Medikationsfehler durch Arbeitsdruck in US-Ketten

Apotheker: „Ich bin eine Gefahr für die Öffentlichkeit, indem ich für CVS arbeite"

Remagen - 07.02.2020, 10:15 Uhr

Mit fast 10.000 Apotheken im ganzen Land ist CVS die größte Kette des Landes. (Foto: imago images / Levine-Roberts)

Mit fast 10.000 Apotheken im ganzen Land ist CVS die größte Kette des Landes. (Foto: imago images / Levine-Roberts)


Anfragen für Wiederholungsrezepte über automatisierte Systeme

State Pharmacy Boards und Apothekerverbände in mindestens zwei Dutzend Bundesstaaten berichteten nach Interviews und Aufzeichnungen von „verstörten Apothekern“. Ärzte beklagten sich, dass Apotheken sie mit Nachfragen nach Wiederholungsrezepten (refills) „bombardieren“, die die Patienten nicht verlangt haben und nicht verlangen sollten. Es sei zwar üblich, dass Apotheken zur Behandlung chronischer Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes für 90 Tage Erhaltungsmedikation abgeben. Für andere Medikamente, wie etwa Phytopharmaka, kommt dies jedoch aus Sicht der Ärzteschaft keineswegs in Frage. Apotheker erzählten der Times, dass viele dieser unerwünschten Anfragen für refills durch automatisierte Systeme generiert werden, die zum Teil dazu entwickelt wurden, den Umsatz zu steigern.

Meistens werden die Apotheker zur Rechenschaft gezogen

Der Geschäftsführer der Florida Pharmacy Association Michael Jackson sagt, dass die Zahl der Beschwerden von Mitgliedern im Zusammenhang mit Personalkürzungen und Sorgen um die Patientensicherheit im vergangenen Jahr ein „überwältigendes Ausmaß“ angenommen habe. Die Einzelheiten und die Schwere der Fehler, die aus der Überbelastung der Apotheker resultieren, seien kaum zu beurteilen. Abgesehen von laxen Berichtspflichten würden viele Fehler nie öffentlich, weil Unternehmen sich mit Opfern oder ihren Familien abfinden und oft eine Vertraulichkeitsvereinbarung verlangen. Werde ein Fehler an ein Board gemeldet, so würden oft Maßnahmen gegen den Apotheker ergriffen. Dass ein Unternehmen überprüft werde, sei weniger üblich.

Ketten wiegeln ab und rücken keine Daten raus

In Erklärungen betonten die Apothekenketten ihrerseits, dass die Sicherheit der Patienten für sie von größter Bedeutung sei. Das Personal werde mit Sorgfalt eingesetzt, um eine korrekte Arzneimittelabgabe zu gewährleisten. Dass Apotheker unter extremem Druck stehen oder mit Repressalien konfrontiert werden, wird bestritten. Fehler seien bedauerlich, aber selten. Daten über Fehler wollten die Kettenarbeitgeber nicht zur Verfügung stellen.Die Regulierung der Ketten, von denen fünf zu den 100 größten Unternehmen des Landes gehören, habe sich für die State Pharmacy Boards als schwierige Aufgabe erwiesen, schreibt die New York Times weiter. Beamte von mehreren State Boards sagten der Zeitung, sie hätten nur begrenzte Befugnisse, um zu diktieren, wie Unternehmen ihre Geschäfte führen. Einige Staaten hätten Gesetze verabschiedet, zum Beispiel zur Einführung obligatorischer Mittagspausen oder zur Begrenzung der Zahl der pharmazeutischen Assistenten, die ein Apotheker überwachen könne. Aber die Gesetze würden nicht immer befolgt, seien schwierig durchzusetzen oder könnten breitere Probleme nicht lösen.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

„PillPack by Amazon Pharmacy” 

Amazon benennt Pillpack um

Walgreens Boots Alliance/Rite Aid

Mega-Deal im US-Apothekenmarkt geplatzt

„BrandZ Top 25“ enthält auch zwei Apothekenmarken

Einige Milliarden US-Dollar wert

Neuer Name für die Online-Apotheke als neuer Pflock im Apothekensektor

„PillPack by Amazon Pharmacy“

Arzneimittel-Programm für Einkommensschwache 

US-Apotheken bereichern sich an Rabatten

4 Kommentare

Wachstum Wachstum Wachstum

von Rainer W. am 11.02.2020 um 10:27 Uhr

Ich kann die Kritik gar nicht verstehen. Es sollen eben die Marktanteile erweitert werden, der Umsatz gesteigert, die Kosten reduziert.

Das sind doch genau die Punkte die man sich bei den regelmäßigen Veröffentlichungen der ZurRose-Gruppe und von DocMorris anhören kann.

Und anscheinend möchte ja auch der Gesundheitsminister dass dieses Potential besser genutzt wird. Datenschutz sei schließlich was für Gesunde und nur durch Bedarfsermittlung kann man den Bedarf optimal abdecken und die Verkaufszahlen steigern.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Bekannt

von Reinhard Rodiger am 07.02.2020 um 22:20 Uhr

Das ist alles seit Jahren bekannt und wird systematisch ignoriert.Es ist nochmal die Bestätigung, was aus der nicht zu Ende gedachten Beschleunigung zum e-Rezept folgt.Es ist die Inkarnation politischer Verantwortungslosigkeit.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Besser kann man die Zukunft für Apotheker nicht beschreiben ...

von Christian Timme am 07.02.2020 um 11:01 Uhr

Wenn Jens Spahn jetzt auch noch lesen könnte...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Gefahr?

von Roland Mückschel am 07.02.2020 um 10:52 Uhr

Das macht nichts.
Digital first!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.