenden Rückschritt nach der kostspieligen Umsetzung der Serialisierung und als erhebliches Gesundheitsrisiko für Patienten“. Gemme macht überdies zusätzliche Kosten für die Krankenversicherung und für die Gemeinschaft geltend.

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Hauptursache für Abfälle sieht der Branchenverband nicht in der Packungsgröße

In einer Erklärung vom 9. Dezember erläutert Leem, warum die Industrie die neue Regelung für kontraproduktiv hält: „Über die notwendige Anpassung der Verpackungslinien hinaus werden die vorperforierten Blister, die viel größer sind als herkömmliche Blisterpackungen, wahrscheinlich 30 Prozent mehr Abfälle (Aluminium und PVC) erzeugen“, heißt es darin. Das stehe im völligen Widerspruch zu dem Ziel der Abfallvermeidung“. Leem macht an dieser Stelle außerdem deutlich, dass die Anzahl der Arzneidosen in Fertigpackungen angepasst an die Dosierung und die Dauer der Behandlung von den Gesundheitsbehörden festgelegt würden. Die Hauptursache für Abfälle sieht der Branchenverband nicht in der Packungsgröße, sondern bei unangemessenen Rezepten und einer schlechten Überwachung der von den Patienten verordneten Behandlung.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Keine schlechte Idee

von Rainer W. am 11.02.2020 um 14:51 Uhr

Bei Ibuprofen z.B. wäre der Markt deutlich übersichtlicher wenn es statt 510 verschiedenen Artikeln einfach einen Endlosblister mit teilbaren 400mg-Tabletten gäbe. Natürlich von verschiedenen Herstellern.

Damit kann man alle Größen und Stärken abdecken und das ganze Stückeln bei Lieferengpässen hätte sich erledigt.

So lange in Apotheken aber pharmazeutisches Personal arbeitet und keine chinesichen Mindestlohnarbeiter muss so eine Arbeit auch bezahlt werden.

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