Vorbeugung von Demenz

Körperliche Fitness könnte helfen

Remagen - 30.01.2020, 09:08 Uhr

Körperliches Training tut auch dem Gehirn gut. (Foto: jd-photodesign / stock.adobe.com)

Körperliches Training tut auch dem Gehirn gut. (Foto: jd-photodesign / stock.adobe.com)


Dass eine gute Fitness allerlei Krankheiten vorbeugen kann, ist eine allgemein bekannte Tatsache. Studien legen nahe, dass sie sogar einen positiven Einfluss auf die Gesundheit des Gehirns und die kognitive Leistungsfähigkeit haben könnte. Eine neue Studie des Deutsches Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen und der Universitätsmedizin Greifswald stützt diese These. Die Forscher haben einen Zusammenhang zwischen körperlicher Leistungsfähigkeit und Größe des Gehirns gefunden. 

Demenz-Erkrankungen könnten sich in Zukunft zu einer der größten Herausforderungen der medizinischen Versorgung entwickeln. Wirksame Therapien gibt es bislang nicht. Deshalb empfiehlt es sich, auf die Prävention zu setzen, um das Auftreten der Demenz hinauszuzögern oder gar zu verhindern. Hans Jörgen Grabe, Forschungsgruppenleiter am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), Standort Rostock/Greifswald und Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Greifswald (UMG) glaubt, dass körperliche Inaktivität ein Risikofaktor für Demenz ist. Deshalb sollen körperliche Fitness und regelmäßiger Sport eine vorbeugende Wirkung haben. Diverse Studien deuten darauf hin, dass an dieser Theorie etwas dran sein könnte. „Die Mechanismen dahinter sind jedoch unklar“, sagt Grabe.

Daten aus der SHIP-Studie

Um der Sache auf den Grund zu gehen, analysierte ein Forscherteam um Grabe und Sebastian Baumeister, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der UMG, Daten aus der sogenannten SHIP-Studie. Die Wissenschaftler wollten herausfinden, ob körperliche Fitness in Zusammenhang mit dem Hirnvolumen steht. Die Study of Health in Pomerania (SHIP)-Studie befasst sich mit Faktoren für Gesundheit und Krankheit in der Bevölkerung. Mehrere tausend Menschen aus Mecklenburg-Vorpommern nehmen daran teil. Die Ergebnisse ihrer aktuellen Datenauswertung haben die Greifswalder Wissenschaftler im Fachjournal „Mayo Clinic Proceedings“ veröffentlicht.

Fahrrad-Ergometer-Test und Hirnvermessung

In die Untersuchung wurden Daten von rund 2.100 Frauen und Männern im Alter zwischen 21 bis 84 Jahren einbezogen (Alter im Mittel: 52 Jahre). Die Personen hatten sich im Rahmen der SHIP-Studie einem Belastungstest auf dem Fahrrad-Ergometer unterzogen. Zur Bestimmung der körperlichen Fitness war die von den Probanden unter Höchstbelastung ein- und ausgeatmete Luft untersucht und daraus die „maximale Sauerstoff-Aufnahme“ ermittelt worden. Diese Kennzahl gibt Auskunft über den Trainingszustand des Herz-Kreislauf-Systems. In weiteren Untersuchungen waren die Gehirne der Probanden mit Hilfe der Magnetresonanz-Tomographie (MRT) vermessen wurden.

Training nutzt wahrscheinlich auch in späten Lebensjahren noch

Bei der statistischen Analyse der Messwerte zur maximalen Sauerstoff-Aufnahme und der MRT-Daten fanden die Wissenschaftler tatsächlich einen positiven Zusammenhang zwischen körperlicher Leistungsfähigkeit und Hirnvolumen. „Je besser die körperliche Fitness, umso größer das Hirnvolumen“, stellt Katharina Wittfeld, DZNE-Wissenschaftlerin und Erstautorin der Studienpublikation, fest „Der Effekt betraf nicht nur das Gesamtvolumen, sondern auch einzelne Hirnbereiche, die für das Gedächtnis sowie für emotionales und belohnungsbezogenes Verhalten wichtig sind“, fügt Wittfeld an. Mit dem Hippocampus sei auch eine Hirnregion dabei, die bei einer Alzheimer-Erkrankung involviert sei. Auch hier habe das Team gesehen, dass körperlich fitte Personen tendenziell einen größeren Hippocampus aufwiesen als Personen, die weniger fit sind.

Hypothese gestützt, aber noch kein Beweis

Laut Grabe ist die aktuelle Studie eine der bislang umfangreichsten Untersuchungen über die Beziehung von körperlicher Fitness und Hirnvolumen. Zudem bilde sie einen breiten Querschnitt der erwachsenen Bevölkerung ab. „Die nun vorliegenden Daten stützen die Hypothese, dass die kardiorespiratorische Fitness zu einer verbesserten Gehirngesundheit und einem verlangsamten altersbedingten Abbau der Hirnmasse beitragen könnte“, sagt der Forschungsgruppenleiter. Ein Beweis ist das für ihn allerdings noch nicht. „Der statistische Zusammenhang zwischen Fitness und Hirnvolumen, den wir festgestellt haben, sagt nichts über die Ursachen“, gibt der Greifswalder Forscher zu bedenken. Zum einen seien weder etwaige sportliche Aktivitäten der Versuchsteilnehmer erfasst worden. Zum anderen habe man nicht untersucht, ob sich durch Training über längere Zeiträume das Hirnvolumen verändere.

Immerhin sollen auch schon andere Studien bereits nahegelegt haben, dass regelmäßiges körperliches Training das Hirnvolumen vergrößern kann. „Durch Sport werden erwiesenermaßen körpereigene Substanzen freigesetzt, die dem Verlust von Nervenzellen entgegenwirken können“, berichtet Grabe. Außerdem soll es Hinweise darauf geben, dass körperliche Aktivität die Neubildung von Nervenzellen anregen könne. Er meint, dass diese beiden Phänomene die Auswirkungen auf das Hirnvolumen möglicherweise erklären könnten.

Als besonders bedeutsam hebt Grabe hervor, dass die aktuelle Analyse der Greifswalder Forscher nicht nur bei jungen Menschen einen Zusammenhang zwischen körperlicher Fitness und Hirnvolumen fand, sondern auch bei älteren Erwachsenen. Er leitet daraus den Schluss ab, dass die Förderung körperlicher Fitness vielleicht sogar in späten Lebensjahren dazu beitragen könnte, Hirnmasse zu erhalten und somit auch im Kopf möglichst lange fit zu bleiben.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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