Gentherapie vor der klinischen Erprobung

Ein „Schuss“ gegen die Kokainsucht

Remagen - 21.01.2020, 11:30 Uhr

Laut der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. kann Kokain durch Schnupfen oder Injizieren (Kokainhydrochlorid) wie auch, nach Umwandlung in Kokainbase, durch Rauchen aufgenommen werden. (c / Foto: seksanwangjaisuk / stock.adobe.com)

Laut der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. kann Kokain durch Schnupfen oder Injizieren (Kokainhydrochlorid) wie auch, nach Umwandlung in Kokainbase, durch Rauchen aufgenommen werden. (c / Foto: seksanwangjaisuk / stock.adobe.com)


FDA hat „first-in-human“-Studien zugestimmt

Im Ergebnis waren die i.v. Injektionen von AAV8-hCocH sowohl bei kokainnaiven als auch bei kokainexponierten Mäusen sicher und gut verträglich. Es gab keine negativen Auswirkungen auf das Überleben. Vielmehr verhinderte der Wirkstoff auf lange Sicht den kokaininduzierten Tod. Für beide Dosen der Studienmedikation wurden keinerlei Nebenwirkungen durch den viralen klinischen Vektor und keine Anzeichen von Toxizität festgestellt. Die Mäuse, die die Gentherapie, gefolgt von täglichen Kokaininjektionen erhielten, wiesen erheblich weniger Gewebeschäden auf als kokainexponierte Mäuse ohne Gentherapie. Biodistributionsanalysen zeigten, dass der Vektor fast ausschließlich die Leber ansteuerte. AAV8-hCocH selbst verursachte keine nachweisbaren Leberschäden und verhinderte solche Schäden durch eine anhaltende Kokain-Exposition. Außerdem reduzierte der Wirkstoff die Kokain-induzierte Hyperaktivität bei allen behandelten Mäusen deutlich. Die Wissenschaftler sehen damit ihre Hypothese bestätigt, dass der AAV-hCocH-Gentransfer die CocH-Expression auf ein Niveau treiben kann, das die Kokainstimulation auslöscht. Der Belohnungswert des Suchtstoffs wird damit so weit heruntergefahren, dass das Suchtverhalten ausbleibt.

Drogenkonsum an Mäusen simuliert

Um die systemische Sicherheit von AAV8-hCocH zu bewerten, führten die US-Forscher in der aktuellen Studie Tests an 120 weiblichen und männlichen Versuchsmäusen durch. Für die Dosisfindung wurden auf der Grundlage früherer Wirksamkeitsstudien an Nagetieren und der anvisierten Dosis für klinische Phase-1-Studien 5E12 und 5E13 Vektorgenome (vg)/kg ausgewählt. Das Sicherheitsprofil von AAV8-hCocH wurde in zwei Szenarien getestet: einmal mit und einmal ohne Kokain-Challenge. Am Tag Null bekamen die Mäuse AAV8-hCocH oder Salzlösung als Kontrolle intravenös verabreicht. Die Kokain-behandelten Mäuse erhielten danach fünf Mal pro Woche einmal täglich eine intraperitoneale Dosis von 40 mg/kg Kokain. Damit sollte der menschliche Drogenkonsum simuliert werden.

Auf der Grundlage dieser positiven Ergebnisse haben die Wissenschaftler bei der Food and Drug Administration (FDA) zwischenzeitlich bereits eine Genehmigung für eine erste klinische Studie an Menschen bekommen (IND 18579). Sie sprechen von einem „radikal neuen Ansatz zur Behandlung von zwanghaftem Kokainmissbrauch“. Die Wissenschaftler erwarten zwar nicht, dass die Effekte beim Menschen in niedrigen Dosen des Vektors gleichermaßen „dramatisch“ sind, hoffen aber, dass mit einer Dosissteigerung mehr Abhängigen dabei geholfen werden könnte, die Toxizität von Kokain zu mindern und Rückfälle zu vermeiden.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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