Securpharm

Fälschungsverdacht bei nachträglicher Ausbuchung – und nun?

Stuttgart - 30.01.2020, 07:00 Uhr

Üblicherweise verifizieren Apotheker Packungen vor der Abgabe, bei technischen Problemen kann das auch mal nachträglich der Fall sein. (c / Foto: imago images / Panthermedia)

Üblicherweise verifizieren Apotheker Packungen vor der Abgabe, bei technischen Problemen kann das auch mal nachträglich der Fall sein. (c / Foto: imago images / Panthermedia)


Bei technischen Störungen am Securpharm-Server oder Stromausfall dürfen Apotheken die Arzneimittel erst einmal abgeben und die Verifizierung und Ausbuchung nachträglich durchführen. Doch was, wenn beim nachträglichen Ausbuchen ein Fälschungsverdacht aufkommt? Die möglicherweise gefälschte Packung ist ja schließlich weg.

Seit fast einem Jahr sind Apotheken verpflichtet, verschreibungspflichtige Arzneimittel vor der Abgabe zu verifizieren und auszubuchen. Wie im Fall einer technischen Störung oder gar eines Stromausfalls sowie bei Wartungsarbeiten vorzugehen ist, hat die ABDA schon zum Start des Systems in ihrem FAQ-Papier zu Securpharm bedacht. Dort ist zu lesen, dass bei vorübergehenden technischen Störungen zum Zeitpunkt der Abgabe erlaubt ist, Arzneimittel abzugeben und die Verifizierung und Ausbuchung nachträglich durchzuführen, sobald die Störungen behoben sind. Ganz komfortabel ist die Sache allerdings nicht: Man muss die Seriennummer und den Produktcode bei der Abgabe notieren oder den DataMatrixCode abfotografieren und die Packung dann nachträglich manuell ausbuchen.

Kein Hinweis in den FAQ

Was sich aber in den FAQ nicht findet, ist ein Hinweis dazu, was denn zu tun ist, wenn das System beim nachträglichen ausbuchen Alarm schlägt, also ein Fälschungsverdacht besteht. Schließlich ist die Packung zu diesem Zeitpunkt weg und je nach Arzneimittel unter Umständen bereits angefangen oder gar aufgebraucht. Eine Securpharm-Sprecherin erklärt dazu auf Nachfrage von DAZ.online:


Strom- und Serverausfälle stellen die Nutzung des Securpharm-Systems vor besondere Herausforderungen, egal ob diese die zentrale Infrastruktur oder die IT vor Ort in der Apotheke betreffen. Daher führen wir erforderliche Wartungsarbeiten an den zentralen Infrastrukturen über Nacht durch, um die Auswirkungen und die Zahl der davon betroffenen Packungen möglichst gering zu halten. Securpharm ist sich bewusst, dass Serverausfälle Unannehmlichkeiten für die abgebenden Stellen bedeuten. Der Gesetzgeber hat zwar Regelungen dafür getroffen, dass Packungen in solch einem Fall abgegeben und nachträglich geprüft werden dürfen, aber nicht konkret vorgegeben, wie mit dem von Ihnen geschilderten Fall zu verfahren ist. Auch Empfehlungen der Aufsichtsbehörden sind uns nicht bekannt. Securpharm kann diese Lücke nicht füllen, und daher nach Rücksprache mit der ABDA unmittelbar nur einen generellen Hinweis geben, wie in einem derartigen Fall verfahren werden könnte.“ 

Securpharm-Sprecherin 


Soll man den Patienten kontaktieren?

Abgebende Stellen sollen demnach die Arzneimittel wie bisher auch sorgfältig auf Auffälligkeiten überprüfen, die auf eine Fälschung hindeuten, lautet die Empfehlung. Wenn entsprechende Auffälligkeiten nicht vorliegen, könne die Packung in dieser temporären Ausnahmesituation im Sinne der Versorgung an den Patienten abgegeben werden.

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Suche nach der Packung und dem Patienten möglich und verhältnismäßig?

In solchen Fällen den Patienten zu kontaktieren, was ja naheliegend wäre, halten die ABDA und Securpharm nicht in jedem Fall für sinnvoll. Dazu erklärt die Securpharm-Sprecherin: „Prinzipiell liegen die Kontaktdaten der Patienten bei Arzneimitteln, die zu Lasten der GKV abgegeben werden, über das Rezept vor. Normalerweise ist es aber kaum möglich, eine Abgabe einer konkret betroffenen Packung im Nachhinein dem Rezept eines bestimmten Patienten genau zuzuordnen. Wird bei der nachträglichen Verifizierung eine Fehlermeldung festgestellt, so ist im Einzelfall zu bewerten und abzuwägen, ob eine Suche nach der jeweiligen Packung und dem Patienten überhaupt möglich und verhältnismäßig ist.“

Verifizierung beim Wareneingang reicht nicht

In den meisten Apotheken wird bereits beim Wareneingang verifiziert, bei Abgabe nochmals, erst dann erfolgt die Ausbuchung. Das heißt: Fälschungen müssten auch schon bei Bearbeitung der Lieferung auffallen, was gewissermaßen vor den oben genannten Vorfällen schützen dürfte. Eine beim Wareneingang durchgeführte Verifikation entbindet allerdings auch im Falle einer technischen Störung nicht vor der erneuten Verifikation vor der Abgabe. In den FAQ heißt es explizit, dass laut der Delegierten Verordnung die Echtheitsprüfung „zum Zeitpunkt der Abgabe an die Öffentlichkeit“, das heißt an den Patienten, erfolgen muss. Nur die Kontrolle unmittelbar vor Abgabe sichere, dass bei der Echtheitsprüfung die neuesten Informationen genutzt werden können, zum Beispiel weil eventuell eine Charge zwischenzeitlich zurückgerufen wurde oder die Packung bereits in einer anderen Apotheke abgegeben wurde.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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1 Kommentar

Packung bereits in einer anderen Apotheke abgegeben

von Norbert Veicht am 31.01.2020 um 15:15 Uhr

Das heißt dann wohl, dass der Code bei mindestens einer der beiden Packungen gefälscht wurde. Es ist allerdings ganz und gar nicht klar, dass die zuerst abgegebene Packung die legale Packung war. Das ist ein Riesenaufwand, der durch derartige Schwachstellen im System schlichtweg absurd ist!

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