Drei Jahre Cannabis-Gesetz

Barmer: In Bayern ist Cannabis besonders gefragt

Berlin - 07.02.2020, 16:45 Uhr

Cannabis als Medizin: Ob es mit der Genehmigung klappt, hängt laut Barmer nicht zuletzt davon ab, wie fit die Ärzte in diesem speziellen Therapiegebiet sind. (Foto: imago images / epd)

Cannabis als Medizin: Ob es mit der Genehmigung klappt, hängt laut Barmer nicht zuletzt davon ab, wie fit die Ärzte in diesem speziellen Therapiegebiet sind. (Foto: imago images / epd)


Seit bald drei Jahren ist Cannabis als Medizin erstattungsfähig – dafür müssen allerdings einige Bedingungen erfüllt sein. Nicht jeder Patient, der meint Cannabis sei gut für ihn, bekommt es auch bewilligt. Nun zieht die Barmer Bilanz: Die Zahl der Anträge auf eine Kostenübernahme steigt beständig, rund zwei Drittel von ihnen werden auch bewilligt. Allerdings gibt es deutliche regionale Unterschiede.

Am 10. März 2017 trat das „Cannabis-Gesetz“ in Kraft. Die medizinische Anwendung von Cannabisblüten und- zubereitungen wurde zum Bestandteil der Regelversorgung: Die gesetzlichen Krankenkassen müssen die Kosten für die Therapie mit Medizinalhanf nun übernehmen – wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind. So muss eine schwerwiegende Erkrankung vorliegen, für die keine andere allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Therapie zur Verfügung steht oder diese mit nicht tolerierbaren Nachteilen einhergeht. Bei der Erstverordnung bedarf es zudem der Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist.

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Cannabis im Therapiealltag

Die Barmer meldet nun: Von März bis Ende Januar dieses Jahres sind bei ihr 14.986 Anträge auf cannabishaltige Arzneimittel eingegangen. Davon wurden 10.255, also 68,4 Prozent bewilligt und 4.731 abgelehnt. Die Zahl der Anträge auf Kostenübernahme ist dabei nach und nach gestiegen. Während es sich von März bis einschließlich Dezember 2017 um 3.090 Anträge gehandelt habe, waren es im darauffolgenden Jahr 5.238 und im vergangenen Jahr 6.094 Anträge. Die Bewilligungsquote lag 2017 bei 65 Prozent, stieg im Jahr 2018 auf 72 Prozent an und ging im vergangenen Jahr zurück auf 67 Prozent.

Barmer

„Cannabis-Anträge werden zum Beispiel dann abgelehnt, wenn sie bei Krankheitsbildern zum Einsatz kommen sollen, für die andere Therapiealternativen noch nicht geprüft wurden“, erklärt Dr. Ursula Marschall, leitende Medizinerin bei der Barmer. Grundsätzlich ist sie aber überzeugt, dass Cannabis richtig eingesetzt für schwerkranke Patienten eine „wertvolle Therapieoption“ sein könne. Es handele sich aber um ein komplexes Arzneimittel, das medizinisches Spezialwissen erfordere. Es sei kein Allheilmittel. „Cannabishaltige Arzneimittel sollten daher nur durch Ärzte verordnet werden, die sich mit der kompletten therapeutischen Breite des Medikamentes und seinen verschiedenen Inhaltsstoffen auskennen“, so Marschall. Wenn das geschehe, dürften auch die Ablehnungsquoten weiter zurückgehen.

Regionale Unterschiede bei den Bewilligungen

Die aktuelle Barmer-Analyse zu Cannabis-Verordnungen wirft auch einen Blick in das regionale Verordnungsgeschehen. Sie zeigt, dass in den vergangenen knapp drei Jahren die meisten Anträge auf Kostenübernahme cannabishaltiger Präparate in Bayern gestellt wurden – nämlich 3029. An zweiter Stelle folgt Nordrhein-Westfalen mit 2871 Anträge, an dritter Baden-Württemberg mit 1310 Anträgen. „In Bayern gibt es auch deshalb so viele Cannabis-Verordnungen, weil es dort sei Mitte der 90er-Jahre einen Forschungsschwerpunkt an der Universität München gab. Dementsprechend erfahren sind die Ärzte mit der Formulierung der Anträge“, erklärt Marschall. Dies sei nicht überall in gleichem Maße der Fall, wodurch es in manchen Regionen zu niedrigeren Bewilligungsquoten kommen könne. Diese reichten von 77,8 Prozent in Sachsen-Anhalt bis hin zu 56,4 Prozent in Hessen.

Barmer

„Wenn in manchen Regionen viel weniger Cannabis-Anträge bewilligt werden können als in anderen, kann dies auch an Informationsdefiziten und fehlerhaften Anträgen liegen. Hier ist zusätzliche Aufklärung erforderlich“, sagt Marschall.

Und wie sieht es mit den Verordnungszahlen aus? Barmer-Versicherte bekamen seit März 2017 fast 83.000 Packungen cannabishaltiger Präparate im Wert von etwa 35,3 Millionen Euro verordnet. Darunter waren fast 20.000 „Packungen“ unverarbeiteter Cannabisblüten. Marschall sieht dies mit einer gewissen Skepsis: Anders als Rezepturen und Fertigarzneimittel wiesen Blüten sehr unterschiedliche Wirkstoffmengen auf und seien daher schwer dosierbar. Zudem seien Cannabisblüten auch teurer als cannabishaltige Kapseln und Sprays. Nicht zuletzt sei die Nachfrage nach Cannabisblüten so hoch, dass es mitunter zu Lieferengpässen kommen könne.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

Cannabis in Bayern

von Roland Mückschel am 07.02.2020 um 18:24 Uhr

Ahaa, habe schon länger sowas geahnt.

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